Die Darm-Leber-Achse bei NAFLD
Die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) ist die hepatische Manifestation des metabolischen Syndroms und mittlerweile die weltweit häufigste Lebererkrankung. Ein Teil der NAFLD-Patienten entwickelt eine nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH). Diese ist durch entzündliche Veränderungen gekennzeichnet, welche ein Fortschreiten des Leberschadens hin zu Zirrhose und hepatozellulärem Karzinom antreiben. Forschungsarbeiten der letzten Jahre demonstrieren, dass die intestinale Mikrobiota einen entscheidenden Einfluss auf die Krankheitsprogression von NAFLD hin zur NASH hat. Ein besseres Verständnis dieser Mikrobiota-abhängigen Mechanismen und der Interaktion zwischen Leber und Darm könnte in den nächsten Jahren das Fundament für neue diagnostische Verfahren und Therapien bilden.
Schlüsselwörter: Nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD), intestinale Mikrobiota, MAMPs, Darm-Leber-Achse
NAFLD und NASH
Die Veränderung der Lebensgewohnheiten sowie der medizinische Fortschritt der letzten Jahre haben in der westlichen Welt zu einem Wandel der Verteilung von Erkrankungen geführt. Heutzutage dominieren hier Erkrankungen aus dem Formenkreis des metabolischen Syndroms. Diese Erkrankungen stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit hochkalorischen Ernährungsgewohnheiten. Die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) gilt als die hepatische Manifestation des metabolischen Syndroms und ist definiert als ≥ 5% hepatische Verfettung (Steatose) in Abwesenheit anderer kausaler Leberpathologien [1]. Etwa ein Viertel dieser Patienten entwickelt mit Fortschreiten der Erkrankung eine nicht-alkoholische Leberentzündung (NASH), die schließlich zur Leberfibrose, Zirrhose und zu hepatozellulärem Karzinom (HCC) führen kann.
Aktuell sind in der westlichen Welt bereits etwa 30% der erwachsenen Bevölkerung von einer NAFLD betroffen, wobei ein weiterer Anstieg der Erkrankung für die kommenden Jahre prognostiziert wird [2]. Trotz der steigenden Inzidenz ist die Pathogenese der NAFLD nach wie vor schlecht verstanden. Es wird von einem multifaktoriellen Prozess ausgegangen, bei dem Prädisposition und Umweltfaktoren eine wichtige Rolle spielen.
Darm-Leber-Achse
Darm und Leber stehen in einer engen Beziehung zueinander, die bereits durch den gemeinsamen ontogenetischen Ursprung deutlich wird. Diese Verbindung bleibt über die Embryogenese hinweg erhalten, und äußert sich später nicht nur in einem engen anatomischen, sondern auch funktionellen Zusammenhang beider Organe.
Wesentlicher Vermittler der Kommunikation zwischen Darm und Leber ist dabei die Portalvene, die das venöse Blut des Intestinaltraktes zur Leber führt und somit resorbierte Nährstoffe, aber auch mikrobielle Metaboliten transportiert. Das Blut der Portalvene vermischt sich auf kapillärer Ebene im Bereich der Lebersinusoide mit dem Blut der Leberarterie, um anschließend über die Lebervenen in die untere Hohlvene abzufließen. Die Lebersinusoide sind mit fenestriertem Endothel ausgekleidet, dem Leber-residente Makrophagen, die sog. Kupfferzellen, aufliegen. Durch ihre hohe Expression von pathogen recognition receptors (PRRs) sind Kupfferzellen, aber auch Endothelzellen der Lebersinusoide, bestens ausgerüstet, um auf mikrobielle Moleküle (microbiota associated molecular patterns – MAMPs) aus dem Darm zu reagieren [3]. Die Darmmikrobiota wirkt über diese mikrobiellen Moleküle und Metaboliten entscheidend auf den Phänotyp residenter Immunzellen der Leber ein und kann zu einem Verlust tolerogener Mechanismen beitragen sowie die Entstehung einer hepatischen Entzündungsreaktion triggern.
Durch die enge anatomische Verbindung fungiert die Leber einerseits als zentrales Stoffwechselorgan, das die Resorption, Speicherung und weitere Metabolisierung von Nährstoffen ermöglicht, und andererseits als Pförtner, der eine Translokation von mikrobiellen Metaboliten und bakteriellen Bestandteilen in die systemische Zirkulation verhindert [4].
