Nachweissysteme für SARS-CoV-2 und Antikörper

Nach wie vor hat das RNA-Virus SARS-CoV-2 (Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2) die Welt fest im Griff, und die Pandemie stellt viele von uns – medizinisch, ökonomisch und sozial – vor große Herausforderungen.
Von den mit Virus- und Antikörpertests nachgewiesenen Erkrankungen nehmen nur etwa 15 % einen schweren und weniger als 5 % einen letalen Verlauf. Aber genau diese Fälle sind es, die den Lockdown erzwingen, um einen Zusammenbruch des Gesundheitssystems zu vermeiden. Dafür steigen die von den Laboren gemeldeten Testkapazitäten [1], sodass nicht mehr mit gravierenden Engpässen in der laborärztlichen Versorgung gerechnet werden muss. Einen großen Beitrag hierzu hat die Diagnostika-Industrie geleistet, die in kurzer Zeit molekularbiologische Tests mit hoher Sensitivität und Spezifität für den direkten Nachweis von SARS-CoV-2 entwickelte und für spezifische Antikörper zunehmend auch serologische Assays für den Hochdurchsatz zur Verfügung stellt.
Die Tabellen auf Seite 104 (RNA-Nachweis und -Kontrollen) und Seite 105 (Antikörper- und Antigen-Nachweis) geben einen Überblick über die Firmen, deren Nachweissysteme in Deutschland verfügbar sind.

RNA-Nachweis

Das Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt für die Testung von symptomatischen Personen nach der Falldefinition die Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR). Unter bestimmten Bedingungen wird auch die Testung von asymptomatischen Personen empfohlen (z. B. Kontaktpersonen 1. Grades oder im stationären Bereich, um die nosokomiale Übertragung zu minimieren).

Präanalytik

Um falsch-negative Testergebnisse zu vermeiden, ist es essenziell, die Proben korrekt zu entnehmen und geeignete Tupfer zu verwenden. Je nach klinischer Situation sollen möglichst parallel Proben aus den oberen (Nasopharynx-Abstrich bzw. -Spülung oder Oropharynx-Abstrich) und den tiefen Atemwegen (bronchoalveoläre Lavage, Sputum, das nach Anweisung produziert bzw. induziert wurde, oder Trachealsekret) entnommen werden [2]. Aktuelle Studien haben gezeigt, dass auch Speichel (Saliva) zum Nachweis der SARS-CoV-2-RNA geeignet ist [3]. In der PCR kann der Nachweis des universell exprimierten Gens der Ribonuklease P (RNAse P) als positive Kon­trolle sicherstellen, dass genügend Probenmaterial vorhanden ist, und so falsch-negative Ergebnisse identifizieren.

Testsysteme

Für die PCR können Vollautomaten genutzt werden, bei denen Extraktion, Amplifikation und Detektion in einem Gerät stattfinden. Anderenfalls erfolgt die Extraktion manuell durch das Laborpersonal oder automatisiert. Trotz gelegentlicher Lieferengpässe bei Materialien für die Nukleinsäureextraktion, kann auf diesen Schritt in der Regel nicht verzichtet werden, da beispielsweise bei einer Rachenprobe PCR-Polymerase-Inhibitoren in hoher Konzentration in den Testansatz eingebracht werden und so zu einem falsch-negativen Ergebnis führen können [4]. Inzwischen gibt es allerdings erste Hinweise, dass die Extraktion bei der Verwendung von speziellen Testkits oder Medien ggf. entfallen kann [5, 6].
Bei den meisten der hier vorgestellten Produkte zum RNA-Nachweis handelt es sich um bewährte Real-time-RT-PCR-Systeme bzw. -Assays. Die Amplifikation erfolgt mithilfe eines Thermocyclers; die Detektion in der Regel über Fluoreszenz-markierte Sonden oder Primer.
Auch die Droplet Digitale PCR (ddPCR) und Methoden zur isothermalen Amplifikation, zu denen u. a. die Transkript-vermittelte Amplifikation zählt, kommen beim Nachweis von SARS-CoV-2 zum Einsatz. Durch die einfache Handhabung eignen sich Letztere besonders gut zum Einsatz am Point of Care.

Testkits und Reagenzien

Viele der hier präsentierten Firmen bieten gebrauchsfertige Testkits an, die alle benötigten Reagenzien (wie Primer, Sonden und interne Kontrollen) bereits enthalten. Sie weisen entweder gezielt SARS-CoV-2 nach oder zusätzlich ihm ähnliche Coronaviren, wie SARS-CoV-1 oder Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (MERS-CoV). Häufig ist die parallele Testung von weiteren respiratorischen Infektionserregern wie Influenzaviren, Parainfluenzaviren, Respiratorische Synzytial-Viren oder Bordetellen möglich.
Zudem stehen Reagenzien und Kon­trollmaterialien für die Verwendung in einem offenen Kanal zur Verfügung, sodass auch im eigenen Labor entwickelte Tests oder das auf der Webseite der WHO veröffentlichte Protokoll des Konsiliarlabors für Coronaviren der Charité in Berlin oder das Protokoll der Medizinischen Hochschule Hannover verwendet werden können.
Die vorgestellten Kits weisen jeweils unterschiedliche Zielregionen nach. Zu den SARS-CoV-2-spezifischen Gen-Regio­nen gehören das S-Gen (S-Protein-Gen), das N-Gen (Nukleokapsid-Protein-Gen), das RdRP-Gen (RNA-abhängige-RNA-Polymerase-Gen) und die ORF1-Region (Outer Reading Frame). Das E-Gen (Envelope-Gen) wird zum Screening auf Vertreter der Pan-Sarbecovirusgruppe (zu der auch SARS-CoV-2 gehört) verwendet.

