MEDICA LABMED FORUM am 14.11.2024: Healthy Ageing

Zeitgleich mit dem Beginn der Beratungen führender Wissenschaftler:innen zu den Perspektiven der Alternsforschung in Deutschland an der Leopoldina in Halle konzentrierte sich das MEDICA LabMed Forum am 14.11.2024 auf Forschungsprojekte, die sich mit unterschiedlichsten Aspekten gesunden Alterns befassen.

Healthy Ageing vs. Young Industries

Passen Healthy Ageing und Young Industries zusammen? In Deutschland scheinbar nicht! Hierzulande gibt es noch kaum Firmen, die entsprechende Produkte entwickeln, sodass sich auch kein Gleichgewicht zwischen Referierenden aus Akademie und Industrie für diesen Tag herstellen ließ. Dabei wird nach José Luis Cordeiro, Autor von The Death of Death, „die Langlebigkeitsindustrie in den kommenden 20 Jahren der größte Wirtschaftszweig in der Geschichte der Menschheit sein“. Und das bestfinanzierte Startup der Welt, Altos Labs, geht mit drei Milliarden Dollar ins Rennen.

Die deutsche Alternsforschung ist zwar zum Beispiel in Aachen, Berlin, Bonn, Halle, Heidelberg, Jena und Köln, aber auch mit besonderer Dynamik in Mainz exzellent aufgestellt, allerdings bei Weitem noch nicht so stark, wie dieses Land und unsere Gesellschaft es benötigt.

Aus dem Programm

Die zwölf Merkmale des Alterns (Hallmarks of Ageing) ließen sich nicht an einem Tag abdecken, doch das Programm war breit: Juan Felipe Pérez Correa, M.Sc., ein junger Wissenschaftler, der sein Studium in Bogotá, Kolumbien, begonnen hatte und heute am Institut für Stammzellbiologie in der Gruppe von Prof. Wolfgang Wagner, RWTH Uniklinik in Aachen, zum Thema Epigenetik des Alterns arbeitet, präsentierte die wohl wichtigste Säule der Alternsforschung: die epigenetische bzw. biologische Uhr und ihre klinische Anwendung. Nach einer Übersicht zur Entwicklung der epigenetischen Uhr und den Faktoren, die sie beeinflussen, wurde eine Kohärenz von Signaturen für das Altern und für Krebs sowie von kardiovaskulären Signaturen aufgezeigt. Zudem erläutert Pérez Correa in seinem Vortrag Studien, die eine Beschleunigung des epigenetischen Alters mit kognitivem Verfall und Sterblichkeit nachweisen. Mithilfe solcher Uhren können Risiken von Alterserkrankungen in der personalisierten Medizin identifiziert und somit geeignete Therapien und vorbeugende Maßnahmen sicherer eingeleitet werden. Die Standardisierung epigenetischer Uhren und ihre Präzision müssen dazu noch weiterentwickelt werden.

Im Anschluss an diesen Vortrag stellte Dr. Asya Martirosyan, CECAD, Köln, die Rolle der Genomstabilität beim gesunden Altern und des „DREAM“-Repressors dar. Dr. Katarzyna Winek, FLI, Jena, konzentrierte sich auf die Dysbiose und sprach über Mikrobiota beim Schlaganfall.

Am Nachmittag referierte Prof. Dr. Dr. Monique M. B. Breteler, DZNE, Bonn, über Erkenntnisse aus der Allgemeinbevölkerung zu Exposomen und Gehirngesundheit. Sie leitet die Rheinland-Studie, eine großangelegte prospektive bevölkerungsbasierte Studie in Bonn, an der derzeit über 12.000 Menschen teilnehmen. Aus der Universitätsmedizin Mainz (CHA) stellte Prof. Dr. Wolfram Ruf dann die Bedeutung von Entzündungen im Alter dar. Die Botschaft lautet: „Keep your (hematopoietic) stem cells happy!“ Denn die gesunde Aktivität hämatopoetischer Stammzellen ist eine mögliche Strategie zur Abwehr von Immunseneszenz und Gefäßdysfunktion.

Zum Abschluss immerhin ein bemerkenswerter Beitrag aus der Industrie von Dr. Mert Duman, CEO der AdRegeneer, Schweiz, über Schwerpunkte des jungen Unternehmens: Reparieren von Läsionen des Nervensystems. Im Mittelpunkt stehen modernste epigenetische Gen- und Zelltherapien zur Remyelinisierung sowie zum axonalen Nachwachsen. Im ersten Schritt geht es um ein patentgeschütztes Vorgehen für einen transdermalen Theophyllin-Patch zur Aktivierung der Histon-Deacetylase 2 mit dem Ziel einer Remyelinisierung bei Multipler Sklerose (MS) und der Wiederherstellung verlorener Funktionen, damit MS als chronische Erkrankung behandelt werden kann.

Rezeption

Mediziner:innen und Mitarbeitende von Diagnostika-Unternehmen zeigten sich sehr interessiert. Sie begegneten hier zum Teil zum ersten Mal der Breite und Tiefe molekularer Alternsforschung. Doch vor der Komplexität des Feldes brauche niemand zurückzuschrecken, sagte David Furman (Stanford Center on Longevity und Buck Institute for Research on Aging) am 21.11.2024 in Mainz: „Altern ist nicht komplexer als jeder andere biologische Prozess; es geht um die Funktion einer Zelle mit Genen, Proteinen, Metaboliten und Stoffwechselnetzwerken, die koordiniert wirken, damit eine Funktion ausgeführt werden kann.“

Autor
Dr. Peter Quick
ehem. Promega GmbH
Chairman MEDICA LABMED FORUM