Use Case und Status Digitale Pathologie
Implementierung einer Digitalen Pathologie am Dr. Senckenbergischen Institut für Pathologie (SIP) am Universitätsklinikum Frankfurt
Digitale Pathologie ist die Digitalisierung aller für den Pathologiebefund notwendigen Daten inklusive der histologischen Präparate und hat das Ziel, einen vollständig digitalen Workflow für die diagnostische Befundung zu ermöglichen. Computerunterstützte Pathologie (sog. „Computational Pathology“) ist die automatisierte Analyse der digitalen Daten mittels klassischer Bildverarbeitung, maschinellem Lernen und/oder Methoden der Datenintegration und hat das Ziel, die Arbeit in der Pathologie reproduzierbarer, nachvollziehbarer und robuster zu machen.
Schlüsselwörter: Digitale Pathologie, künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen, Deep Learning, computerunterstützte Pathologie, Computational Pathology, Fluoreszenz-basierte Konfokalmikroskopie, Slidescanner
Ausgangssituation
Das Dr. Senckenbergische Institut für Pathologie (SIP) am Universitätsklinikum Frankfurt am Main ist für patientenorientierte Diagnostik und Forschung an Gewebeproben und Zellen zuständig. Die Pathologie ist ein zentrales diagnostisches Fach am Universitätsklinikum Frankfurt und deckt ein breites Spektrum der morphologischen und molekularpathologischen Diagnostik sowie der gewebebasierten Forschung ab. Das SIP verfügt über ein histologisches, immunhistologisches, molekularpathologisches sowie ein zytologisches Labor. Hier wird Diagnostik aus Gewebeproben von jährlich mehr als 30.000 Patient:innen sowie aus Gewebeflüssigkeiten von ca. 10.000 Patient:innen betrieben. Derzeit arbeiten ca. 50 Angestellte in Forschung, Lehre und Krankenversorgung und ca. 30 Medizinstudierende werden im Rahmen von Doktorarbeiten betreut.
Das SIP ist ein wichtiger und zentraler Baustein für die Umsetzung des Konzepts der Präzisionsmedizin am Universitätsklinikum Frankfurt. Die Grundlage hierfür sind strukturierte pathologische Diagnosen, (digitale) histologische Bilder, molekularpathologische Daten sowie bekannte Interaktionen zwischen Genveränderungen und Medikamenten, um individuelle Vorhersagen für jeden einzelnen Patienten erstellen zu können (Abb. 1).
Digitale Pathologie
Die Digitalisierung der Diagnostik von Gewebeschnitten bietet interessante Einsatzmöglichkeiten für Patient:innen, Ärzt:innen und Forschende. Der Visualisierungsprozess in einer vollständig digitalisierten Pathologie mit einer Betrachtungssoftware anstelle eines Mikroskops ermöglicht die Einbindung von sog. „Decision Support"-Systemen und gehört damit zu den größten Vorteilen, da Diagnosen reproduzierbarer und die Ergebnisse quantitativ werden.
Im Kontext ökonomischer, ökologischer und gesellschaftlicher Herausforderungen hat die Digitalisierung der Pathologie weitere zahlreiche Vorteile. Digitale histologische Schnitte sind jederzeit und von überall aus verfügbar; dies kann vor allem in Zeiten der COVID-19-Pandemie die Gewebediagnostik sicherstellen. Derzeit werden z. B. alle für Lebertransplantation infrage kommenden Organangebote vor der Implantation routinemäßig auf den Grad der Verfettung mittels Schnellschnitttechnik untersucht [1]. Biopsien der Lebertransplantate müssen zur Beurteilung vorab innerhalb Deutschlands weite Strecken transportiert werden, da nur wenige Pathologien 24/7 besetzt sind. Die Digitale Pathologie ermöglicht hier eine räumlich und zeitlich unabhängige, robuste Befundung der digitalen Schnittpräparate. Auch konsiliarische Vergleichsbefunde und Zweitmeinungen lassen sich schnell, zuverlässig und ohne zusätzlichen Personalaufwand erheben. Dabei lassen sich die zu vergleichenden Positionen innerhalb eines digitalen Präparats leichter wiederfinden und mehrere Präparate gleichzeitig parallel betrachten; dies ist besonders dann von Vorteil, wenn nur wenige, diagnostisch relevante Zellen oder Zellgruppen im erfassten Gewebe vorhanden sind. Der gesellschaftliche Wandel macht auch vor den diagnostischen Disziplinen nicht Halt. Grundsätzlich ist Fachpersonal für Pathologie derzeit auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland praktisch nicht vorhanden. Durch die Einführung digitaler Homeoffice-Arbeitsplätze können auch Mitarbeiter:innen, die beispielsweise aufgrund der Kinderbetreuung nicht vor Ort arbeiten können, bereits frühzeitig wieder in das diagnostische Team integriert werden.
