Sexuell übertragene Infektionen (STI): Chlamydia, Mycoplasma und Ureaplasma

DOI: https://doi.org/10.47184/td.2022.02.04

Infektionen mit Bakterien der Gattungen Chlamydia, Mycoplasma und Ureaplasma sind sowohl beim Tier als auch beim Menschen weit verbreitet. Sie werden wohl trotz der Möglichkeiten zur erfolgreichen Prävention und Therapie bei den sexuell übertragbaren Infektionen auch in Zukunft eine Rolle spielen. Eine Infektion kann asymptomatisch, aber auch tödlich verlaufen; besonders immungeschwächte Personen und Neugeborene sind gefährdet.

Schlüsselwörter: Urethritis, Prostatitis, Salpingitis, PID, Pneumonie, Arthritis, Abort

Die Bakterien-Gattungen Chlamydia, Mycoplasma und Ureaplasma umfassen eine Vielzahl von Subspezies, haben ihr Habitat auf den Schleimhäuten und sind bei Tieren wie Säugern und Vögeln weit verbreitet. Sie lösen am Ort ihrer Vermehrung nicht immer Entzündungen aus, wenn doch, verlaufen diese meist chronisch und führen zu einer Gewebezerstörung. Bakterien aus den drei o. g. Gattungen befallen ca. 500 Millionen Menschen jährlich und wachsen miteinander bzw. nebeneinander. Sie sind beim Menschen im Genitalbereich häufig Auslöser von Sterilität und können, wenn sie bei der Geburt auf den Fötus übertragen werden, zu tödlichen Infektionen führen. C. trachomatis und N. gonorrhoea werden häufig zusammen übertragen, ebenso wie M. genitalium und Trichomonas vaginalis, ein Protozoon, das ca. 50 % aller genitalen Infektionen bei Frauen verursacht [1]. Die Erreger sind so adaptiert, dass Mycoplasma und Ureaplasma von Trichomonas vaginalis beherbergt werden [2].

Charakteristika der Bakterien

Die drei Gram-negativen bzw. Gram-labilen kleinen Bakterien benötigen zum Wachstum lebende Zellen.

Chlamydia trachomatis (CT) hat sich vor ca. sechs Millionen Jahren von den anderen Chlamydien separiert [3]. CT wird in verschiedene Serovare/Genotypen eingeteilt: Einige Stämme zeigen eine Präferenz für die Konjunktiva, andere für die genitale Schleimhaut. Das Lymphogranuloma venerum wird beispielsweise von den Serovaren L1–L3 ausgelöst.

Chlamydien vermehren sich nur intrazellulär mit zwei Wachstumsphasen unter Änderung der Größe, von den großen Elementarkörperchen (EB) zu den kleineren Retikularkörperchen (RB) (Abb. 1).

Mycoplasma pneumoniae/genitalium und Ureaplasma urealyticum/hominis/parvum sind Mitglieder der Klasse der Mollicutes. Sie wachsen sowohl auf als auch in Zellen unter Zytolyse und infizieren nicht nur Zellen der Schleimhaut. Mollicutes fehlt die Mureinschicht, wodurch sie amorph und/oder tropfenförmig im elektronenmikroskopischen Bild darstellbar sind. Sie tragen auf der Oberfläche Lipoproteine, die eine Chemokin-Produktion induzieren und damit eine lokale Entzündung auslösen. Dies führt zur Einwanderung von Granulozyten, die gemeinsam mit den Bakterien zur Zellzerstörung führen [6].

Pathogenese und Symptome

Die Pathogenese reicht von asymptomatischem Trägertum bis zu schweren lebensbedrohlichen und tödlich verlaufenden Infektionen von Lunge und Gehirn bei Immungeschwächten und Neonaten [7, 8].