Die Leber ist ihrerseits imstande, die Zusammensetzung der im Darm residenten Bakterien zu beeinflussen. Durch die Sekretion von Gallensäuren ins Duodenum verändert die Leber das Stoffwechselmilieu des Darms und infolgedessen auch das intestinale Mikrobiom. Diese Interaktion verdeutlicht beispielhaft das bilaterale Wechselspiel beider Organe [5].
Das intestinale Mikrobiom
Die Gesamtheit der im Darm lebenden Mikroorganismen wird als intestinales Mikrobiom bezeichnet [6]. Die Zusammensetzung des intestinalen Mikrobioms ist interindividuell unterschiedlich und wird sowohl durch den Wirt selbst als auch durch zahlreiche exogene Faktoren – wie Ernährung, körperliche Aktivität, geographischer Lebensraum und Medikamente – beeinflusst [7].
Dabei hat der Mensch etwa so viele Darmbakterien wie körpereigene Zellen. Die Anzahl mikrobieller Gene übersteigt die des Menschen sogar um ein Vielfaches [8]. Durch diese Erweiterung des enzymatischen Repertoires und der metabolischen Kapazität stehen Wirt und Mikrobiota in einem engen Verhältnis. Während lange Zeit besonders mögliche pathologische Folgen dieser Interaktion beleuchtet wurden, rücken symbiontische Aspekte des Wechselspiels zwischen Wirt und Mikrobiota zunehmend in den Vordergrund aktueller Forschungsarbeiten.
So ermöglicht die Mikrobiota mitunter die Metabolisierung von andernfalls nicht verstoffwechselbaren Nahrungsbestandteilen, fördert somit eine effizientere Kalorienaufnahme [9] und spielt eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung einer Immunantwort auf lokaler und systemischer Ebene. Neben der unmittelbaren Wirkung auf die Darmschleimhaut, wirken Metaboliten und mikrobielle Moleküle, die die Darmbarriere passieren, als Signalmoleküle, die Immunantworten in peripheren Organsystemen modulieren können.
Intestinale Barriere
Mit einer Gesamtoberfläche von etwa 30 Quadratmetern bildet der Darm die größte Kontaktfläche des menschlichen Körpers mit der Umwelt [11]. Während die Nahrung hier verdaut und Nährstoffe aufgenommen werden, müssen unerwünschte Moleküle oder pathogene Bakterien abgewehrt und entfernt werden. Hier spielt die Darmbarriere die entscheidende Rolle: In stark vereinfachter Form lässt sich die Darmbarriere in eine physikalische Barriere und immunologische Barriere unterteilen. Die physikalische Barriere wird durch Enterozyten gebildet, die durch Tight Junctions miteinander verbunden sind und so eine unmittelbare Grenzlinie zum Darmlumen bilden. Unterstützt werden die Tight Junctions von antimikrobiellen Peptiden und zwei luminalen Mucus-Schichten [7]. Die physikalische Barriere verhindert so eine Translokation von Darmbakterien über die Epithelschicht. An der Ausbildung der immunologischen Barriere sind Enterozyten sowie verschiedene Leukozyten-Populationen beteiligt. Durch hohe Expression von PRRs sind diese Zellen in der Lage, bakterielle Zellbestandteile zu erkennen. Diese Rezeptoren des angeborenen Immunsystems orchestrieren das fein abgestimmte Wechselspiel zwischen Mikrobiota und Wirt [12].
Barrierestörung und verstärkte Translokation von MAMPs bei NAFLD
NAFLD-Patienten haben – verglichen mit der Normalbevölkerung – ein deutlich erhöhtes Risiko für Störungen der intestinalen Barriere [6]. Neueste Forschungsarbeiten demonstrieren, dass eine häufig mit NAFLD assoziierte diabetische Stoffwechsellage zur Störung der Darmbarriere beitragen kann [13]. Überdies konnte bei NAFLD-Patienten eine Überbevölkerung des Dünndarms mit üblicherweise im Dickdarm residenten Bakterien nachgewiesen werden [14]. Die Kombination dieser beiden Prozesse führt zu einer vermehrten Translokation von MAMPs, im Besonderen Lipopolysaccharide (LPS) in die portale Zirkulation. In der Leber aktivieren MAMPs PRRs, wie Toll-like-Rezeptor 4 (TLR4) und TLR9, die zu einem Anstieg proinflammatorischer Zytokine wie Interleukin-1β (IL-1β), IL-6, IL-8 und Tumornekrosefaktor alpha (TNF-α) führen, und tragen damit wesentlich zur Entstehung von Entzündung und Fibrose bei [15].