Das SIP betreibt zwei Slidescanner (3DHistech P1000, 3DHistech Scan II). Diese werden derzeit für die Digitalisierung diagnostischer Fälle eingesetzt (max. 5 %, z. B. für das molekulare Tumorboard) sowie zur Digitalisierung der Archivschnitte der Senckenberg Biobank (n = 30.000), für die eine unterschriebene Einverständniserklärung sowie klinische Verlaufsdaten vorhanden sind und bei denen ein Gewebemikroarray hergestellt wurde (sog. Digitale Senckenberg Biobank). Eine systematische Einbindung der Systeme in die diagnostische Routine ist geplant. Für das SIP wurden von der IT-Abteilung des Universitätsklinikums Frankfurt zwei virtuelle Maschinen bereitgestellt (VMs). Die Bereiche Forschung (RX) und Diagnostik (DX) sind dabei strikt voneinander getrennt. Die Abläufe der Sicherung sind in das tägliche Backup des Instituts integriert. Forschungsdaten des RX-Systems werden zu 100 % und langfristig gesichert (Datenvolumen derzeit 60 TB). Bilddaten des DX-Systems werden für einen Zeitraum von drei Monaten hoch verfügbar gespeichert (Datenvolumen derzeit 150 TB). Der Aufbau eines digitalen Langzeitarchivs ist im Aufbau und wird langfristig mehrere Petabyte (1 PB = 1.024 TB) umfassen. Diagnostisch relevante Bildausschnitte werden voraussichtlich in ein DICOM-Format exportiert und langfristig z. B. im PACS-System des Klinikums abgelegt. Dies ermöglicht nicht nur eine sichere Ablage, sondern ebenso den effizienten Zugriff durch Mitnutzung der etablierten radiologischen Infrastruktursysteme. Abb. 2 zeigt schematisch den Ablauf der (digitalen) Diagnostik am SIP.
Computational Pathology und Künstliche Intelligenz (KI)
Peter Wild hat zusammen mit Thomas Fuchs (Hasso-Plattner-Institute for Digital Health at Mount Sinai) im Jahr 2008 erstmals den Begriff der sog. „Computational Pathology" geprägt [2]. Decision-Support-Systeme aus der Computational Pathology, die z. B. die digitalisierten histologischen Präparate analysieren und bewerten, sind mehr als vielversprechend, da sie helfen, Inter- und Intraobserver-Variabilitäten zu minimieren; dadurch ermöglichen sie es, die Diagnostik zu verbessern und eine interne Qualitätskontrolle einzubauen. Weiterhin können solche Systeme eine enorme Zeitersparnis erbringen, wenn z. B. Zellen nicht manuell ausgezählt oder wenn nur die informativsten Schnitte eines Präparates betrachtet werden müssen.
In der Computational Pathology gibt es grundsätzlich zwei verschiedene methodische Herangehensweisen: Einerseits ist es möglich, Bilder mit automatisierten Segmentierungspipelines zu analysieren, um beispielsweise die Anzahl an Ki-67-positiven Zellen quantitativ zu erfassen. Andererseits werden zunehmend Methoden aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) – genauer des Maschinellen Lernens (ML) – angewendet, um z. B. kategorische Scores objektiv, standardisiert und reproduzierbar zu erfassen. Hier konnte die Arbeitsgruppe von Peter Wild zum ersten Mal zusammen mit Kollegen der ETH Zürich demonstrieren, dass ein automatisiertes Gleason Grading beim Prostatakarzinom mithilfe von Deep Learning (ein Teilgebiet des ML) möglich ist, und vor allem bei Fällen mit sehr heterogenen Gleason-Mustern Vorteile bringt [3, 4]. In nachfolgenden Studien haben Bulten et al. [5] sowie Ström et al. [6] diese Ergebnisse validiert und ein automatisiertes Deep-Learning-System für 5.759 und 6.682 Prostatabiopsien (n = 1.243 und n = 976 Behandelte) etabliert. Die Leistung des jeweiligen Algorithmus war bei der Gleason-Einstufung mit der von Patholog:innen vergleichbar und wurde zuletzt in einer großen Multicenterstudie untersucht und validiert [7]. Erste von der amerikanischen FDA zugelassenen Decision-Support-Systeme für Detektion und Gleason Grading von Prostatakrebs in Stanzbiopsien haben es bereits zur Marktreife gebracht, allerdings sind momentan noch einige rechtliche Fragen in Deutschland ungeklärt und die notwendigen Investitionen in die IT-Infrastruktur sind in den meisten deutschen Pathologien noch nicht vollständig getätigt. Ob und wie schnell diese Systeme im Markt bestehen können und ob sie langfristig die Routinediagnostik ergänzen werden, bleibt also momentan noch offen.