Antigen-Nachweis

Die World Health Organization (WHO) rät derzeit noch davon ab, Tests zum Antigennachweis außerhalb von Forschungsprojekten einzusetzen, da sich die Leistungsfähigkeit in größeren Patientenkollektiven noch nicht ausreichend beurteilen lässt [1].
Die in der Tabelle auf Seite 105 gelisteten Tests bieten die Möglichkeit, am Point of Care in kurzer Zeit ein orientierendes Ergebnis zu erhalten. Sie weisen aus Proben der oberen Atemwege spezifische Nukleoprotein- bzw. Nukleokapsid-Antigene von SARS-CoV-2 qualitativ nach.

Antikörper-Nachweis

Patienten, die mit SARS-CoV-2 infiziert sind, entwickeln spezifische Antikörper vom Typ M, A und G, die gegen verschiedene Virusantigene (S- und N-Proteine) gerichtet sind. IgA- und IgM-Antikörper zeigen eine frische, noch aktive Infektion an, während der Nachweis von IgG-Antikörpern auf eine überstandene Infektion mit hohem Reinfektionsschutz schließen lässt. Letztere sind in der Regel ab dem 10. Tag nach Symptom­beginn nachweisbar. Bei der Wahl des Testzeitpunkts ist zu bedenken, dass Stärke und Zeitbedarf der Immunantwort von der Schwere der Erkrankung abhängen. Bei Patienten mit nur geringer Symptomatik kann es vorkommen, dass die Serologie auch nach dem 10. Tag noch negativ ausfällt, weil der Antikörperspiegel unterhalb der Nachweisgrenze des Tests liegt.
Auch falsch-positive Befunde sind in der Virusserologie aufgrund von Kreuzreaktivitäten mit anderen Betacoronaviren, störenden Immunkomplexen, sticky antibodies u. ä. unvermeidbar. Herstellerangaben und nicht publizierte Messungen zeigen bei Blutspenderkollektiven aus der Zeit vor SARS-CoV-2 für IgA/M Reaktivitäten von mehr als 10 %. IgG scheint deutlich spezifischer zu sein, doch 100 % Spezifität kann kein noch so guter Assay erreichen [7]. Derzeit finden serologische Antikörper-Tests primär bei epidemiologischen Untersuchungen Verwendung [1].

Testsysteme

Für den Nachweis von Antikörpern kommen vor allem Enzyme-linked Immunosorbent Assays (ELISA) und Chemilumineszenz-Immunoassays (CLIA) zum Einsatz. Diese beiden Nachweisverfahren lassen sich sehr gut automatisieren und können die Proben auch im Random Access-Modus bearbeiten. Zudem sind auch Kassettenschnelltests verfügbar.

Testkits

Alle hier vorgestellten Produkte zur Antikörper-Messung (wie auch viele Testkits zum RNA-Nachweis) sind inzwischen CE-IVD-gekennzeichnet oder die Kennzeichnung wird in Kürze erwartet. Je nach Produkt ist der Nachweis von IgA-, IgM- und IgG-Antikörpern – einzeln oder in Kombination – möglich. Die Testergebnisse stehen in der Regel sehr schnell zur Verfügung.

Verlaufskontrolle

Neben den hier vorgestellten Möglichkeiten zum Virus- und Antikörpernachweis ist bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 eine labormedizinische Verlaufskontrolle indiziert, um die Krankheitsschwere zu bewerten. Sie orientiert sich an den allgemeinen Regeln zur Überwachung von (Infektions-) Krankheiten mit der Gefahr eines septischen Verlaufs. Ein Überblick über die zu erwartenden Komplikationen bei letalem Ausgang (Daten aus Wuhan, China) wurde in Lancet publiziert [8]. Bei letalen Verläufen kommt es nach initial eher milden Symptomen (Husten, Fieber) in der zweiten bis dritten Woche zu einem septischen Krankheitsbild mit Lungenversagen (ARDS) und Tod durch Multiorganversagen.
Eine umfangreiche Übersicht über allgemeine Labortests zur Überwachung von COVID-19-Patienten, die auf Erfahrungen aus China basiert, ist in Clinical Chemistry and Laboratory Medicine erschienen [9]. Die Arbeit wurde von Prof. Nicolas von Ahsen, Bremen, evaluiert [10].

Dieser Beitrag wurde bereits in Trillium Diagnostik 2020; 18(2) publiziert und wird hier in gekürzter Form wiedergegeben.

 

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