Forschungsarbeiten der letzten Jahre konnten eindeutig zeigen, dass eine verstärkte Translokation von MAMPs in die Portalvene durch eine Störung der Darm-Leber-Barriere die Progression einer NAFLD beschleunigt [16]. Es bleibt allerdings unklar, ob es sich bei der erhöhten intestinalen Permeabilität bei NAFLD-Patienten um Ursache oder Wirkung der Lebererkrankung handelt [6]
Mikrobiota als Modulator der intestinalen Barrierefunktion
Eine ungünstige Komposition der Mikrobiota kann zu einer Darmbarrierestörung und durch verstärkte Translokation von MAMPs zur Progression der NAFLD beitragen. In einem NAFLD-Mausmodell zeigte sich, dass mit dem Transfer der Mikrobiota über gemeinsame Aufzucht auch die verstärkte hepatische Entzündungsreaktion auf vorher gesunde Mäuse übertragen werden konnte [17]. Mehrere Studien konnten bei Patienten ein verändertes Verhältnis zwischen den Bakteriengruppen Bacteroidetes und Firmicutes nachweisen. Bei übergewichtigen Patienten zeigten sich mehr Bakterien der Gruppe Firmicutes [18]. Zudem konnte ein Zusammenhang zwischen Proteobakterien und NAFLD hergestellt werden [19].
Während eine ungünstige Mikrobiota die Krankheitsprogression antreiben kann, ist die Mikrobiota auf der anderen Seite auch imstande, die Barrierefunktion zu verbessern und so einer verstärkten bakteriellen Translokation vorzubeugen. So konnte für das Bakterium Akkermansia muciniphila in präklinischen Arbeiten gezeigt werden, dass es die Anzahl der Mucus-produzierenden Becherzellen im Darm erhöhen kann. Die Kolonisierung von Versuchsmäusen mit diesem Bakterium führte in einem Modell der alkoholischen Steatohepatitis zu einer Wiederherstellung von Tight Junctions, Verminderung der Darm-Durchlässigkeit und damit zur Abnahme systemischer LPS-Spiegel [20]. Es gibt mittlerweile eine Vielzahl klinischer Studien, die eine Assoziation zwischen Veränderungen in der Komposition der intestinalen Mikrobiota und NAFLD herstellen konnten. Insgesamt sind die Daten bezüglich der identifizierten bakteriellen Spezies relativ uneinheitlich, und es zeigen sich größere Unterschiede zwischen den einzelnen Studien als zwischen NAFLD-Patienten und Gesunden innerhalb einer Studie. Zum besseren Verständnis der kausalen Rolle spezifischer Mikrobiotaveränderungen in der Entstehung der NAFLD sind daher weitere translationale Forschungsarbeiten notwendig.
Gallensäuren – Mediatoren der Darm-Leber-Achse
Gallensäuremetabolismus
Gallensäuren werden in Hepatozyten auf Basis von Cholesterin in einer mehrschrittigen enzymatischen Kaskade synthetisiert. Der geschwindigkeitsbestimmende Schlüsselschritt erfolgt dabei durch das Enzym CYP7A1, welches unter anderem durch den Farnesoid-X-Rezeptor (FXR) reguliert wird. Eine Aktivierung des FXR durch Gallensäuren führt zu einer Hemmung von CYP7A1. Die neusynthetisierten primären Gallensäuren werden anschließend mit Glycin oder Taurin konjugiert und gelangen über die Gallenwege ins Duodenum. Konjugierte primäre Gallensäuren werden im Verlauf des Dünndarms zunächst durch die mikrobielle Gallen-Salz-Hydrolase (BSH) dekonjugiert. Anschließend werden die dekonjugierten Gallensäuren durch das mikrobielle Enzym 7α-Hydroxylase in sekundäre Gallensäuren konvertiert [5].
Während ein geringer Anteil der sekundären Gallensäuren mit dem Stuhl ausgeschieden wird, werden etwa 95% der Gallensäuren im Ileum und Colon rückresorbiert und gelangen zurück in die Leber. Gallensäuren zirkulieren so als Mediatoren der Darm-Leber Achse 4–12 Mal täglich zwischen Leber und Darm im enterohepatischen Kreislauf [5].
