Immunität nach Virusinfektionen - Meine Viren und Ich
Wir leben in einer Symbiose mit vielen Viren, die alle zusammen als Virom bezeichnet werden. Darunter sind harmlose wie Bakteriophagen, zu denen 90 Prozent der bislang im Darm entdeckten Viren gehören, aber auch per se pathogene Viren, z. B. Epstein-Barr-, Cytomegalie-, Herpes- und Varizella-Zoster-Viren. Die meisten sind unsere lebenslangen Gesellen und koexistieren (fast) ohne Probleme zu verursachen.
Da stellen sich einem mehrere Fragen: Warum bekommen wir sie nicht los? Und warum machen manche Viren krank und andere töten uns sogar? Wer hat davon einen Vorteil? Die Viren könnten doch auch in der apathogenen Symbiose überleben und die Wirte, also Menschen und andere Lebewesen, hätten sicher auch nichts gegen eine friedliche Gemeinschaft?
Sie werden es schon erahnen: Wir können diese Fragen in unserem Schwerpunkt „Immunität nach Virusinfektionen“ nicht zur Gänze beantworten.
Wie die Autoren Josef Eberle, Lutz Gürtler, Boris Rolinski, Ulrich Sack und Uwe Kölsch aber in ihren Beiträgen berichten, wissen wir schon eine ganze Menge über Immunität gegenüber Viren und die Möglichkeiten, die unfreundlichen Gesellen im Zaum zu halten.
Die Autoren berichten über Immunität und Impfung. Dabei zeigen sie auch, dass beides nicht immer nur ein Segen ist, sondern auch eine „Strafe“ sein kann: beispielsweise wenn die Immunantwort – natürlich oder nach einer Impfung – über das Ziel hinausschießt und im eigenen Körper Schäden anrichtet. Und sie erläutern, dass die Immunität und damit auch die Impfungen nicht nur Vorteile für Individuen haben, sondern für die gesamte Population einer Art, einschließlich des Menschen, und vor z. T. todbringenden Infektionen schützen können.
Wie bereits erläutert sind die meisten Viren des komplexen menschlichen Viroms nicht todbringend und können wahrscheinlich sogar hilfreich sein. Einige Viren werden als Proviren oder endogene virale Elemente in das menschliche Genom integriert. Das Virom wird durch eine Reihe verschiedener Faktoren geformt, darunter Genetik, Alter, Ernährung, Lebensstil, Umwelteinflüsse und das bakterielle Mikrobiom. Es gibt Hinweise darauf, dass das menschliche Virom bei einer Vielzahl von Gesundheitszuständen einschließlich Infektionskrankheiten, Autoimmunerkrankungen und Krebs eine Rolle spielen kann. Neuere Studien haben gezeigt, dass das Vorkommen bestimmter Viren mit einem höheren Risiko verbunden sein könnte, bestimmte Krankheiten zu entwickeln, während andere eine schützende Wirkung haben könnten.
Eine der Herausforderungen bei der Untersuchung des menschlichen Viroms ist die schiere Vielfalt der Viren, die im Körper einer Person vorhanden sein können. Darüber hinaus gibt es im Laufe der Zeit erhebliche Unterschiede in der Zusammensetzung des Viroms zwischen Individuen sowie innerhalb eines Individuums.
Trotz der Fortschritte, die beim Verständnis des menschlichen Viroms gemacht wurden, gibt es noch viele unbeantwortete Fragen. So ist zum Beispiel noch nicht klar, wie sich das Virom auf die Entstehung und den Verlauf verschiedener Krankheiten auswirkt oder wie es mit anderen gesundheitsbeeinflussenden Faktoren interagiert.
Es gibt in der Forschung in diesem Bereich also noch viel zu tun, um unser Verständnis des menschlichen Viroms zu erweitern und neue Strategien für die Diagnose und Behandlung eines breiten Spektrums von Gesundheitszuständen, die mit dem Virom assoziiert sind, zu entwickeln.