Flächendeckend qualitätsgesichert
Dezentrale pathologische und molekularpathologische Diagnostik
Mit dem Aufkommen moderner molekularpathologischer Techniken ist eine Tendenz zur Zentralisierung diagnostischer Leistungen erkennbar, die die bislang übliche Praxis der patientennahen Versorgung infrage stellt. Ein aktuelles Eckpunktepapier von DGP und BDP formuliert Regeln, die auch weiterhin eine qualitätsgesicherte lokale Versorgung garantieren.
Schlüsselwörter: Molekularpathologie, Zentralisierung, Qualitätssicherungs-Initiative Pathologie
Die besondere Rolle der Pathologie im Konzert der medizinischen Disziplinen ergibt sich aus der Zusammenschau von Genotyp und Phänotyp. Dadurch wird das Fach zur Schnittstelle zwischen der makroskopischen und mikroskopischen Morphologie einerseits und den molekularen Grundlagen einer Krankheit andererseits. Deshalb ist eine gute Molekularpathologie ohne gute traditionelle (morphologische) Pathologie undenkbar.
Essenzieller Partner der Tumor- und Organzentren
Um diesem Anspruch gerecht zu werden, verteilen sich pathologische Institute über das gesamte Land – im niedergelassenen Bereich wie auch in Krankenhäusern und Universitätskliniken. Seit geraumer Zeit sind diese Pathologen essenzielle Partner in den regelmäßigen klinischen Konferenzen von Tumor- und Organzentren; gäbe es die dezentrale Pathologie nicht, wären interdisziplinäre Tumorboards, die vor Ort die besten Therapien für die betroffenen Patienten diskutieren, kaum vorstellbar.
Zentralisierungstendenzen
Als umso bedenklicher sind gelegentliche Initiativen einzuschätzen, die nach dem Motto „zentralisiert diagnostizieren, dezentral und wohnortnah therapieren“. agieren Die Hauptargumente der Befürworter einer solchen zentralisierten Diagnostik sind kontinuierliche Anpassung an aktuelle technologische Entwicklungen, korrekte Interpretation komplexer Befunde oder schnellere Integration neuer Marker in das diagnostische Spektrum. Doch diese Argumente überzeugen nicht wirklich: All das kann im Rahmen der dezentralen molekularpathologischen Diagnostik inzwischen (mindestens) genauso gut erbracht werden.
Selbstverpflichtung zur Qualität
Ein aktuelles Eckpunktepapier Molekularpathologie [1] von BDP und DGP (Deutsche Gesellschaft für Pathologie) hebt den Anspruch des Fachgebiets hervor, die jeweilige Ergebnisqualität durch ein umfassendes Qualitätsmanagement (ggf. im Rahmen einer Akkreditierung oder Zertifizierung), durch Peer-Review-Verfahren und vor allem durch Ringversuche über das von den beiden genannten Organisationen getragene System der Qualitätssicherungs-Initiative Pathologie (QuIP) zu gewährleisten. In den Organkrebs- oder Tumorzentren sowie gerade auch in den onkologischen Spitzenzentren gehören diese Qualitätssysteme zum selbstverständlichen Anforderungskatalog an sich selbst. Somit wird sichergestellt, dass die dezentrale molekularpathologische Diagnostik neben der kontinuierlichen Anpassung an neueste Entwicklungen und korrekte Interpretation der erhobenen Befunde auch die qualifizierte Beratung bezüglich der therapeutischen Konsequenzen gewährleistet.
Expertise vor Ort
Die beiden Fachgesellschaften kommen daher in ihrem Eckpunktepapier zu der Schlussfolgerung, dass die Patientenversorgung in der Molekularpathologie aus Gründen der Versorgungsqualität flächendeckend örtlich oder zumindest regional bleiben muss. Durch die onkologischen Spitzenzentren und mittlerweile auch über tausend Organkrebs- und Tumorzentren hat sie erheblich an Qualität gewonnen. Innerhalb dieser interdisziplinären Zentren muss die Expertise der beteiligten Fachgruppen vorgehalten werden, auch und insbesondere die des Kernfachs morphologische Pathologie.
Fazit
Erst dann kann das interdisziplinäre Team vor Ort umfänglich patientennah wirksam werden. Eine „Zentralisierung“ der molekularpathologischen Diagnostik wäre daher ein Rückschritt zu Ungunsten der Patienten.
Autor:
Prof. Dr. med. Christopher Poremba
Mitglied der Redaktion