Gallensäuren als Signalmoleküle
Neben ihrer Fähigkeit, die Resorption von Lipiden im Dünndarm zu unterstützen, spielen Gallensäuren eine wesentliche Rolle als Signalmoleküle. So wirken Gallensäuren unter anderem auf den nukleären FXR- und den G-Protein-gekoppelten TGR5-Rezeptor. Beide Rezeptoren werden von intestinalen Epithelien, Zellen des Leberparenchyms sowie von Zellen des angeborenen Immunsystems exprimiert [7] und beeinflussen daher neben Lipid- und Glucosemetabolismus [21] auch die angeborene Immunität [22]. Dabei zeigen die Rezeptoren mitunter antagonisierende Effekte. FXR-Agonisten inhibieren die Sekretion von GLP-1, einem Inkretinhormon mit wesentlichem Einfluss auf den Glucosemetabolismus, während TGR5-Liganden die Sekretion steigern [21]. Dabei wird das Verhältnis von FXR- und TGR5-Agonisten wesentlich durch den mikrobiellen Gallensäuremetabolismus beeinflusst. Eine Veränderung der Mikrobiota hat so einen direkten Einfluss auf den Glucosemetabolismus. Zusätzlich spielt FXR eine entscheidende Rolle bei der Regulation der angeborenen Immunantwort. Eine Aktivierung von FXR führt zu einer Stabilisierung des nukleären Rezeptors Corepressor 1 (NCoR1), der eine Transkription proinflammatorischer Gene wie beispielsweise iNos, TNF-α und IL-β unterbindet [22].
Es konnte überdies ein protektiver Einfluss von FXR-Agonisten auf die Darm-Leber-Barriere in einem murinen Leberzirrhosemodell gezeigt werden. FXR-Aktivierung führt zu vermehrter Expression von Tight-Junction-Proteinen sowie einer Zunahme von Becherzellen. Dies hat eine verminderte bakterielle Translokation vom Darm in die Leber zur Folge [23].
Gallensäuren bei NAFLD
Wie eine aktuelle Forschungsarbeit zeigt, weisen NAFLD-Patienten ein deutlich verändertes Gallensäure-Profil sowie eine absolute Erhöhung der Serumkonzentrationen primärer und sekundärer Gallensäuren auf. Es zeigte sich eine disproportionale Erhöhung der am FXR antagonistisch wirkenden Gallensäure Desoxycholsäure, während die Serumkonzentrationen von Chenodesoxycholsäure reduziert waren. Desoxycholsäure führt durch eine Herabregulierung der FXR-Achse zu einer vermehrten Expression der CYP7A1 und infolgedessen zu einer vermehrten Gallensäureproduktion. Diese charakteristischen Veränderungen des Gallensäuremetabolismus wurden begleitet durch eine Zunahme Glycin- und Taurin-metabolisierender Bakterien im Darm. Ähnliche Veränderungen der Gallensäure- und Mikrobiotazusammensetzung konnten auch in einem NAFLD-Mausmodell reproduziert werden[24].
Aufgrund der pleiotropen Effekte von Gallensäuren auf Glucose-, Lipidstoffwechsel und Inflammation und der charakteristischen Veränderungen der Gallensäurekomposition in NAFLD-Patienten eröffnen sich vielfältige therapeutische Optionen bei NAFLD.
Mikrobielle Metaboliten
Das intestinale Mikrobiom verfügt über ein erstaunliches enzymatisches Potenzial und wird daher heute in der Literatur zum Teil auch als eigenständig metabolisch aktives Organ betrachtet. Mikrobielle Metaboliten haben sowohl lokal im Darm als auch systemisch einen fundamentalen Einfluss auf die menschliche Physiologie. Durch den Fortschritt neuer „Metabolomics“-Technologien zur analytischen Erfassung niedermolekularer Stoffwechselverbindungen, eröffneten sich in den letzten Jahren neue Einblicke in die pleiotropen Effekte mikrobieller Metaboliten auf Stoffwechselprozesse und Immunsystem. NAFLD kann mit einer bakteriellen Über- und Fehlbesiedlung im Dünndarm assoziiert sein und so zu einer Abnahme von Cholin führen. Es besteht eine starke Assoziation eines gestörten Cholinmetabolismus mit NAFLD [25].
Kurzkettige Fettsäuren (short chain fatty acids, SCFA) sind eine Untergruppe der Fettsäuren mit zwei bis sechs Kohlenstoffatomen und stellen ein wichtiges Produkt der mikrobiellen Metabolisierung komplexer Kohlenhydrate dar. Über die Portalvene gelangen SCFAs in die Leber und spielen neben ihrer Funktion als Energieressource eine wesentliche Rolle als Signalmoleküle, die an unterschiedliche G-Protein-gekoppelte Rezeptoren binden sowie Genexpression regulieren. Sie wirken so auf die Differenzierung regulatorischer T-Zellen und Makrophagen und können die Expression proinflammatorischer Zytokine supprimieren. Zusätzlich konnte eine Rolle auf Stoffwechselprozesse nachgewiesen werden [25].
