Urinanalytik - Halb- oder vollautomatisiert

Tabelle: Chemisch-physikalische Urinanalyse

Tabelle: Automaten zur Urinpartikel-Analyse

 

In den beiden hier vorliegenden Tabellen stellen fünf Firmen insgesamt neun Automaten für die chemisch-physikalische Stix-Analyse vor. Bei sechs Systemen handelt es sich um Halbautomaten, die den bereits mit Urin benetzten Teststreifen ablesen, auswerten und die Ergebnisse in das Laborinformationssystem (LIS) übertragen. Die drei weiteren Teststreifen-Systeme sind Vollautomaten, die größtenteils mit Systemen zur Partikelanalyse gekoppelt werden können. Bitte beachten Sie, dass wir die Tabelle nach Hersteller bzw. Lieferant sortiert haben. Den Grad der Automatisierung können Sie der Rubrik „System“ oder der Rubrik „Probenmanagement, Grad der Automation“ entnehmen.

Für die Partikel-Analyse haben sich mittlerweile zwei grundsätzlich unterschiedliche Verfahren etabliert. Drei Firmen stellen hier Geräte für die Durchflusszytometrie (DFZ) oder die Bildgebung nach Durchflusszytometrie vor. Bei dem vierten Gerät handelt es sich um ein vollautomatisches Urinmikroskopie-System.

 

Chemisch-physikalische Teststreifenanalyse

Tabelle: Chemisch-physikalische Urinanalyse

Die chemisch-physikalische Teststreifenanalytik ist dem Personal in Labor und Arztpraxis schon seit vielen Jahrzehnten vertraut. In den einzelnen Reaktionsfeldern auf dem Teststreifen sind alle Reagenzien für die unterschiedlichen Nachweisreaktionen (Rubrik „Analytik“, „Chemische und physikalische Parameter“) in lyophilisierter Form vorhanden. Die Reaktionen starten, sobald die Reagenzien in den Reaktionsfeldern mit der Flüssigkeit aus der Urinprobe in Lösung gehen können. Die Nachweisverfahren beruhen nahezu alle auf einer enzymatischen oder chemischen Reaktion, bei der es zu einem Farbumschlag kommt, der photometrisch oder reflexions­photometrisch ausgewertet wird. Eine Quantifizierung ist möglich.

Für die Teststreifenanalytik müssen folgende Schritte automatisiert werden: Stix in den Urin eintunken, überschüssigen Urin abstreifen und nach wenigen Minuten ablesen. Die Arbeit der Halbautomaten beginnt mit den mit Urin benetzten Teststreifen. Die Ablesung der Resultate erfolgt standardisiert im Gerät, die Übertragung der Daten in das LIS erfolgt elektronisch. Wertvolle Informationen stehen so schnell zur Verfügung, z. B. ob der Verdacht einer Nierenschädigung besteht oder ob ein Harnwegsinfekt vorliegt. Alle Teststreifen-Geräte bestimmen das spezifische Gewicht (SG), in der Regel mithilfe eines Refraktometers. Die Urin­eigenfarbe und der Grad der Trübung gehören ebenfalls zur chemisch-physikalischen Beurteilung (s. Rubrik „Analytik“) und können mittels optischer Sensoren oder Transmissionsmessung bestimmt bzw. als subjektive Beurteilung eingegeben werden. Auch die Berechnung von Quotienten ist möglich, vorausgesetzt der Teststreifen enthält Reaktionsfelder zur Bestimmung von Kreatinin, Mikroalbumin/Albumin oder Protein. Die Quotienten aus Albumin und Kreatinin oder aus Protein und Kreatinin lassen ebenfalls Rückschlüsse auf eine Schädigung der Nieren zu.

Bei den Halbautomaten gibt es Unterschiede im Grad der Automatisierung, die Sie der Tabelle entnehmen oder im direkten Kontakt zum Hersteller klären können. Werden die Teststreifen manuell in das Gerät gelegt oder gibt es einen automatischen Einzug? Erfolgen die Analysen einzeln oder in Serie? Werden die abgelesenen Teststreifen manuell entnommen oder ausgeworfen? Einige Geräte sind für den Einsatz am Point of Care, andere für den Betrieb im Labor konzipiert.

