Diagnostik von Autoimmunerkrankungen: Methodenvielfalt und Automation

Das aktuelle Update der Autoimmun-Analyzer-Tabelle stellt 14 Autoimmunanalyzer vor, auf denen sechs verschiedene Nachweisverfahren für die Autoimmundiagnostik etabliert sind. Die Autoimmundiagnostik wird zwar kontinuierlich weiterentwickelt, doch beruhen alle Nachweisverfahren auf einer Antigen-Antikörper-Reaktion.

Die Labordiagnostik einer Autoimmunerkrankung erfolgt in der Regel über den Nachweis von spezifischen Autoantikörpern im Blut der Betroffenen, die gegen körpereigene Strukturen gerichtet sind. Verwendet man die Immunfluoreszenztechnik, so erfolgt der Nachweis von Autoantikörpern aus dem Serum der Patient:innen in der Regel mithilfe von kommerziell erhältlichen Zellen oder Gewebeschnitten. In seltenen Fällen wird der direkte Nachweis von Autoantikörpern auf Gewebeschnitten von Patientenbiopsien durchgeführt.

 

Die eingesetzten Antigene

Als Antigene, über die der Nachweis von Autoantikörpern mithilfe der Immunfluoreszenzmikroskopie im Blut geführt wird, dienen in der Regel Gewebeschnitte, die aus Lebern, Nieren und Mägen von Mäusen oder Ratten hergestellt wurden. Diese werden dann mit Patientenserum und einem sekundären, farbstoffgekoppelten Antikörper inkubiert.

In einer weiteren Nachweismethode dienen auf Objektträgern aufgebrachte Zellen des Einzellers Crithidia luciliae als Antigen. Genau genommen dienen die in den Zellen enthalten Kinetoplasten – Zellorganellen innerhalb der Mitochondrien, die mit doppelsträngiger (ds) DNA dicht gepackt sind – als Antigen für Anti-ds-DNA-Anti­körper. Ein Fluoreszenz-markierter sekundärer Anti­körper macht die spezifische Bindung sichtbar. Die positive Reaktion ist sehr spezifisch für einen systemischen Lupus erythematodes (SLE).

Des Weiteren können sogenannte HEp-2-Zellen – immortalisierte Tumorzellen aus einem Larynx-Karzinom, die mehr als 100 verschiedene Antigene gegen Auto­immunantikörper präsentieren – als Antigen eingesetzt werden. Die Zellen können gut in Zellkultur gehalten und für Nachweisreaktionen auf Objektträger aufgebracht werden.

Als Antigene können auch lösliche Strukturen – Proteinmoleküle wie z. B. Scl-70 (Topoisomerase-1) bei Verdacht auf Sklerodermie oder Jo-1 (Histidyl-tRNA-Synthetase) bei Verdacht auf Myo­sitis –eingesetzt werden. Das Antigen Scl-70 hat ein Molekulargewicht von 70 kD; die Bezeichnung mit „Scl“ ergibt sich aus dem Vorkommen der Antikörper bei Sklerodermie. Im Fall von Jo-1 war John P., der erste Patient, bei dem dieser Antikörper nachgewiesen wurde, namensgebend.

Diese Antigene lassen sich rekombinant herstellen und kommen in allen Festphase-Assays zum Einsatz. Die Antigen-Antikörper-Reaktion wird mithilfe eines gegen humanes IgG gerichteten markierten Sekundärantikörpers (Tab. 1) sichtbar gemacht.

Tab. 1: Vierzehn Automaten von sechs Herstellern, auf denen wiederum sechs unterschiedliche Nachweisverfahren etabliert sind, sind in der aktuellen tabellarischen Übersicht vertreten.

 

Nachweisverfahren

Kürzel

Detektionsverfahren

Hardware

Chemilumineszenz-Immunoassay

CLIA

Luminometrie

Luminometer

Direkter/indirekter Immunfluoreszenz-Assay (Gewebe/Zellen)

IFA/iIFA

Fluorometrie

Fluoreszenz-Mikroskop

Enzyme-linked Immunosorbent Assay

ELISA

Photometrie

Spektralphotometer

Fluoreszenz-Enzym-Immunoassay

FEIA

Fluorometrie

Fluorometer

Immunoblot (Multi-line Dot Assay)

MLDA

Reflektrometrie

Reflektrometer

Partikelbasierte Multi-Analyten-Technologie

PMAT

Fluorometrie

(Light-Emitting Diodes)

Fluorometer, Charged Coupled Device-Kamera (CCD)

Ausgewählte Methoden und Automationsverfahren

Die an dieser Produktübersicht teilnehmenden, verschiedenen Nachweis- und Detektionsverfahren sind in der Tabelle 1 auf aufgelistet.

Ein Multiline/Dot Assay ist erstmals vertreten. Die Antigene, mit deren Hilfe Autoantikörper aus dem Patientenserum nachgewiesen werden sollen, sind hier auf einer Membran immobilisiert. Autoantikörper gegen die immobilisierten Antigene binden spezifisch. Nur ungebundene Anti­körper werden durch die Waschschritte entfernt. Durch den Einsatz eines Fluoreszenz-markierten Sekundär-Antikörpers wird die Bindung sichtbar gemacht und mithilfe eines Scanners abgelesen. Besonders interessant ist bei diesen beiden Geräten die Automation. Die Teststreifen werden in die für den jeweiligen Arbeitsschritt erforderlichen Reagenzien eingetaucht, wodurch diese Systeme auf Pumpen und Schläuche verzichten können. Eine Wartung der Geräte ist laut Hersteller nicht erforderlich. Die vollautomatisierte Geräteversion verfügt neben der Mechanik zum Eintauchen der Teststreifen – jeweils integriert – über einen Trockner und einen Scanner.