Die Entwicklung der Decision-Support-Systeme wurde in der Vergangenheit meist durch die Notwendigkeit großer, manuell annotierter Datensätze behindert. Um dieses Problem zu lösen, haben Campanella et al. [8] ein Deep-Learning-System genutzt, das nur auf die bereits bekannten Diagnosen aus der Krankenakte für das Maschinentraining zurückgreift, und so die teuren, zeitaufwendigen und pixelweise manuellen Annotationen durch Patholog:innen umgeht. Diese Vorgehensweise wurde anhand eines riesigen Datensatzes von 44.732 gescannten Objektträgern von 15.187 Behandelten evaluiert. Diese Tests für Prostatakrebs, Basalzellkarzinom und Brustkrebsmetastasen auf axillären Lymphknoten zeigten bei allen drei Krebsarten eine Fläche unter der Kurve (AUC) von > 0,98. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass wir heute in der Lage sind, genaue Klassifizierungsmodelle in einem noch nie dagewesenen Umfang zu trainieren, wenn ausreichend digitale Daten vorhanden sind. Diese Daten werden wiederum in der Routinediagnostik einer jeden Pathologie täglich erstellt, können aber natürlich nur in Verbindung mit einer Digitalisierung für die Erstellung neuer Tools genutzt werden.
Grundsätzlich bleibt jedoch die Frage, ob die Computational Pathology neben der Diagnoseunterstützung auch für weiterführende Aufgaben genutzt werden kann. Hier sind insbesondere jene Fragen von großem Interesse, die die Pathologie mit dem heutigen Wissensstand nicht mittels morphologischer Methoden adressieren kann. Besonders relevant ist hier z. B. die Vorhersage von Therapie-relevanten molekularen Eigenschaften, basierend auf den H&E-Schnitten, die ubiquitär für jede Gewebeprobe angefertigt werden. Dieses Aufgabenfeld ist insbesondere im Hinblick auf die stets wachsende Anzahl an zugelassenen, zielgerichteten Therapien von großer Wichtigkeit, da Pathologien nicht jeden Erkrankten auf jede mögliche Veränderung testen können. Werkzeuge aus der Computational Pathology könnten somit für ein Vorscreening genutzt werden und ein zielgerichtetes Testen aller Betroffenen ermöglichen, um die bestmögliche Patientenversorgung zu garantieren.
Beispielsweise beim Kolon- und Magenkarzinom konnte gezeigt werden, dass – basierend auf der Histomorphologie – der EBV- und MSI-Status mit Deep Learning vorhergesagt werden kann [9]. Zusätzlich hat die Mildred-Scheel-Nachwuchsgruppe für Computational Pathology am SIP von Nadine Flinner gezeigt, dass sogar alle vier molekularen Subtypen von Magenkrebs anhand der H&E-Morphologie vorhergesagt werden können, eine Aufgabe, die mit einfachen In-situ-Methoden nicht bewältigt werden kann [10]. Weiterführend können die trainierten Deep- Learning-Modelle verwendet werden, um Analysen zur z. B. intratumoralen Heterogenität durchzuführen, um neue Einblicke in die Tumorbiologie zu gewinnen.
Insgesamt bietet die Digitale und Computerunterstützte Pathologie somit die Möglichkeit einer objektiven und reproduzierbaren Subklassifizierung von Krankheiten. Außerdem wird sich die Pathologie von einer qualitativen hin zu einer quantitativen diagnostischen Disziplin entwickeln, bei der die menschliche Expertise entscheidend ergänzt wird.
