Diagnose und Therapie des Vitamin-B12-Mangels: Risikogruppen besonders gefährdet

DOI: https://doi.org/10.47184/td.2023.03.04

Da ein Vitamin-B12-Mangel zu sehr unterschiedlichen Symptomen führen kann, dauert es bei vielen Patient:innen jahrelang, bis endlich eine Diagnose gestellt wird. Mit dem Gesamt-Vitamin-B12, Holotranscobalamin, Homocystein und Methylmalonsäure stehen vier Biomarker für die Diagnostik zur Verfügung, die einzeln verwendet nur eine eingeschränkte Aussagekraft haben. Wichtig für die Diagnose und die Entscheidung für eine Therapie ist neben der Anamnese und den klinischen Symptomen auch das Vorhandensein von Risikofaktoren.

Schlüsselwörter: Cobalamin, Anämie, Neuropathie, Gastritis, vegane Ernährung, Metformin

Das National Institute for Health and Care Excellence (NICE) des Vereinigten Königreichs erarbeitet zurzeit Richtlinien zur Diagnose und Behandlung eines Vitamin-B12-Mangels. Diese enthalten Empfehlungen, wie man einen Vitamin-B12-Mangel erkennen und behandeln kann und auch, wie man die Ursache feststellen und Komplikationen überwachen kann.

In der medizinischen Literatur zum Vitamin-B12-Mangel werden grundsätzlich zwei große Bereiche unterschieden: Der erste und wichtigste Schwerpunkt ist die Diagnose und Behandlung des klinisch manifestierten B12-Mangels. Der zweite Schwerpunkt ist die Vorbeugung eines Vitamin-B12-Mangels bei Menschen, die aufgrund ihres Lebensstils oder ihrer Vorerkrankungen ein hohes Risiko haben, einen solchen zu entwickeln.

Ziel dieses Beitrags ist es, die Komplexität der Diagnose und Behandlung eines klinisch manifesten Vitamin-B12-Mangels zu erörtern. Aufgrund der Variabilität der klinischen Symptome wenden sich Personen mit einem B12-Mangel häufig an Hausärzt:innen oder Fachärzt:innen der Neurologie, Gastroenterologie, Endokrinologie, Psychiatrie oder Hämatologie.

Grundsätzlich sollte sich die Diagnose und Behandlung eines B12-Mangels auf das Vorhandensein klinischer Symptome (primär), positive Hinweise aus der Probanden-Anamnese (sekundär) und ergänzend zu beiden auf die Labortests stützen.

 

Funktionen und Biomarker

Vitamin B12 (oder Cobalamin) ist ein wasserlösliches B-Vitamin, das vom Körper nicht synthetisiert werden kann. Daher muss es über die Nahrung aufgenommen werden – insbesondere durch den Verzehr von tierischen Lebensmitteln. Vitamin B12 wird in den menschlichen Zellen nur für zwei Reaktionen benötigt: zum Ersten für eine zytosolische Reaktion, bei der Methylcobalamin als Cofaktor für das Enzym Methioninsynthase fungiert, das Homocystein in Methionin umwandelt; zum Zweiten für eine mitochondriale Reaktion, bei der Adenosylcobalamin als Cofaktor für das Enzym Methyl-Malonyl-CoA-Mutase fungiert, das Methylmalonyl-CoA in Succinyl-CoA umwandelt.

Bei einem Mangel an Vitamin B12 sind die Konzentrationen des Vitamins im Plasma in der Regel erniedrigt. Die Plasmakonzentrationen von Homocystein und Methylmalonsäure steigen bei einem Vitamin-B12-Mangel an. Die Plasmakonzentrationen von Homocystein und Methylmalonsäure gelten als metabolische oder funktionelle Marker für einen Vitamin-B12-Mangel. Erhöhte Metabolite zeigen biochemisch gesehen einen fortgeschrittenen Mangel [1, 2].

Für die Labordiagnose eines Vitamin-B12-Mangels stehen vier Marker zur Verfügung (Gesamt-Plasma-B12, Holotranscobalamin, Homocystein und Methylmalonsäure) (Tab. 1).

Tab. 1: Vitamin-B12-Marker im Serum oder Plasma [4].

