Eine 13-jährige Patientin mit Trisomie 21 stellt sich ambulant mit Z. n. Sinusvenenthrombose vor. Die Weiterführung der Antikoagulation soll abgeklärt werden.
Das Blutbild zeigt eine Leuko- und Thrombozytopenie sowie eine therapieresistente Makrozytose (kein Ansprechen auf Vitamin-B12-Substitution). Des Weiteren zeigt die Hämoglobin-Elektrophorese einen HbF-Klon (17%), sodass die Indikation zur Knochenmarks-Biopsie und -Stanze gegeben ist. Die Befunde ergeben eine erhöhte Anzahl an Blasten im Knochenmark und Kernatypien, womit die Diagnose einer fortgeschrittenen Myelodysplasie (Refraktäre Anämie mit Blastenexzess; RAEB) gestellt werden kann. Der richtungsweisende Befund einer erhöhten HbF-Konzentration als spezifischer Hinweis auf eine Myelodysplasie ist ein Beispiel für den Nutzen einer sogenannten Liquid Biopsy.
Liquid Biopsy
Unter Liquid Biopsy versteht man allgemein die frühe Tumorerkennung mittels hochsensitiver, spezifischer Tumormarker im Blut. Der Vorteil ist eine Tumordiagnostik ohne chirurgischen Eingriff sowie eine potenzielle Krebsfrüherkennung (z. B. bevor Symptome auftreten oder eine Raumforderung in der Bildgebung sichtbar wird). Der Fortschritt der Liquid Biopsy wird am besten durch die kürzliche Zulassung für die Diagnostik von Lungenkarzinomen verdeutlicht: Eine Gewebsbiopsie ist hier technisch meist sehr schwierig zu vollziehen, nicht jede Tumorlokalisation ist erreichbar, im fortgeschrittenen Stadium ist das Mortalitätsrisiko hoch [55].