Im Verlauf der Zeit: Künstliche Intelligenz (KI) in der Pathologie
Algorithmen des maschinellen Lernens (ML) erhielten in den letzten Jahren immer mehr Aufmerksamkeit. Zu Beginn wurden die für das Training benötigten Merkmale (Features) zunächst mithilfe von klassischen Segmentierungsstrategien aus den Bildern extrahiert, und enthielten z. B. Eigenschaften wie Fläche, Form oder Menge der erkannten Objekte. Die so gewonnenen Merkmalsvektoren können an alle ML-Algorithmen, wie z. B. Support Vector Machines, neuronale Netze oder Entscheidungsbäume übergeben werden, um ein Klassifikations- oder Regressionsproblem zu lösen [11]. Diese Strategie hat jedoch den enormen Nachteil, dass sie sehr zeitaufwendig ist und die Gefahr besteht, dass für die Vorhersage wichtige Merkmale übersehen werden. Um diesen Nachteil zu überwinden, wurden faltende neuronale Netze (sog. „convolutional neural networks", cNNs) entwickelt. Sie nehmen das Bild als Eingabe und führen mehrere Faltungen durch; im Training wird erlernt, welche Faltungen für optimale Vorhersagen benötigt werden [12]. Diese modernen cNNs gehören zu den sogenannten Deep-Learning(DL)-Methoden, was bedeutet, dass sie eine Vielzahl versteckter Schichten (sog. „hidden layers“) verwenden und große Netzwerke bilden. Um weiterhin ein effizientes Training zu gewährleisten werden spezielle Tricks angewendet: z. B. das Weiterreichen des Bildes (sogenannte Skip- und Dense-Verbindungen) [13].
Anfangs war der Blackbox-Charakter dieser cNNs ein großes Problem, da es für das medizinische Umfeld unerlässlich ist, Entscheidungen nachvollziehbar zu machen. Dieses Problem ist heute, zumindest in Teilen, gelöst. Es gibt viele Methoden, die z. B. auf die für die Vorhersage entscheidende Region (z. B. GrandCAM) oder sogar die jeweiligen Pixel (z. B. LRP) verweisen können.
Umfrage zur digitalen Diagnostik in der Pathologie
Um einen ersten Überblick zu gewinnen wurden 16 Pathologien (Universitätskliniken, Praxen, Prosekturen) in Deutschland, Österreich und der Schweiz zum Stand der Digitalisierung sowie zum Einsatz der Digitalen Pathologie in der Diagnostik befragt. Die Ergebnisse dieser nicht-repräsentativen Umfrage sind in Abb. 3 zusammengefasst.
Mehr als die Hälfte der befragten Pathologien verfügen über einen Scanner, meist jedoch sogar über zwei oder mehr. Im Median sind derzeit ca. 55 TB designierter Speicher pro Institut für die Diagnostik (DX) vorgesehen (max. 200 TB). Die im Rahmen der Umfrage am häufigsten genannten Probleme und Hürden für die Einführung der Digitalen Pathologie sind nachfolgend aufgelistet:
- Hoher finanzieller Aufwand (Hardware, Software, Speicher, Wartungsverträge)
- Lange Scanzeiten und damit verbundene Verzögerung der Diagnostik
- Komplexe Integration in das Laborinformationssystem (LIS)
- Fehlende Abrechnungsmöglichkeiten
- Technische Schwierigkeiten mit Scannern
- Nicht-einheitliche Datenformate (DICOM)
- Gleichzeitig wurde von allen Befragten auf die zahlreichen Vorteile der Digitalen Pathologie hingewiesen:
- Dezentrale Verfügbarkeit (z. B. Möglichkeit zum Homeoffice)
- Exzellente Möglichkeit der Ausbildung (z. B. von Studierenden)
- KI-Unterstützung bei quantitativen Analyseprozessen (z. B. PD-L1, Ki-67, Resektatränder)
- Hohe Effizienz in der Befundung durch integrierten Workflow
- Einfache Vernetzung mit Klinikern (z. B. im Tumorboard)
- Nutzung neuester Technologien als Personalgewinnungsinstrument
Ausblick – neue Methoden der Digitalisierung