Eine weitere, nicht nur in diesem tabellarischen Vergleich neue Methode ist die Particle-based Multi-Analyte Technology (PMAT), bei der die Antigene an paramagnetische Partikel gebunden sind. Für jedes Antigen wird ein anderer Partikeltyp mit spezifischer Signatur eingesetzt. Um die Antigen-Antikörper-Komplexe nachzuweisen, wird ein Phycoerythrin-gebundener sekundärer Antikörper hinzugegeben. Nach Inkubations- und Waschzyklen werden die partikelgebundenen antigenspezifischen Antikörper-Antikörper-Komplexe letztendlich in einer Kammer durch zwei spektral verschiedene Leuchtdioden (Light-Emitting Diodes) angeregt. Eines der Fluoreszenz­signale identifiziert die Partikel und damit auch die Autoantigene; das zweite Signal dient der Bestimmung der Signalintensität des gebundenen Sekundärantikörpers, sodass ein mindestens halbquantitativer Nachweis der gesuchten Autoantikörper möglich ist. Beide Signale werden von einer CCD-Kamera (Charged Coupled Device) aufgefangen und mittels entsprechender Software ausgewertet. Die Signale können – im Gegensatz z. B. zu der bead-basierten Multiplexanalytik – bei der die Signale minimal zeitversetzt aufgezeichnet werden – simultan detektiert und ausgewertet werden.

Zusätzliche Nachweisverfahren und Biomarker

Grundsätzlich lassen sich mit Immunoassays Makromoleküle (Proteine, Lipide, Lipopolysaccharide, DNA u. v. m.) nachweisen – auch in der Infektiologie (z. B. HIV und viele andere Infektionskrankheiten) oder in der Spezialgerinnung zum Nachweis von spezifischen Antigenen (z. B. vWF und D-Dimer). Spezielle spezifische Autoantikörper für die Diagnostik stellen zwei Teilnehmende an dieser Produktübersicht vor. Das ist zum einen ein quantitativer Nachweis für Myositis-Antikörper und zum anderen der ebenfalls quantitative Anti-MCV-Nachweis; MCV bedeutet hier mutiertes citrulliniertes Vimentin. Letztgenannter Assay dient der Früherkennung von rheumatoider Arthritis.

Bei den Paraneoplastic Neurological Syndromes (PNS) handelt es sich um eine Gruppe von neurologischen Erkrankungen. Der zugrundeliegende Tumor induziert die Autoantikörperbildung durch Expression von Neoantigenen. Die neurologischen Symptome werden wiederum von den induzierten Autoantikörpern ausgelöst. Zwei der hier vorgestellten Systeme weisen die als verantwortlich identifizierten onkoneuronalen Antikörper nach, die Teil der Diagnostik des PNS sind.

Calprotectin aus dem Stuhl, das zur Diagnostik und Verlaufskontrolle von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie beispielsweise Cholitis ulcerosa eingesetzt wird, kann mit drei der hier präsentierten Systeme nachgewiesen werden.

Verbrauchsmaterialien und Abfallentsorgung

Die von den einzelnen Systemen benötigten Verbrauchsmaterialien können Sie den Tabellen entnehmen. Welche Materialien das sind, ist sehr unterschiedlich. Dazu zählen beispielsweise Pipettenspitzen, Verdünnerplatten und verschiedene System- oder Reinigungsflüssigkeiten. Davon ist aber wieder abhängig, wie viel und welche Arten von Abfall entstehen. Wir haben in der Tabelle zwischen Flüssig- und Festabfall unterschieden. Dafür sind die Geräte mit Auffangbehältern ausgestattet. Ein Füllstandsanzeiger ist dabei für die Anwendenden sehr komfortabel. Zum Teil kann der Flüssigabfall auch direkt in den Abfluss geleitet werden. Bei einigen Geräten fällt nur Fest-, bei anderen Fest- und Flüssigabfall an. Der Abfall wird in getrennten Behältern gesammelt und nach den Vorgaben des jeweiligen Labors entsorgt.

Ausblick

Die auf der Antigen-Antikörper-Reaktion beruhenden Nachweisverfahren sowie deren Automation und auch die Auswahl der nachzuweisenden Autoantikörper werden kontinuierlich weiterentwickelt. Das betrifft sowohl die lange etablierten Nachweisverfahren wie ELISA, aber auch die Entwicklung neuer Nachweismethoden wie PMAT. Die Automation geht in Richtung Miniaturisierung, z. B. durch Mikrofluidik und Multiassay. Interessante Entwicklungen für die Diagnostik der Autoimmunerkrankungen sind auch von der KI zu erwarten. In vielen automatisierten Mikroskopen zur Autoantikörperdetektion mithilfe der Immunfluoreszenz sind schon Pattern Recognition Systeme integriert, die auf KI-Software aufgebaut sind. Zu erwarten sind KI-Module zur Interpretation komplexer Autoantikörperkonstellationen mit Empfehlungen für die weitere Diagnostik, z. B. Auswahl zusätzlich zu bestimmender Laborparameter.    

Dr. Gabriele Egert 
Prof. Dr. Rudolf Gruber 
Mitglieder der Redaktion