Unabhängige Qualitätskontrollen – Müssen wir immer unabhängig sein?
Erstmals bringt Trillium Diagnostik einen Vergleich unabhängiger Qualitätskontrollmaterialien (independent quality control – iQC) in tabellarischer Form. Drei Firmen präsentieren hier iQC von vier Herstellern. In der aktuellen Ausgabe geht es um Kontrollen für die Infektiologie, also um molekular-biologische und um serologische Verfahren.
Beide Verfahren werden häufig als Multiplex-Assays durchgeführt. In den Assay-Kits werden in der Regel interne Kontrollen mitgeführt, die den gesamten Prozess mit durchlaufen. Im Falle der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) besteht dieser aus der Zelllyse, der Aufreinigung und Anreicherung der Nukleinsäuren sowie der Real-time PCR. In der Regel wird die Reaktion durch die Zugabe der Patientenprobe gestartet. Die Bildung der Amplifikate kann dank deren Fluoreszenz-Markierung kontinuierlich verfolgt werden. Das könnte als Kontrollmaßnahme theoretisch ausreichen, aber trotzdem ist die regelmäßige Überwachung mithilfe eines exakt definierten Probenmaterials, das wie eine Patientenprobe behandelt wird, eine vertrauensbildende Maßnahme und kann zufällige Fehler aufdecken. Handelt es sich um einen Multiplex-Test am Point of Care, der obendrein noch eine Endpunkt-PCR verwendet, dann sind iQC sehr sinnvoll. Sie tragen zur Patientensicherheit bei und helfen gleichzeitig, Vertrauen in die Methode aufzubauen.
Umfassend beleuchtet wurde das Thema „Unabhängige Qualitätskontrollen“ bereits von den Autoren Oswald Sonntag und Harald Maier. In den beiden Fachartikeln wird deutlich, was unabhängige Qualitätskontrollen sind: Kontrollen mit bekannter Konzentration des zu kontrollierenden Agens von Herstellern, die nicht in die Herstellung der Laborgeräte und Assaykits involviert sind. Es gibt keine Abstimmung auf das Analyseverfahren.
Der Verwendungszweck
Aus der Zeile „Verwendungszweck“ in der Tabelle geht hervor, dass ein Zweck von iQC in der Überprüfung der Assayperformance liegt; die Firmen nennen hier die Prüfung auf Sensitivität, Spezifität und Linearität. Diese gelten als Mindestanforderung an medizinische Labore. Dafür stehen unterschiedliche Level des nachzuweisenden Agens zur Verfügung, z. B. an der Nachweisgrenze (verification), im hohen (high) und im niedrigen Messbereich (low). Die Rili-BÄK (Richtlinien der Bundesärztekammer) spricht nur von geeigneten Qualitätssicherungsmaßnahmen. Außerdem dürfen nur validierte Methoden eingesetzt werden.
Auch Negativkontrollen werden von allen Herstellern angeboten. Nach ISO 15189 akkreditierte Labore werden dazu angehalten, iQC-Material zu verwenden. Die iQC können aber auch für Validierungsprozesse eingesetzt werden, die manche Labore für ausgewählte Messparameter durchführen, z. B. wenn sie Inhouse-Assays etablieren möchten. Eine weitere Anwendung ist der Einsatz als Qualifikationskontrolle. Dabei werden die iQC zur Mitarbeiterschulung für Methoden und an den Analysegeräten eingesetzt. Für letzteres Szenario gibt es zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten, z. B. bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter:innen in eine Methode im Zentrallabor, im Studienlabor, aber auch bei den Geräte- und Assayherstellern selbst, die ja ihre Produkte ebenfalls intensiv testen müssen. Deshalb sind diese Firmen auch als Dienstleister für andere Hersteller (B2B, Business to Business) tätig.
B2B
Bei zwei von vier Herstellern liegen die gut definierten Ziel-Pathogene vermehrungsfähig vor. Diese lassen sich gut für die Herstellung von Kontrollmaterialien einsetzen. Gut definierte Pathogene können Assay- und Gerätehersteller außerdem auch gut für die Validierung und Überprüfung der eigenen Produkte verwenden.
Eigenschaften der Kontrollmaterialien
Bei den Kontrollmaterialien für die molekularbiologischen Verfahren zum Nachweis von Viren handelt es sich um vollständige Viruspartikel, die allerdings deaktiviert sind. Oft besteht die Matrix der Kontrollproben aus einer humanen Basis, z. B. EDTA-Plasma. Deshalb gelten sie als potenziell infektiös, sodass im Labor entsprechende Vorsichtsmaßnahmen eingehalten werden sollten. Für die molekularbiologischen Verfahren, d. h. für den Nachweis von Nukleinsäuren, können auch rekombinante Kontrollen eingesetzt werden, denn hier muss die dreidimensionale Struktur der Erreger nicht erhalten bleiben; intakt bleiben muss nur das Erbgut.
Serologische Kontrollen zum Nachweis von Antikörpern gegen Infektionserreger beinhalten das Antigen, das in seiner dreidimensionalen Struktur nicht gestört sein darf. Denn diese wird benötigt, damit die Epitope, gegen die sich die Antikörper richten, auch tatsächlich für Antigen-Antikörper-Reaktionen zugänglich sind. Die Inaktivierung der Mikroorganismen erfolgt chemisch oder durch Bestrahlung. Die chemische Inaktivierung kann die dreidimensionale Struktur zerstören, deshalb werden bei einigen der Hersteller Röntgenstrahlen verwendet, durch die die Dreidimensionalität erhalten bleibt. Neben Matrices humanen Ursprungs gibt es auch synthetische Matrices, die dem Liquor oder auch Speichel nachempfunden sind.
Haltbarkeit und Lagerung
Die meisten der in der Tabelle vorgestellten Kontrollmaterialien liegen in flüssiger Form vor und können bei mindestens einem Hersteller gekühlt bei einer Temperatur von +2 bis +8 °C ohne Trockeneis transportiert werden. Das hat erhebliche Vorteile, denn die Kosten für Trockeneis sind im Verlauf des Ukraine-Krieges enorm gestiegen.
Die Lagerung von Kontrollen erfolgt überwiegend bei Temperaturen zwischen +2 und +8 °C, aber für einige Kontrollen sind Temperaturen zwischen -20 und -80 °C erforderlich (s. Tabelle). Die Angaben zur Haltbarkeit der Kontrollen, wenn sie ungeöffnet gelagert werden, können Sie der Tabelle entnehmen. Nach Anbruch verkürzt sich die Haltbarkeit erheblich. Einige Materialien können allerdings mehrfach eingefroren und wieder aufgetaut werden.
Die Kontrollmaterialien sind nach CE-IVD zertifiziert. Die Anpassung an die Vorgaben der CE-IVDR steht noch bevor.
Zusatzangebote der Herstellerfirmen
Nur einer der hier vertretenen Hersteller von unabhängigen Qualitätskontrollen bietet zusätzlich eine Datenmanagement-Software an. Webinare oder Trainingsreihen und Seminare werden von zwei der hier vertretenen Hersteller angeboten. Eine telefonische Hotline steht bei allen Firmen zur Verfügung.
Fazit
Für die unabhängigen Kontrollmaterialien gibt es viele verschiedene Anwendungsmöglichkeiten, die weit über das klassische Zentrallabor hinausgehen. Herstellerfirmen von Geräten und Assays können Kontrollmaterialien als Qualifikationskontrollen einsetzen. Auch Studienlabore, Universitäten oder auch MTA-Schulen sind denkbare Anwender von unabhängigen Qualitätskontrollen.