Beim Mann herrschen akute oder chronische Urethritis und Prostatitis, teilweise Proktitis vor; bei der Frau Vaginitis, Cervicitis, Salpingitis, Urethritis bis zu schmerzhaften Entzündungen im Douglas-Raum (engl.: PID – pelvic inflammatory disease) bei chronischem Verlauf. Die ausgelöste Entzündung führt zur Zerstörung von Schleimhaut und tiefer liegendem Gewebe. Eine anschließende Narbenbildung kann zur Störung des Harnflusses oder zur Verklebung der Eileiter (Fallopp‘sche Tube) mit den Komplikationen Extrauteringravidität oder Sterilität führen [9].

Außerhalb des Genitalbereiches verursachen die drei o. g. Bakterien Bronchitis und Pneumonie, Larynx-Pharynx- und okuläre Entzündungen. Eine chronische Bindehautentzündung von CT führt zu Blindheit, dem Trachom, das vor allem in tropischen Regionen bei Kindern auftritt. Reinfektionen sind auch nach Spontanabheilung jederzeit möglich [9]. Über Autoimmunreaktion kann eine Arthritis ausgelöst werden.

Infektion während der Schwangerschaft

Die Besiedelung von Vagina und Zervix mit den Bakterien führt nach Infiltration und Toxin-Ausschwemmung zu vorzeitiger Geburt oder vorzeitigem Blasensprung, niedrigem Geburtsgewicht, Abort, Totgeburt, erhöhter postnataler Sterblichkeit und Ophthalmia neonatorum [7, 11]. Auch bei der Gravida kann postpartal eine aszendierende Infektion bis zu schwerer Sepsis auftreten. Ureaplasma kann die Placenta durchdringen und zur Chorioamnionitis führen [11], ebenso M. hominis [12].

Diagnostik

Als Untersuchungsmaterialen kommen Urin und Schleimhaut- sowie evtl. Plazenta-Abstriche infrage. Da die Kultur relativ aufwendig ist, wird sie als Routineverfahren zunehmend weniger eingesetzt. Kommerzielle Tests wie PCR und MALDI-TOF stehen ausreichend zur Verfügung. Über die PCR kann auch die Resistenz gegenüber Makroliden analysiert werden [13–15].

Therapie

Für alle intrazellulär wachsenden Bakterien wirkt Doxycyclin gut, solange keine Resistenzen entstehen, die jedoch bei Chlamydien selten sind. Alternative Antibiotika sind Azithromycin (Einmalgabe) und an dritter Stelle Fluorquinolone wie Levofloxacin. Ein neues Medikament könnte Omadacyclin werden [10].

Prävention

Ehrliche Kommunikation über Beschwerden in einer Beziehung bzw. bei Partnerwechsel und ebenso mechanischer Schutz (Kondom) sind – wie bei anderen STI – wirksame Methoden, um eine Erreger­übertragung zu vermeiden. Eine PEP (Postexpositionsprophylaxe) wurde diskutiert, ist aber wegen der Antibiotika-Multiresistenz und der Vielzahl der übertragbaren Erreger, vom Virus bis zum Proto­zoon, nicht empfehlenswert. Es wurden verschiedene Impfstoffe gegen die drei Bakterien und N. gonorrhoeae an Mäusen getestet, aber keiner ist bisher für den Gebrauch am Menschen geeignet. Ein neuer Ansatz könnten Mikro-Partikel sein, die aus der äußeren Bakterien-Membran gebildet werden [16].

Ausblick

Bisher ist noch keine STI ausgerottet worden, obwohl bei Bakterien und Trichomonas über die Antibiotikagabe sehr gute Therapiemöglichkeiten bestehen oder bestanden haben. Eine komplette Resistenz ist für N. gonorrhoeae beschrieben. Die bakteriellen Erreger werden körperwarm übertragen, teils aus Lust und Begierde, teils im Rausch, teils erzwungen, teils für Geld und teils unwissentlich, wenn sie keine Symptome verursachen. Erzwungener Sexualverkehr kommt nicht nur zu Kriegszeiten vor; Krieg aber erzeugt Armut, aus Armut folgt Migration und Prostitution und so bleibt der Zyklus der Übertragung seit Jahrtausenden erhalten [9].

Autor
Prof. Dr. Lutz G. Gürtler
Max von Pettenkofer-Institut
LMU München