Marker

Veränderung bei B12-Mangel

(Plasmakonzentrationen)

Verfälschung

Vitamin B12

Deutlich erniedrigt (< 150 pmol/l)

Erniedrigt (< 250 pmol/l)

Höhere Konzentrationen bei Leber­erkrankungen (z. B. Leberkrebs, Leberzirrhose, alkoholbedingte Lebererkrankungen), Nierenerkrankungen sowie z. B. bei Dialysepatient:innen

Holotranscobalamin

Deutlich erniedrigt (< 35 pmol/l)

Grauer Bereich (35–50 pmol/l)

Höhere Konzentrationen wie bei Vitamin B12

Homocystein

Erhöht (> 12.0 µmol/l)

Höhere Konzentrationen bei Folatmangel, durch präanalytische Faktoren und bei verminderter Nierenfunktion

Methylmalonsäure

Erhöht (> 270 nmol/l)

Deutlich erhöht (> 450 nmol/l)

Höhere Konzentrationen bei verminderter Nierenfunktion und durch bestimmte Darmbakterien

Eine niedrige B12-Plasmakonzentration hat eine geringe Sensitivität und Spezifität bei der Vorhersage eines klinisch relevanten B12-Mangels. Bis zu 30 % der Menschen mit klinisch manifestem B12-Mangel (z. B. Anämie und megaloblastischem Knochenmark) weisen Plasma-Vitamin-B12-Konzentrationen innerhalb des Referenzbereichs auf (> 150 pmol/l) [3]. Es gibt starke Überlappungen in B12-Konzentrationen zwischen Menschen mit und Menschen ohne B12-Mangel. Deshalb sollte bei Verdacht auf einen Mangel zum Vitamin-B12-Wert im Plasma ein weiterer Marker wie Methylmalonsäure hinzugezogen werden. Insbesondere wenn die Plasma-Vitamin-B12- (< 250 pmol/l) oder die Holotranscobalamin-Konzentration (< 50 pmol/l) nicht deutlich erniedrigt ist, sollte ein funktioneller Marker hinzugezogen werden.

 Eine Kombination von niedrigem B12 mit erhöhter Methylmalonsäure (oder Homocystein bei fehlendem Folatmangel) zeigt eine bessere Assoziation mit der Schwere der klinischen Symptome als ein niedriger B12-Wert allein. Auch wenn die Konzentrationen von Gesamt-Plasma-B12 (oder Holotranscobalamin) erniedrigt sind, wird empfohlen, die Konzentrationen eines Stoffwechselmarkers wie Methylmalonsäure oder Homocystein in einen zweiten Schritt zu messen [4]. Erhöhte Plasmakonzentrationen von Homocystein sind nicht spezifisch für einen Vitamin-B12-Mangel, da sie durch einen Folatmangel stärker beeinflusst werden als durch einen B12-Mangel. Zudem werden sie auch häufig durch Fehler in der Präanalytik verursacht, wenn die Blutprobe nicht zeitnah nach der Abnahme zentrifugiert und das Plasma von den Blutzellen nicht abgetrennt werden kann.

Die Konzentrationen aller Vitamin-B12-Marker im Blut werden durch bestimmte pathophysiologische oder krankheitsbedingte Zustände beeinflusst. Hierzu gehören z. B. Nierenfunktionsstörungen, Lebererkrankungen oder Krebs, bei denen die Plasmakonzentrationen von Vitamin B12 (und Holotranscobalamin) in der Regel im oberen Normalbereich oder darüber liegen und gleichzeitig die Konzentrationen von Methylmalonsäure und Homocystein erhöht sind. Der Widerspruch bei den Markern (z. B. gleichzeitig erhöhte Plasmavitamin- und Stoffwechselmarker) macht die Diagnose eines Vitamin-B12-Mangels allein auf der Grundlage von Laborparametern zu einer Herausforderung. Denn oft sind Menschen, die diese Konstellation aufweisen, genau diejenigen, die ein höheres Risiko für einen B12-Mangel haben. Bei der Entscheidung, bei widersprüchlichen Laborbefunden mit einer B12-Therapie zu beginnen, verlässt man sich stärker auf die klinischen Symptome. Bei einer Kontrolle (nach vier bis acht Wochen) muss dann evaluiert werden, inwieweit sich die Symptome gebessert haben. Wenn keine Besserung eintritt, sollten weitere mögliche Ursachen für die Symptome in Betracht gezogen werden.

Die Holotranscobalamin-Konzentration im Plasma ist häufiger erniedrigt als die Gesamt-Vitamin-B12-Konzentration. Jedoch liegt bei der Mehrheit der Proband:innen  mit Holotranscobalamin-Konzentrationen unter 35 pmol/l kein Vitamin-B12-Mangel vor (wenn man z. B. die Methylmalonsäure mitberücksichtigt). Wird Holotranscobalamin als Einzelmarker verwendet, kann dies zu einer Diagnose eines Mangels führen, obwohl eigentlich kein Mangel vorliegt.