Von einer Vollautomation wird gesprochen, wenn bereits die Entnahme des Urins automatisiert erfolgt und bis zur Ergebnisrückmeldung kein manueller Schritt mehr erforderlich ist. Die Proben werden mithilfe von Förderbändern oder auch durch mechanische Schieber weiter transportiert. Die Zuordnung Probe-Patient erfolgt mittels Barcode, in dem die Proben-ID verschlüsselt ist. Alternativ kann die Zuordnung im Batch-Verfahren auch über eine fest vergebene Positionsnummer erfolgen.

Die Geräte entnehmen der Primärprobe mittels einer Probennadel ein definiertes Urinvolumen und pipettieren jeweils ein Aliquot auf die einzelnen Reaktionsfelder des Teststreifens. Auch letztere werden im Gerät vorgehalten und über Förderbänder transportiert. Die Auswertung erfolgt wie bei den Halbautomaten im Gerät. Die Analyseverfahren können Sie der Tabelle entnehmen. Für einen Großteil der Analytik kommt (Reflexions-)Photometrie zum Einsatz.

 

Partikelanalyse

Tabelle: Automaten zur Urinpartikel-Analyse

Sind die Ergebnisse der Teststreifen-Analyse auffällig, schließt sich eine Partikelanalyse an. Dazu können dann entweder vom Hersteller oder auch vom jeweiligen Anwender, ja nachdem wie der Hersteller das eingerichtet hat, sogenannte Siebkriterien festgelegt werden. Sind diese Kriterien erfüllt, schließt sich an die Teststreifen- die Partikelanalyse an.

Für die manuelle Sedimentanalyse wird der Urin zentrifugiert, der Überstand dekantiert, das zurückbleibende Sediment aufgewirbelt und unter dem Mikroskop – meist im Hellfeld – begutachtet. Die wichtigsten zellulären Bestandteile und Strukturen werden als Partikel/µl angegeben. Zu diesen Partikeln zählen beispielsweise Erythrozyten, Leukozyten, Bakterien, verschiedene Epithelzellen, Zylinder oder auch Kristalle. Ein Teil der Partikel wird automatisch erkannt werden, siehe Rubrik „Probenmanagement“ in der Zeile „Grad der Automation“.

Aktuell ist die Partikelanalyse stark im Umbruch: Mittlerweile gibt es Durchflusszytometrie-Systeme und empfindliche, automatisierte Kamerasysteme für die Mikro­skopie oder für die Bildgebung nach Durchflusszytometrie. Letztere ist die neueste Weiterentwicklung in diesem Bereich. Von den Partikeln werden beim Passieren der Lichtquelle mikroskopische Aufnahmen gemacht, die dann zur Befundung zur Verfügung stehen. Bei einem Hersteller kann zusätzlich zur DFZ ein Kamera­system eingesetzt werden. Ähnlich verläuft es bei der automatisierten Mikroskopie. Bilder der Parameter können zur Freigabe des Befundberichts mit bis zu 8-fachem Zoom klassifiziert werden. Der große Vorteil der Bildgebung ist, dass Aussagen zur Morphologie der Partikel getroffen werden können, wodurch man sie beispielsweise von Aggregaten unterscheiden kann.

 

Störfaktoren und Besonderheiten

Wenig- oder Vieltrinker – das lässt sich anhand des spezifischen Gewichts, das in der Regel refraktometrisch bestimmt wird, feststellen. Durch eine sehr hohe Flüssigkeitsaufnahme wird der Urin verdünnt, durch eine zu niedrige zu stark konzentriert. Beides verfälscht die Ergebnisse sowohl der Teststreifen- als auch der Partikelanalyse. Deshalb ist diese Information für die behandelnden Ärzt:innen wichtig. Bleibt also die Frage, ob die Komplettsys­teme aus Stix- und Partikel­analyse die Dichte des Urins auch gleich bei der Ergebnisausgabe berücksichtigen. Auf diese Korrektur wird in der EFML-Leitlinie von 2023 sehr viel Wert gelegt.

Ein weiterer Störfaktor für die Urinanalyse ist Ascorbinsäure (Vitamin C), welche die Ergebnisse für Glukose und Blut im Urin deutlich verfälschen kann. Nur einer der hier vertretenen Hersteller weist mit seinen Teststreifen Ascorbinsäure nach. Farbliche Veränderungen des Urins werden entweder bestimmt oder subjektiv beurteilt und dokumentiert.

Zwei der Partikel-Analysatoren können auch zur Untersuchung von anderen Körperflüssigkeiten (Punktate) eingesetzt werden (siehe Rubrik „System“, „einsetzbare Probenmaterialien“).