Schnellschnittgesteuerte intraoperative Vorgehensweisen sind fest in den operativen Ablauf integriert. Bei Organtransplantationen ist die schnellschnittbasierte Beurteilung sowohl für die onkologische Sicherheit (Dignitätsbeurteilung) als auch für die Organbeurteilung (Grad der Leberverfettung) von hohem Stellenwert. Intraoperative Gefrierschnittuntersuchungen sind jedoch zeit-, kosten- und personalintensiv. Der Einsatz der Schnellschnitt-Technik im Dauerbetrieb (24h/7 Tage) für die Organbeurteilung ist in Deutschland nur noch an sehr wenigen Universitätskliniken möglich und wird zunehmend schwieriger. Dies könnte eine weitere Verknappung der zur Verfügung stehenden Organe (v. a. Leber, Niere) zur Folge haben. Die fluoreszenzbasierte konfokale Laserscanmikroskopie (FCM) stellt eine neue optische Technologie dar, um digitale histologische Bilder zu erzeugen [14, 15]. Mithilfe der FCM-Technik werden digitale mikroskopische Bilder von der Oberfläche des Frischgewebes in Echtzeit erstellt (Bildaufbau in wenigen Minuten) und in H&E-ähnliche Bilder umgewandelt; dies kann auch im Operationssaal erfolgen, sodass ein Transport in die jeweilige Pathologie zunächst entfällt. Ein externer Zugriff auf die digitalisierten Bilder ist hier jederzeit möglich. Alle für die konventionelle Schnellschnittdia-gnostik üblicherweise erforderlichen Prozesse entfallen. Dies könnte zu erheblichen Einsparungen an Untersuchungszeit, Laborchemikalien (Umweltaspekt) und Personalressourcen führen – idealerweise ohne Verlust an diagnostischer Sicherheit. Ein weiterer Vorteil des Verfahrens besteht darin, dass das Gewebe nach dem Scan ohne Qualitätsverlust der etablierten und standardisierten histo- und molekularpathologischen Aufarbeitung zugeführt werden kann. Bisherige Studien mit der FCM-Technologie am Beispiel des Prostatakarzinoms zeigten eine diagnostische Übereinstimmung von 91 % zwischen konfokaler Laserscan-Technologie und histopathologischer Mikroskopie [16] sowie den erfolgreichen Einsatz zur Beurteilung der Resektionsränder im Rahmen von Roboter-assistierten radikalen Prostatektomien [17]. Auch die Beurteilung von Leberstanzen ist bereits etabliert [14]. Am SIP wird derzeit eine klinische Studie zum Einsatz der FCM-Technik zur Beurteilung von Organtransplantaten in Kooperation mit der Deutschen Stiftung Organspende e. V. durchgeführt. Abb. 4 zeigt die ersten Bilder, die am SIP mit der FCM-Technik zur Evaluation von Lebergewebe erstellt wurden.
Die histologische Analyse von Gewebeproben, die häufig zur Krankheitsdiagnose eingesetzt wird, erfordert derzeit noch eine langwierige Gewebevorbereitung sowie den Einsatz von Färbereagenzien. Rivenson et al. [18] zeigten kürzlich, dass ein neuronales Netzwerk Autofluoreszenzbilder von ungefärbten Gewebeschnitten in Bilder umwandeln kann, die den Hellfeldbildern von histologisch gefärbten Versionen derselben Proben gleichwertig sind. Ein von Patholog:innen durchgeführter Blindvergleich zwischen dieser virtuellen Färbemethode und der herkömmlichen histologischen Färbung anhand von mikroskopischen Bildern menschlicher Gewebeschnitte von Speicheldrüse, Schilddrüse, Niere, Leber und Lunge, bei dem verschiedene Färbemethoden verwendet wurden, ergab keine größeren Abweichungen [18].
Zusammenfassung
Die neuen Methoden der Digitalisierung sowie der Einsatz von Methoden künstlicher Intelligenz werden die Arbeitsweise von Patholog:innen und Laborpersonal in den nächsten Jahren grundlegend verändern. Die Integration weiterer Datentypen (Molekularpathologie, Humangenetik, Radiologie, Laserscan-Mikroskopie) bietet zudem exzellente Forschungsmöglichkeiten und Chancen zur Innovation. Das Berufsbild der Pathologie als Lotsin der Therapie dürfte in den kommenden Jahren um den Aspekt der Datenintegration ergänzt werden.
Interessenkonflikte:
Peter J. Wild hat Beratungshonorare und Honorare für Vorträge von Bayer, Janssen-Cilag, Novartis, Roche, MSD, Astellas Pharma, Bristol-Myers Squibb, Thermo Fisher Scientific, Molecular Health, Sophia Genetics, Qiagen, Eli Lilly, Myriad, Hedera Dx, Guardant Health und Astra Zeneca erhalten. Die übrigen Autoren haben keine Interessenkonflikte.