Translation in die Klinik
Mikrobiom als diagnostisches Tool
Chronische Entzündungsprozesse spielen eine Schlüsselrolle für die Progression chronischer Lebererkrankungen in Richtung Fibrose und Zirrhose. Durch gegenwärtige nicht-invasive bildgebende Verfahren (z. B. Lebersonographie), aber auch laborchemische Tests, lässt sich die entzündliche Aktivität bei Patienten mit NAFLD nicht sicher feststellen. Eine große Herausforderung ist daher die Entwicklung neuer diagnostischer Verfahren, um so früh wie möglich solche Patienten zu identifizieren, die eine entzündliche Aktivität und damit ein erhöhtes Risiko für die Krankheitsprogression aufweisen.
In klinischen Studien konnten Assoziationen bestimmter Mikrobiota-Signaturen mit dem Krankheitsstadium bei NAFLD-Patienten hergestellt werden. In einer aktuellen Arbeit konnten Patienten mit NALFD-Zirrhose allein basierend auf der Mikrobiota-Signatur detektiert werden [26].
Insgesamt ist die Studienlage allerdings uneinheitlich und eine studienübergreifende Zirrhose-Mikrobiom-Signatur gibt es bisher nicht, sodass vor dem Einsatz in der klinischen Praxis noch weitere Grundlagenforschung erforderlich ist.
Die Darm-Leber-Achse und therapeutische Zielstrukturen
Aufgrund der zahlreichen Einflüsse der Mikrobiota auf Entstehung und Verlauf der NAFLD stellt die Modulation des Mikrobioms einen vielversprechenden neuen Therapieansatz dar. Dabei besteht die Möglichkeit einer direkten Gabe lebender Mikroorganismen in Form sogenannter Probiotika, nicht-metabolisierbarer Nahrungsbestandteile, die das selektive Wachstum protektiver Mikrobiota fördern und als Präbiotika bezeichnet werden, sowie einer Kombination beider Methoden, sogenannter Synbiotika. Die Rolle der Mikrobiotamodulation bei der Therapie der NAFLD wurde anderorts ausführlich beschrieben [27], wobei sich in Metaanalysen vielversprechende Hinweise auf neue mögliche Therapieoptionen ableiten lassen. Die Studienlage ist allerdings sehr heterogen bezüglich der verwendeten Einschlusskriterien, Probiotika-Formulierungen, Behandlungsdauer und Endpunkte, sodass hier weitere qualitativ hochwertige Studien erforderlich sind.
Zusätzlich zum Einsatz von Pro-, Prä- und Synbiotika besteht die Möglichkeit einer Einflussnahme auf das intestinale Mikrobiom durch gezielte Antibiotika-Gabe oder fäkalen Mikrobiomtransfer.
Neben einer direkten Modulation der Mikrobiota beschäftigen sich viele Forschungsarbeiten der letzten Jahre mit der Identifikation mikrobieller Metaboliten, die einen günstigen Einfluss auf die NAFLD haben. Diese Metaboliten werden auch als Postbiotics bezeichnet, und es gibt mehrere aktuelle Phase-II- und Phase-III-Studien, in denen dieser Ansatz erprobt wird [28].
Auch Gallensäuren sowie insbesondere Gallensäuren-abhängige Signalwege eröffnen aufgrund ihrer vielfältigen Wirkungen auf Stoffwechsel und Immunsystem attraktive therapeutische Perspektiven. Mehrere klinische Phase-II- und Phase-III-Studien untersuchen die therapeutische Modulation der FXR/FGF19-Achse bei chronischen Lebererkrankungen. Erste Ergebnisse sind vielversprechend; so führte die Gabe des FXR-Agonisten Obeticholsäure in einer randomisierten klinischen Phase-II-Studie zu einer signifikanten Verbesserung der Leberhistologie [29].
Ausblick und Fazit
Forschungsarbeiten der letzten Jahre haben die Schüsselrolle der Darm-Leber-Achse und des intestinalen Mikrobioms während der Entstehung und Progression der NAFLD verdeutlicht. Die genauen Mechanismen des Wechselspiels zwischen Leber und Darm sind jedoch längst nicht vollständig verstanden. Es zeigen sich aber bereits heute vielversprechende diagnostische Implikationen und Angriffspunkte für zukünftige Therapien.