ColoPredict Register: KI zur Detektion von MSI-H
Aus der translationalen Forschung wurden in Zusammenarbeit mit dem Center for Protein Diagnostics (PRODI) Daten zur automatisierten Detektion des Status der Mikrosatelliteninstabilität (MSI) durch künstliche Intelligenz (KI) an Schnitten aus dem ColoPredict Register in Korrelation mit klinischen Daten veröffentlicht [1]. „Die KI ist in der Lage, damit sehr präzise MSI-H-Situationen innerhalb von zehn Minuten zu erkennen“, berichtete Dr. Celine Lugnier, Bochum. Außerdem wurden an den Proben 5.048 Next-Generation-Sequencing(NGS)-Analysen mit einem 71-Gen-Panel durchgeführt, die zeigten, dass bei frühen Kolonkarzinomen der Anteil der therapeutisch adressierbaren KRAS-G12C-Mutation an allen KRAS-Mutationen etwa 6 % beträgt, berichtete Lugnier. „Wir konnten auch sehen, dass bestimmte KRAS-Subtypen mit hoher Mikrosatelliteninstabilität (MSI-H) beziehungsweise -stabilität (MSS) korrelieren: KRAS-G12C und KRAS-G12D treten signifikant häufiger bei MSS auf, die Subytpen KRAS-G13R und KRAS-U61K häufiger in MSI-H-Situationen.“
Klinische Studien, die immer kleinere molekulare Subgruppen rekrutieren, seien immer schwieriger zu füllen, erklärte Lugnier. Eine erfolgreiche Rekrutierung sei nur über Netzwerke und Registerstrukturen möglich. Das ColoPredict Register kooperiert mit einer Reihe von Studien (z. B. ANTONIO). Voll rekrutiert hat die Studie ATOMIC. „Durch das gut vernetzte Register, die Zusammenarbeit mit vielen Kliniken und die Rekrutierung der großen Menge an Erkrankten haben wir die Möglichkeit, geeignete Patienten interventionellen Studien zuzuführen. So ermöglichen wir es ihnen, innovative und individualisierte Therapiekonzepte zu erhalten, auch wenn sie nicht an einer Universitätsklinik behandelt werden“, so Lugnier. Stärke des Registers seien auch die breiten Analysemöglichkeiten.
TEAM-D: Austausch zwischen MTBs
Ein neues Projekt ist TEAM-D, eine Austauschplattform für Fragestellungen in molekularen Tumorboards (MTBs; team-deutschland.org/). Die transsektorale MTB-Plattform ist als AIO-Studie (AIO-TF/YMO-0323) akkreditiert. „Alle Teilnehmenden erhalten nach der Sitzung ein Protokoll“, erklärte Dr. Ina Pretzell vom Zentrum für personalisierte Medizin (ZPM), Essen. Dieses enthält auch tabellarische Übersichten zu den nach der Diskussion erhobenen Therapieentscheidungen. Die Manuskripte sollen in kleinen Publikationen veröffentlicht werden. Die Onlineveranstaltungen sind offen für alle Interessierten. Das Projekt ist als Fortbildungsveranstaltung durch die Bayerische Landesärztekammer anerkannt.
Metastasiertes Pankreaskarzinom: KRAS-Mutationsstatus bestimmen
Beim metastasierten Pankreaskarzinom sollte neben dem BRCA- auch der KRAS-Mutationsstatus getestet werden, bei KRAS-Wildtyp-Tumoren dann auch der MSI- und NTRK-Status, um Betroffenen molekular basierte Therapien anbieten zu können. Die Registerstudie ALTERED der AIO soll das Verständnis für die Subgruppe der biologisch spezifischen KRAS-Wildtyp-Tumoren verbessern. Die derzeit therapeutisch mit Sotorasib adressierbare KRAS-G12C-Mutation liegt nur bei etwa 1 % der Pankreaskarzinome vor, erklärte Dr. Timm Reißig, Essen. In einer Phase-I/II-Studie zeigte Sotorasib beim vorbehandelten metastasierten Pankreaskarzinom mit KRAS-G12C-Mutation eine objektive Ansprechrate (ORR) von 21 % [2]. Bei 63 % der 38 Patienten der Studie stabilisierte sich die Erkrankung. Mit Blick in die Substanz-Pipelines könnten zukünftig auch die häufigeren KRAS-G12D-Mutationen relevant werden, so Reißig. In den USA läuft seit März 2023 eine Phase-I/II-Studie (NCT05737706), die den KRAS-G12D-Inhibitor MRTX1133 bei fortgeschrittenen soliden Tumoren wie dem Pankreaskarzinom mit KRAS-G12D-Mutation untersucht.
