Wie vom „Erfinder“ der HPV-Impfung, Prof. Dr. Harald zur Hausen, seit vielen Jahren gefordert, wird die Impfung auch von Jungen im Alter zwischen neun und 14 Jahren jetzt endlich in die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission
(STIKO) beim Robert Koch-Institut aufgenommen. Damit wird der Weg für eine Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen geebnet. Humane Papillomviren (HPV) sind nicht nur das wichtigste ätiologische Agens für das Zervixkarzinom der Frau, sie verursachen auch maligne Tumoren bei Männern und – noch wichtiger – werden beim Geschlechtsverkehr von ihnen auf Frauen übertragen.
Seit der ersten Zulassung eines HPV-Impfstoffs 2007 in Deutschland fordert zur Hausen, nicht nur Mädchen, sondern auch Jungen gegen HPV zu impfen. Der Kommentar des Virologen, der erstmals den Zusammenhang von Viren und Zervixkarzinom belegt, damit die Grundlage für die Entwicklung der HPV-Impfstoffe geschaffen und dafür 2008 den Medizin-Nobelpreis erhalten hatte, zur neuen Empfehlung: „Das wurde auch höchste Zeit!“ Das offensichtlichste Argument für eine Immunisierung von Jungen sei ja nicht neu: Junge Männer haben in aller Regel mehr Sexualpartner als Frauen der gleichen Altersgruppe und sind deshalb die wichtigsten Verbreiter der Infektion mit den karzinogenen Viren. Mit einer Impfung nur von Jungen könnte man wahrscheinlich mehr Zervixkarzinome verhüten als mit der ausschließlichen Impfung von Mädchen, so zur Hausen. Die neue Empfehlung betrifft Jungen zwischen neun und 14 Jahren; außerdem empfiehlt die STIKO eine Nachholimpfung bis zum Alter von 17 Jahren.
Aber auch die Männer selbst profitierten von der Impfung, denn sie sind nicht nur Überträger, sondern werden selbst Opfer einer Reihe von Tumoren, die durch die gleichen HPV-Typen verursacht sind, darunter Oropharynx- und Analkarzinome. In Deutschland summiert sich das auf etwa tausend Krebserkrankungen von Männern, die durch HPV bedingt sind. Darüber hinaus ließen sich durch die Impfung auch Genitalwarzen verhindern, die zwar nicht lebensbedrohlich, dafür aber sehr hartnäckig und unangenehm seien. Außerdem kann durch die Impfung von Jungen auch das stark erhöhte Risiko homosexueller Männer für HPV-bedingte Krebsarten reduziert werden.
Geimpft werden konnten Jungen ab neun Jahren schon länger, aber weil die Impfung keine verpflichtende Kassenleistung war, wurde diese Möglichkeit nur in sehr wenigen Fällen genutzt. Der epidemiologische Nutzen einer „Herdenimmunität“, d. h. einer ausreichend hohen Immunisierungsrate, um die weitere Ausbreitung der HPV-Infektion zu verhindern, ließ sich so nicht erzielen. Man schätzt, dass die dafür erforderliche Impfrate bei HPV bei rund 85% aller Jugendlichen liegen müsste. Davon ist Deutschland allerdings noch weit entfernt, liegt doch die HPV-Impfrate selbst bei den Mädchen derzeit gerade einmal bei „skandalös niedrigen“ 40%, so zur Hausen.
Dass die Impfung zumindest den erwarteten individuellen Nutzen bringt, gehe aus jüngst publizierten Daten von finnischen Frauen hervor, die als Mädchen im Rahmen der Zulassungsstudien geimpft worden waren. Bei ihnen wurde bisher kein einziger Fall eines HPV-bedingten Malignoms diagnostiziert, während die Inzidenz bei den nicht geimpften Kontrollen den erwartbaren Zahlen entsprach. Für die Frauen, die erst nach der Markteinführung des Impfstoffs 2006 geimpft wurden, lassen sich angesichts der langen Inkubationsperiode noch keine statistisch belastbaren Aussagen zum Rückgang von Gebärmutterhalskrebs treffen, aber behandlungspflichtige Präkanzerosen sind auch hier bereits deutlich zurückgegangen.
red
Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) vom 08.06.2018.