 

Klinische Symptome

Das klinische Bild des Vitamin-B12-Mangels ist variabel (Tab. 2).

Tab. 2: Die häufigsten klinischen Symptome eines Vitamin-B12-Mangels

  • Symptome im Zusammenhang mit Anämie (körperliche Müdigkeit, Blässe, Tachykardie, Kopfschmerzen)
  • Sensorische neurologische Funktionsstörungen (Taubheit, leichte Parästhesien)
  • Schmerzen oder andere unangenehme Empfindungen (Brennen, Stechen, Engegefühl um die Knöchel)
  • Instabilität beim Stehen oder Gehen
  • Häufige Stürze
  • Verschwommenes Sehen, das nicht durch eine Brille korrigiert werden kann
  • Steifheit (Spastizität) in den Beinen, spastischer Gang
  • Neurogene Blasenfunktionsstörung
  • Muskelschwäche
  • Myalgie oder Fibromyalgie
  • Wunde Zunge/rötliche Zunge; Mundwinkelrhagaden
  • Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme
  • Psychische Probleme (Müdigkeit, nachlassende Initiative/Wachsamkeit/Konzentration, Burn-out)
  • Neuropsychiatrische Erkrankungen (leichte kognitive Dysfunktion, Demenz, Angstzustände, Psychose oder andere
  • psychiatrische Symptome)
  • Hyperpigmentierung von Haaren, Nägeln, Haut, Zunge

Die Symptome lassen sich in drei Kategorien einteilen: hämatologisch, neuropsychiatrisch und gastroenterologisch.Eine megaloblastäre Anämie mit niedrigem Hämoglobin und erhöhtem mittleren korpuskulären Volumen (MCV) findet sich bei einigen, aber nicht bei allen Betroffenen. Auch Folatmangel führt zu einer megaloblastischen Anämie mit demselben Phänotyp. Daher müssen bei Patient:innen mit Anämiesymptomen nicht nur die Vitamin-B12-Marker, sondern auch die Folatkonzentrationen im Plasma gemessen werden, um auszuschließen, dass ein Folatmangel die Ursache der makrozytären Anämie ist.

Bei mehr als 50 % der Patient:innen wurde die Diagnose eines B12-Mangels erst nach mehreren Jahren gestellt. Diese extrem lange Zeitspanne könnte auf die Vielfalt der Symptome zurückzuführen sein, die von Allgemeinmediziner:innen nicht ohne weiteres einer bestimmten Krankheit zugeordnet werden können. Eine verzögerte Diagnose bedeutet auch eine Verzögerung der Therapie. Dies kann dazu führen, dass einige Symptome nach der B12-Behandlung nicht vollständig reversibel sind.

Ein Vitamin-B12-Mangel während der Schwangerschaft und Stillzeit kann schwere neurologische und hämatologische Schäden beim Fötus bzw. beim gestillten Säugling verursachen. Neurologische Schäden während des pränatalen und frühen postnatalen Lebens führen zu schweren Symptomen und Entwicklungsverzögerungen beim Kind. Die Symptome treten in den ersten Monaten nach der Geburt auf und müssen von angeborenen Erkrankungen des B12-Stoffwechsels unterschieden werden. Sowohl die vererbte als auch die erworbene Form des B12-Mangels erfordern eine sofortige hochdosierte B12-Supplementierung. Ein unzureichender mütterlicher B12-Status könnte beispielsweise auf eine vegane Ernährung oder eine perniziöse Anämie zurückzuführen sein. Daher ist es notwendig, schwangere Frauen so früh wie möglich auf Anzeichen und Symptome eines niedrigen B12-Status zu untersuchen. Wird ein niedriger B12-Spiegel zufällig bei einer stillenden Frau festgestellt, muss der B12-Status auch beim Baby untersucht werden. Wird der Mangel bei einem gestillten Kind festgestellt, so sollte auch die Mutter auf einen B12-Mangel untersucht werden. Wenn der Mangel auch bei der Mutter festgestellt wird, handelt es sich bei dem Kind eher um einen erworbenen B12-Mangel. 

