Die Herausforderung Nummer 1

Ich erinnere mich noch gut an ein Interview, das Angela Merkel zu Beginn ihrer Amtszeit im Jahr 2005 gab. Auf die Frage, was wohl die größte Herausforderung für Deutschland im 21. Jahrhundert sein werde, antwortete sie ohne lange nachzudenken: der demografische Wandel.

Googelt man heute nach „Angela Merkel – größte Herausforderung“, dann findet man auf Platz eins ihre berühmte TV-Ansprache vom 18.03.2020, in der sie die Coronakrise als „größte Herausforderung für Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg“ bezeichnete. Aber die Coronakrise ist heute Geschichte, während der demografische Wandel – sprich die Überalterung unserer Gesellschaft und der Mangel an jungen Menschen – bleibt.

Ausgangspunkt für die Planung dieser Sonderausgabe von Trillium Diagnostik war die Vorbereitung eines Festvortrags mit dem Titel „Quo vadis Labormedizin“, für den ich eine kleine nichtrepräsentative Umfrage unter Laborleitungen im ärztlichen und medizinisch-technischen Bereich durchführte. Auf die Frage nach den aktuell größten Herausforderungen landete der Fachkräftemangel auf Platz eins. Wenn Sie die Beiträge auf den nächsten Seiten lesen, werden Sie diese Einschätzung voll bestätigt finden.

Die Gründe mögen vielfältig sein, etwa mangelnde Ausbildungsplätze, Nacht- und Wochenenddienste, unbefriedigende Vergütung im MTL-Bereich, unattraktive Bedingungen in strukturschwachen Regionen ... aber das Kernproblem ist der demografische Wandel, den Dr. Ronald Biemann, Leipzig, Vorsitzender der DGKL-Sektion „Junges Labor“, bei der Jahrestagung 2022 durch eine statistische Erhebung belegte (Abb. 1): Die Zahl der unter 50-jährigen aktiven Mitglieder nimmt rasant ab, während immer mehr Personen im Rentenalter die Stellung halten.

Eine ähnliche Grafik finden Sie im Artikel „Fachkräftemangel bei den Medizinischen Technolog:innen für Laboratoriumsanalytik (MTL): Wie tief ist die Schnittwunde?“ für den medizinisch-technischen Bereich.

Aber keine Sorge! Diese Sonderausgabe hält sich nicht lange mit Klagen über die schwierige Situation unseres Fachs auf. Das Schwergewicht haben wir auf konkrete Lösungsvorschläge gelegt, seien es Total­automation, POCT-Konzepte, Robotik oder Künstliche Intelligenz. Der Einsatz von Fachkräften aus den Naturwissenschaften oder dem Ausland bietet eine willkommene Entlastung, muss aber durch Bürokratieabbau erleichtert werden. Und nicht zuletzt geht es beim Wettbewerb um junge Talente darum, die Laborberufe attraktiv zu machen und sie auch als so attraktiv darzustellen, wie sie es in der Tat sind. Anregungen hierzu finden Sie in diesem Heft reichlich.

Autor
Prof. Dr. Georg Hoffmann
Herausgeber
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