Urinanalytik: Das perfekte Gleichgewicht (mit tabellarischer Übersicht)

Vier Hersteller präsentieren in dieser tabellarischen Produktübersicht sechs Halb- und Vollautomaten für die chemisch-physikalische Analyse des Urins. Vier dieser Geräte arbeiten halbautomatisch, das heißt, der Arbeitsablauf beinhaltet sowohl manuelle als auch automatisierte Arbeitsschritte. Außerdem sind zwei Vollautomaten zur Partikelanalyse im Urin vertreten. Diese beiden Geräte nutzen unterschiedliche Methoden: Ein Hersteller verfolgt das Prinzip der klassischen Urinsediment-Analyse mit Zentrifugation und anschließender Mikroskopie des Sediments, während der zweite Analysator die Methode der Durchflusszytometrie aus dem Nativurin verwendet.

Automation ja, aber wie viel?

Die Mischung von halb- und vollautomatischen Analyzern für die chemisch-physikalische Untersuchung von Urin lässt den Eindruck entstehen, dass eine Kombination aus manueller Prä- und Postanalytik sowie automatisierten Messverfahren den idealen Workflow für die Urinanalytik darstellt. Wer selbst solche Analysen durchführt oder aus früheren Zeiten kennt, weiß, dass sich ein aus manuellen und automatisierten Arbeitsschritten – ausgedrückt als Teststreifen/h – bestehender Arbeitsablauf mindes­tens genauso schnell durchführen lässt wie eine vollautomatischer. Die Bearbeitung nach Arbeitslisten im Batch-Verfahren an einem gut organisierten Arbeitsplatz ist nicht nur ähnlich schnell, sondern auch ähnlich sicher wie die bidirektionale, elektronische Kommunikation mithilfe von barcodierten Proben im Random Access. Natürlich setzt die Vollautomation durch die langen Zeiten, in denen kein manueller Eingriff erforderlich ist (walk away time), Personal für andere Aufgaben frei. Aber bei kleineren Probenaufkommen kann ein kleines, leicht zu transportierendes Gerät von Vorteil sein. Die Untersuchungen sind schneller abgeschlossen.

Die chemisch-physikalische Analyse

Die chemische Analytik läuft in der Form von Trockenchemie auf Teststreifen in einzelnen kleinen Feldern als enzymatische Reaktion ab. Sobald das notwendige Substrat für den jeweiligen Nachweis in der Urinprobe vorhanden ist, wird die Reaktion durch einen Farbumschlag sichtbar. Die Ablesung der Ergebnisse erfolgt mithilfe eines Photometers oder einer CMOS-Kamera. Beides ist deutlich objektiver als das menschliche Auge. Das spezifische Gewicht wird z. T. refraktometrisch bestimmt.

Zur automatisierten Auswertung zählen auch Autokorrekturen, die z. B. die Eigenfarbe des Urins oder den Einfluss der Luftfeuchtigkeit auf die Teststreifen herausmitteln. Ein Hersteller bietet die Möglichkeit, die Eigenfarbe oder die Trübung des Urins als subjektiv vom Anwender ermittelte Größe einzugeben.

Tabellarische Übersicht: Chemisch-physikalische Urinanalyse (Teststreifen)

Geräteleistungen

Es gibt auch Befund-relevante Ergebnisse, die vom Gerät selbst generiert werden. Das sind in erster Linie Berechnungen aus den Ergebnissen der auf den Teststreifen etablierten Methoden, z. B. der Quotient aus Mikroalbumin und Kreatinin und der Quotient aus Protein und Kreatinin. Diese beiden Quotienten geben schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt Auskunft über eine Nierenschädigung.

Außerdem kann die Gerätesoftware den eingelegten Teststreifen prüfen oder sich in Abhängigkeit von den Anforderungen aus dem Laborauftrag gezielt für einen Teststreifen entscheiden. Auch die Entscheidung, ob sich ein Urinsediment anschließen soll, kann auf der Basis entsprechender Algorithmen durch die Gerätesoftware getroffen werden.

Ein weiterer relevanter Punkt ist die Abhängigkeit der Geräteleistung von einer Stromversorgung. Der Stromverbrauch korreliert mit der Größe der Geräte, aber auch mit dem Automationsgrad.

Die Partikel-Analyse

Die Sedimentanalyse erfolgt klassischerweise nach der Zentrifugation des Urins aus dem Sediment und lässt in der Regel halbquantitative Aussagen zu, ausgedrückt als Partikel pro Gesichtsfeld. Wenn die Gewinnung des Sediments vollständig standardisiert und automatisiert abläuft, lassen sich daraus für die einzelnen Partikel quantitative Ergebnisse als Partikel/µl generieren. Zusätzlich können in der Gerätesoftware Siebkriterien festgelegt werden, nach denen im Anschluss an die Teststreifen-Analyse die Auswertung des Sediments durchgeführt wird. Es werden dann nur Urinproben analysiert, die zuvor in der chemisch-physikalischen Analyse auffällig waren (Testsiebkonzept).

Der zweite Vollautomat für die Partikel-Analyse nutzt die Fluoreszenz-Durchflusszytometrie. Eine Zentrifugation ist nicht erforderlich, dafür allerdings eine gute Durchmischung. Die ebenfalls quantitativen Ergebnisse werden als Zellen/µl ausgegeben. Das Gerät ist in der Lage, auch andere Körperflüssigkeiten zu analysieren. Der gesamte Workflow kann zusätzlich noch durch digitale Bildgebung unterstützt werden.

Tabellarische Übersicht: Automaten zur Urinsedimentanalyse

 

Vollautomation

In der vorliegenden Tabelle sind je zwei vollautomatische Module für die chemisch-physikalische und für die Partikelanalyse aus dem Urin vertreten. Die Vollautomation setzt einen unterbrechungsfreien Übergang zwischen den Modulen der chemisch-physikalischen und der Partikel-Analyse voraus. Die Urinproben sind barcodiert und können daher zufällig, ohne vorherige Sortierung, in die Analysenstraße eingeschleust werden (Random Access). Für den reibungslosen Ablauf sind weitere sensorische Fähigkeiten erforderlich, z. B. Cap-Detection oder Decapping, ein Crash-Sensor oder auch eine Prüfung des Flüssigkeitsspiegels (Liquid Level Detection). Die Probenzufuhr kann bei einem der Automaten über einen Probensampler erfolgen. Der Probentransport erfolgt automatisiert – auch zwischen den Modulen für Teststreifen-Analyse und Sediment.  

Dr. Gabriele Egert
Prof. Dr. Rudolf Gruber
Mitglieder der Redaktion

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