 

Risikofaktoren

Vitamin B12 ist in Lebensmitteln tierischen Ursprungs in winzigen Mengen enthalten. Menschen, die regelmäßig B12-haltige Lebensmitteln konsumieren, erreichen im Durchschnitt eine Aufnahme von 5 µg B12 am Tag (mind. 2; max. 10 µg/Tag). Diese tägliche Aufnahme reicht aus, um den Tagesbedarf zu decken, wenn die Absorp­tion im Darm normal ist. Die Freisetzung des Vitamins aus seinen Nahrungskomplexen und seine Absorption sind jedoch komplexe Prozesse: Jede Störung kann zu einer B12-Malabsorption führen, selbst wenn die Nahrungsaufnahme theoretisch ausreichend ist. Wenn die Absorption gut funktioniert, wird Vitamin B12 in der Leber in Mengen gespeichert (ca. 5 mg), die ausreichen, um den Bedarf des Körpers für mehrere Jahre zu decken. Wird die Absorption durch Medikamente oder Erkrankungen gestört, kann der Mangel sich schneller (innerhalb weniger Monate) entwickeln.

Die offensichtlichste und am leichtesten zu handhabende Ursache für einen Vitamin-B12-Mangel ist eine unzureichende Zufuhr aufgrund der Wahl der Lebensmittel, z. B. bei Veganern, Vegetariern oder bei Menschen, die langfristig auf Fleisch verzichten. Dagegen zeigen Menschen mit perniziöser Anämie (Antikörper gegen intrinsische Faktoren oder Antiparietalzellen-Antikörper, erhöhtes Serum-Gastrin), Menschen mit atrophischer Gastritis und Menschen, die z. B. regelmäßig Protonenpumpenhemmer (PPI) einnehmen, einen unterschiedlichen Grad an Vitamin-B12-Malabsorption. Personen, die sich einer bariatrischen (gewichtsreduzierenden) Operation, Gastrektomie oder Resektion des Dünndarms (z. B. nach Krebs) unterzogen haben, entwickeln in der Regel ein bis zwei Jahre nach der Operation einen B12-Mangel, wenn sie nicht rechtzeitig – also gleich nach der Operation – mit einem B12-haltigen Multivitamin-Präparat supplementiert werden.

Die langfristige Einnahme von Metformin bei Diabetes mellitus ist mit niedrigeren B12-Plasmakonzentrationen (um 60–120 pmol/l) assoziiert [5–8]. Diese sind abhängig von der Dosis und der Dauer der Metformintherapie [9]. Wenn Diabetiker:innen, die Metformin einnehmen, einen niedrigen B12-Status haben, erhöht sich das Risiko für eine Neuropathie. Es wird daher empfohlen, bei diesen Patient:innen einmal pro Jahr Vitamin B12 im Plasma zu messen und bei Bedarf das Vitamin zu supplementieren [10]. Darüber hinaus können Menschen mit verschiedenen Krebsarten (z. B. Magen- oder Eierstockkrebs) und Menschen, die eine Chemotherapie erhalten, einen Vitamin-B12-Mangel entwickeln, der auch hier das Risiko einer Neuropathie erhöhen könnte.

Unser Ziel ist es im Allgemeinen, Krankheiten zu verhindern, bevor sie fortschreiten, aber dafür brauchen wir hier in der Tat keine umfassenden Diagnose- und Behandlungskonzepte. Wenn bei einer Person das Risiko besteht, einen B12-Mangel zu entwickeln (Tab. 3), z. B. aufgrund einer zu geringen Zufuhr, des Lebensstils oder bei älteren Personen (ohne klinischen Symptome), kann man dies leicht in den Griff bekommen, indem man oral Vitamin B12 (50–150 µg/d) empfiehlt und gelegentlich das Plasma-Vitamin-B12 überprüft.

Tab. 3: Risikogruppen für einen Vitamin-B12-Mangel und gleichzeitig Zielgruppen für eine

prophylaktische B12-Supplementierung

  • Menschen über 65 Jahren
  • Vitamin-B12-arme Ernährung (ohne regelmäßige Einnahme von B12 aus Nahrungsergänzungsmitteln), zum Beispiel bei Menschen mit veganer Ernährung, Menschen mit reduziertem Fleischkonsum oder Menschen, die Schwierigkeiten haben, Lebensmittel zu kaufen oder zuzubereiten (z. B. Menschen mit Demenz)
  • Familiäre Belastung (B12-Mangel oder eine Autoimmunerkrankung in der Familie)
  • Atrophische Gastritis
  • Zöliakie oder eine andere Autoimmunerkrankung (z. B. Schilddrüsenerkrankung oder Typ-1-Diabetes)
  • Medikamente: Antiepileptika, H2-Rezeptor-Antagonisten, Metformin, Protonenpumpenhemmer, L-Dopa
  • Frühere gastrointestinale Operationen wie bariatrische Operationen (z. B. Roux-en-Y-Magenbypass oder Sleeve Gastrektomie) oder terminale Ileusresektion
  • Verwendung von Distickstoffoxid als Suchtmittel

Zur Vorbeugung von B12-Mangel bei Malabsorption-Störungen kann man 1–2 mg/Tag orale Vitamin-B12-Zufuhr empfehlen, weil ca. 10 % dieser Dosis (also 10–20 µg) ohne intrinsischen Faktor aufgenommen werden können.