CUP-Syndrom: Molekulare Testung bei ungünstiger Prognose vor Erstlinientherapie
Besonders wichtig ist die Erhebung molekularer Charakteristika für Patienten mit CUP (Cancer of Unknown Primary)-Syndrom. Prof. Alwin Krämer, Heidelberg, betonte beim AIO-Herbstkongress, dass man allen Erkrankten mit neu diagnostiziertem CUP-Syndrom und ungünstiger Prognose eine Panelsequenzierung bereits bei Diagnosestellung anbieten sollte. Basis für diese Empfehlung sind die Daten der globalen CUPISCO-Studie, in die CUP-Patienten mit ungünstiger Prognose eingeschlossen wurden, die zunächst drei Zyklen einer platinhaltigen Induktionschemotherapie erhielten [3]. Bei den 436 Betroffenen, die auf die initiale Standardchemotherapie angesprochen hatten, wurden Wirksamkeit und Sicherheit einer molekular begründeten, zielgerichteten oder immunonkologischen Therapie evaluiert. In 3:1-Randomisierung erhielten sie im experimentellen Arm entweder eine am molekularen Profil ihrer Tumorerkrankung ausgerichtete Therapie (zielgerichtet oder einen Immuncheckpoint-Inhibitor), oder aber die Standardchemotherapie mit Platin wurde fortgesetzt (Standardtherapie-Arm). Die 135 Patienten mit Tumorprogress unter der initialen Chemotherapie erhielten alle eine molekular gesteuerte Therapie, waren aber nicht Gegenstand der aktuellen Analyse.
Von den 326 Patienten im experimentellen Arm wurde bei einem Drittel ein Target nach Studienkriterien identifiziert. Die anderen 235 Patienten ohne Target erhielten eine Chemotherapie plus Atezolizumab. Es zeigte sich ein signifikanter Unterschied beim progressionsfreien Überleben (PFS) zwischen den beiden Armen: Die 326 Patienten, die eine zielgerichtete Therapie oder den Checkpoint-Inhibitor erhielten, lebten im Median 6,1 Monate progressionsfrei, jene unter platinhaltiger Chemotherapie 4,4 Monate (Hazard Ratio [HR] 0,72; p = 0,0079). Bei der Subgruppenanalyse nur der 91 Patienten, die eine molekular begründete, zielgerichtete Therapie erhielten, betrug das PFS 8,1 Monate (HR 0,67). „Das ist eigentlich das Ergebnis, das den wahren Unterschied zeigt“, so Krämer. In der vorläufigen Auswertung des Gesamtüberlebens (OS) wurde in der Intention-to-treat-Population ein numerischer Vorteil für den experimentellen Arm (medianes OS 14,7 vs. 11,0 Monate) beobachtet, wobei die Daten noch nicht ausgereift waren.
Auf die Frage, ob einzelne Patientengruppen besonders deutlich von der molekular gesteuerten Therapie profitierten, verwies Krämer auf die geringe Patientenzahl in den Einzelgruppen, die Aussagen diesbezüglich wenig belastbar und in der Studie statistisch nicht absicherbar machten. Mit diesem Caveat präsentierte Krämer folgende Beobachtungen: Zum einen schienen die Patienten mit hoher Tumormutationslast (TMB) besonders von der Atezolizumab-Monotherapie, jene mit BRAF-Mutation von einer BRAF-MEK-Inhibitor-Kombination (Vemurafenib plus Cobimetinib) und Erkrankte mit FRFR-Alteration von Pemigatinib zu profitieren.
Zielgerichtete Therapien beim NSCLC: Wirksamkeit auch im ZNS
Beim nichtkleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) mit onkogenen Treibermutationen treten Hirnmetastasen besonders häufig auf. Die derzeit verfügbaren Tyrosinkinase-Inhibitoren der nächsten Generation gegen EGFR und ALK zeigten laut PD Dr. Daniel Heudobler, Regensburg, bei asymptomatischen Hirnmetastasen sehr gute intrakranielle Ansprechraten. Das intra- und das extrakranielle Ansprechen unterschieden sich kaum. Auch die EANO-ESMO-Leitlinie empfiehlt bei Hirnmetastasen und therapeutisch adressierbaren Treiberalterationen in der Erstlinie eine zielgerichtete Therapie [4]. In der FLAURA2-Studie führte die Kombination von Osimertinib mit einer Chemotherapie bei NSCLC-Patienten mit einer EGFR-Mutation und Hirnmetastasen zu einer hohen Komplettansprechrate im Gehirn im Vergleich zu Osimertinib allein, bei etwa gleicher ORR [5].