Neues zur neoadjuvanten Therapie
Eine neoadjuvante Therapie vor radikaler Prostatektomie ist derzeit nicht von Leitlinien empfohlen. Die von Prof. Neil Fleshner, Toronto, Kanada, vorgestellte randomisierte Phase-II-Studie ACDC-RP untersuchte die Wirksamkeit einer sechsmonatigen neoadjuvanten Therapie mit Abirateron/Prednison/Leuprolid mit oder ohne zusätzliches Cabazitaxel plus G-CSF-Prophylaxe bei Patienten mit lokalisiertem Prostatakarzinom und hohem Rezidivrisiko. 77 Patienten mit einem mittleren Alter von knapp 63 Jahren und einem durchschnittlichen PSA-Wert von 37,4 ng/dl wurden randomisiert, 70 erhielten die volle Therapie über sechs Monate.
Insgesamt hatten fünf (7 %) der Patienten eine pathologische Remission, davon stammten zwei aus dem Chemotherapie-Arm. 44 % der 70 Patienten erreichten das primäre Studienziel, ein komplettes Ansprechen (CR) oder minimale Resterkrankung (MRD, definiert als ≤ 5 % Prostatavolumen von Tumor infiltriert). Die Kaplan-Meier-Kurven zum Überleben ohne biochemisches Rezidiv zeigten keinen Unterschied zwischen den beiden neoadjuvanten Regimen (p = 0,75), aber ein deutlich verbessertes Überleben ohne biochemisches Rezidiv bei denjenigen Patienten, die eine CR oder MRD durch die neoadjuvante Therapie erreicht hatten (p = 0,096). Zur Bestimmung von Prädiktoren für das Ansprechen auf die neoadjuvante Therapie sind molekulare Analysen geplant [1].
In einer General Session stellte Prof. Mary-Ellen, Boston, MA, USA, laufende Studien zu neoadjuvanten Therapiekonzepten vor: So rekrutiert derzeit die internationale Phase-III-Studie PROTEUS, in der die Patienten vor der radikalen Prostatektomie mit Dissektion pelviner Lymphknoten eine neoadjuvante ADT in Kombination mit Apalutamid oder mit Placebo, und nach der Operation dieselben Regime als adjuvante Therapie erhalten. Erste Ergebnisse der Studie sind frühestens 2026 zu erwarten. Außerdem läuft die multi-Arm, multi-Stage Studie GUNS (Genomic Umbrella Neoadjuvant Study), die auf einer genomischen Charakterisierung der Prostatakarzinome beruht und zielgerichtete Substanzen im Rahmen neoadjuvanter Kombinationsstrategien – ADT + ein oder zwei NHA, ADT + NHA +/- Docetaxel, ADT + NHA + PARP-Inhibitor (Niraparib), ADT + NHA + Immuncheckpoint-Inhibitor (Atezolizumab) – prüft, um den heterogenen Treibern des Tumorwachstums Rechnung zu tragen. Die einarmige neoadjuvante Phase-II-Studie NEPTUNE untersucht Olaparib + ADT bei 32 Patienten mit BRCA-Mutation.
mHSPC
Daten zur Knochendichte aus PEACE-1
Bereits letztes Jahr hatten beim ESMO- und ASCO-Kongress vorgestellte Daten der PEACE-1-Studie bei Patienten mit de novo mHSPC einen Vorteil für eine Triplett-Therapie mit ADT + Docetaxel und zusätzlichem Abirateron (+ Prednison) gegenüber der Kombination ADT + Docetaxel gezeigt, und zwar sowohl hinsichtlich des radiographisch progressionsfreien Überlebens (rPFS) [2] als auch des Gesamtüberlebens (OS) [3]. Beim ASCO-GU wurden nun die im Rahmen der PEACE-1-Studie prospektiv erfassten Daten zur Knochendichte vorgestellt [4]. In beiden Armen kam es zu einem Verlust an Knochenmasse. Die zentrale Fragstellung der Analyse war aber, ob dieser zu erwartende Effekt durch zusätzliches Abirateron noch verstärkt wird. Dies war in den ersten beiden Jahren nicht oder in nicht nennenswertem Umfang der Fall, wie Dr. Guilhem Roubaud, Bordeaux, Frankreich, darlegte, der aber auch auf die kurze Nachbeobachtungszeit, die relativ kleine Patientenzahl und die Problematik von Knochendichtemessungen bei Vorliegen ossärer Metastasen hinwies.
ARASENS: Triplett-Therapie mit Darolutamid verlängert Überleben
Außerdem wurden neue Daten zu einer weiteren Triplett-Therapie bei Patienten mit mHSPC vorgestellt, bei der die Standardtherapie mit ADT + Docetaxel mit einem NHA ergänzt wurde: In der internationalen, randomisierten, doppelblinden Phase-III-Studie ARASENS erhielten die 1.306 Patienten mit de novo mHSPC eine ADT und sechs Zyklen Docetaxel und zusätzlich 1 : 1 randomisiert entweder Darolutamid oder Placebo [5]. Die beim ASCO-GU von Prof. Matthew Smith, Boston, vorgestellten ersten Daten der zulassungsrelevanten Studie zeigten eine statistisch signifikante Verlängerung des OS mit einem um 32,5 % verringerten Sterberisiko (Hazard Ratio (HR) 0,68; 95%-KI 0,57–0,80; p < 0,001), der auch in allen präspezifizierten Subgruppen gesehen wurde. Nach vier Jahren lebten 62,7 % der Patienten im Darolutamid- vs. 50,4 % im Placebo-Arm (Abb. 1).