 

Ursachen

Wann immer ein B12-Mangel diagnostiziert wird, sollte die Suche nach dessen Ursache eingeleitet werden. Wichtig sind hier Fragen zu Lebensstilfaktoren und früheren Erkrankungen, die einen B12-Mangel begünstigen könnten, z. B. vegetarische/vegane Ernährung, Alkoholismus oder frühere Magen- oder Darm-Operationen. Das Vorhandensein von Magen-Darm-Beschwerden, einer zuvor diagnostizierten atrophischen Gastritis bzw. H.-pylori-Infektion oder von Medikamenten (z. B. PPI, H2-Rezeptor-Antagonisten, Metformin, L-Dopa) könnte Hinweise auf die Ursache des Mangels liefern. Die Messung der Blutkonzentrationen von Intrinsic-Factor-Antikörpern, Anti-Parietal-Zell-Antikörpern oder Gastrin kann Aufschluss über eine perniziöse Anämie als Ursache des Mangels liefern. Allerdings sollte man sich darüber im Klaren sein, dass ältere Menschen (> 65 Jahre) eine Malabsorption von Vitamin B12 aus der Nahrung haben können, ohne dass offensichtliche Ursachen vorliegen. Der Grund dafür sind Schwierigkeiten, das mit der Nahrung aufgenommene B12 freizusetzen und dann zu absorbieren [11]. Diese Zielgruppe profitiert jedoch von B12-Supplementation, da das Vitamin hier nicht proteingebunden ist. 

 

Behandlung und langfristiges Management

Das Konzept der Behandlung eines niedrigen B12-Status ohne klinische Manifestation wird kontrovers diskutiert und kann zu einer Überbehandlung führen. Wir wissen nicht, wie viele Menschen mit niedrigem B12-Status zu späteren Zeitpunkten klinische Symptome entwickeln. Es ist sicherlich sinnvoll, wenigstens den Personen, die einem höheren Risiko unterliegen (Tab. 3), eine regelmäßige prophylaktische B12-Gabe zu empfehlen. 

Über die Dosis, die Art der Verabreichung oder die Häufigkeit der B12-Behandlung bei klinisch manifestiertem B12-Mangel besteht kein Konsens. Erstes Ziel ist es, die B12-Speicher so schnell wie möglich wieder aufzufüllen. Die parenterale Verabreichung von 1 mg B12 wird in den ersten Tagen der Verabreichung mit unterschiedlicher Häufigkeit (ein- bis dreimal pro Woche) durchgeführt und in den darauffolgenden Wochen reduziert. Orale B12-Dosen von 1–2 mg pro Tag werden weltweit zur Behandlung eingesetzt. Generell sollten Mediziner:innen versuchen, die Behandlungsschemata mit ihren Patient:innen zu besprechen, insbesondere weil die meisten Personen mit niedrigem B12-Status möglicherweise über viele Jahre hinweg eine Supplementierung benötigen. Die Behandlungsmodalitäten können sich im Laufe der Zeit ändern.

Es gibt derzeit keine Hinweise darauf, dass sich die im Handel erhältlichen Formen von Vitamin B12 wie Cyanocobalamin, Methylcobalamin oder Adenosylcobalamin in ihrer Wirksamkeit zur Korrektur der klinischen Symptome oder in ihrer Sicherheit unterscheiden. Hydroxocobalamin (als parenterale Anwendung) hat aufgrund einer möglichen Bindung dieser Cobalaminform an Plasmaproteine eine etwas länger anhaltende Wirkung, da so die renale Ausscheidung verzögert wird. Diese verlängerte Wirkung kann jedoch bei pharmakologischen Dosen des Vitamins und bei wiederholten Injektionen eine untergeordnete Rolle bei der Heilung der Symptome spielen.

Autoren
Prof. Dr. rer. med. Rima Obeid
Dr. med. Ulrich Hübner
Prof. Dr. med. Jürgen Geisel
Abteilung für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin
Zentrallabor
Universitätsklinikum des Saarlandes
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