Nierenzellkarzinom
Daten zum Nichtklarzeller
20 bis 25 % aller Nierenzellkarzinome (RCC) sind nichtklarzelliger (ncc) Histologie. Studien und Therapieempfehlungen für das RCC beziehen sich aber ganz überwiegend auf den klarzelligen (cc) Typ.
Seit dem Jahr 2023 enthält die S3-Leitlinie zum RCC ein Kapitel zur Therapie des nccRCC. Prof. Christian Doehn, Lübeck, gab einen kurzen Überblick über das Kapitel in der im September 2024 erschienenen Version 5.0 der Leitlinie: Operation, Diagnose und Systemtherapie im metastasierten Stadium (mRCC) sollen sich nicht vom Vorgehen beim ccmRCC unterscheiden. Empfohlen wird eine Immuntherapie(IO)-basierte Kombination. In Ermangelung von Phase-III-Daten zur Therapie des nccmRCC wurden in einer beim DGU vorgestellten deutschen Real-World-Studie die Outcome-Daten zur Erstlinien-IO-Kombination von Patienten mit nccmRCC und ccmRCC aus acht deutschen Universitätskliniken verglichen [1]. Die Daten von 289 Erkrankten wurden retrospektiv analysiert, 13 % mit nccmRCC und 87 % mit ccmRCC. Patienten mit nccmRCC wurden deutlich häufiger mit N1 klassifiziert, auch der Tumorgrad war beim nccmRCC häufig höher. Signifikante Unterschiede beim progressionsfreien Überleben (PFS) und Gesamtüberleben (OS) zeigten sich nicht: Das 12-Monats-OS betrug 77 % bei den Erkrankten mit nccmRCC und 82 % bei jenen mit ccmRCC. Am häufigsten wurde in beiden Gruppen mit Nivolumab plus Ipilimumab (Nivo+Ipi) gefolgt von Pembrolizumab plus Axitinib behandelt.
Doehn verwies auf die beim Kongress der European Society for Medical Oncology (ESMO) 2024 präsentierten finalen Ergebnisse der Phase-II-Studie SUNNIFORECAST bei unbehandelten Patienten mit einem fortgeschrittenen nccRCC [2]. Diese erhielten entweder Nivo+Ipi gefolgt von Nivolumab oder aber Standard of Care (SOC), eine TKI-Therapie. Zum ersten Mal wurde hier exklusiv beim nccRCC die duale Checkpointblockade mit SOC verglichen. In der Analyse zeigte sich ein OS-Vorteil für die duale IO mit einer 12-Monats-OS-Rate von 86,9 % unter Nivo+Ipi und 76,8 % unter SOC (p = 0,0141).
Urothelkarzinom
Zukünftig onkolytische Viren beim NMIUC?
Bisher wurde nur in den USA mit Cretostimogene grenadenorepvec die erste Therapie mit einem onkolytischen Adenovirus in der Uroonkologie zugelassen; eingesetzt wird sie als Monotherapie beim nichtmuskelinvasiven Hochrisiko-Urothelkarzinom (NMIUC) nach Bacillus-Calmette-Guerin(BCG)-Versagen. Das Virus werde wie BCG instilliert; im metastasierten Stadium könne es auch in eine Metastase injiziert werden, so PD Dr. Roman Nawroth, München. „Bei der Therapie mit onkolytischen Viren haben wir im Grunde genommen keine Nebenwirkungen“, konstatierte Nawroth. Dies treffe insbesondere auf Adenoviren zu, da diese vom Immunsystem sofort erkannt würden. Damit sei die Dauer der Therapie begrenzt, denn nach etwa fünf Tagen kläre das Immunsystem das Therapeutikum, so Nawroth weiter. Bisher wurden keine längerfristigen Nebenwirkungen beobachtet.
„Viren treiben die Tumorzellen in einen immunogenen Zelltod“
Onkolytische Viren infizieren normale Zellen und Tumorzellen, können sich jedoch aufgrund einer genetischen Modifikation nur in Tumorzellen vermehren. Danach kommt es zur Onkolyse: Das Virus zerstört die Tumorwirtszelle. Dabei werden neue virale Partikel freigesetzt, was zu Reinfektionen weiterer Tumorzellen und nachfolgender Onkolyse führt. „Die Onkolyse ist nur ein Teileffekt der Virustherapie. Damit alleine kann man keinen Tumor eliminieren“, erklärte Nawroth.
Onkolytische Viren induzieren aber auch eine systemische Immunantwort. Nawroth: „Die Viren treiben die Tumorzellen in einen immunogenen Zelltod.“ Von der sterbenden Tumorzelle werden Moleküle freigesetzt, die das Immunsystem ansprechen. Dazu gehören „damage-associated molecular patterns“ (DAMPs) und „pathogen-associated molecular patterns“ (PAMPs); und durch die Lyse der Tumorzelle werden Tumorneoantigene freigesetzt (Abb. 1). „Damit haben wir eine klassische Immunzellaktivierung und eine systemische Immunantwort“, resümierte Nawroth.
Bei der aktuell in den USA zugelassenen Virustherapie handelt es sich um eine Virusplattform der ersten Generation. Im Jahr 2002 kloniert, beruhe es auf dem Wissen des vorigen Jahrtausends, so Nawroth. „Wir haben also noch viel Luft nach oben, diese Therapien zu verbessern, und die Ansprechraten sind jetzt schon sehr gut.“