Lipidmarker und Diabetes: Neues und Bewährtes zu den Top Ten

Koronare Herzkrankheit (KHK) und Schlaganfall stehen auf Platz 1 und 2 der WHO-Liste der zehn häufigsten Ursachen für Tod und Behinderung. Das zu ändern ist schwer bis unmöglich, aber die absoluten Fallzahlen zu reduzieren, wird – abgesehen von der derzeit vorherrschenden Pandemie – eines der großen Ziele der kommenden Jahrzehnte sein. Für die Akutdiagnostik am Point of Care (POC), für eine aussagekräftige Primär- und die Sekundärprävention wird die Labordiagnostik dringend benötigt.

Risikofaktor Dyslipidämie

Dyslipidämien zählen zu den stärksten Risikofaktoren für koronare Herzkrankheiten und Schlaganfall. Mittlerweile gilt die kausale Beziehung zwischen LDL-Cholesterin und atherosklerotischen kardiovaskulären Krankheiten als erwiesen, durch Daten aus epidemiologischen, genetischen und vor allem aus randomisierten kontrollierten Interventionsstudien. Umso interessanter ist in diesem Zusammenhang, dass sich – wie im Fachartikel auf S. 8 ff. beschrieben wird – zumindest einige der Lipoprotein-Fraktionen noch weiter aufgliedern lassen. Für die Fraktion der LDL-Partikel unterscheidet man drei weitere Unterfraktionen, von denen die kleinste, die small-dense-LDL(sdLDL)-Fraktion, Cholesterin in sehr dicht gepackter Struktur enthält [1]. Das sdLDL steht im Verdacht, besonders atherogen zu sein [2].
Die Darstellung der unterschiedlichen Lipidfraktionen gelang bisher nur mittels Ultrazentrifugation oder NMR-Spektroskopie. Jetzt kommt eine neue Methode auf den Markt, die es erlaubt, das Cholesterin aus der sdLDL-Fraktion in einem homogenen Assay auf Analyzern der Klinischen Chemie quantitativ zu bestimmen (S. 33). Das Verfahren besteht aus zwei Schritten, die beide in wässriger Lösung ablaufen (s. unten). Zuerst werden alle Lipoprotein-Fraktionen außer sdLDL durch ein genau charakterisiertes Tensid und Sphingo­myelinase zerstört. Das aus diesen Partikeln freigesetzte Cholesterin wird letztendlich durch verschiedene weitere Enzyme bis zu Wasser und Sauerstoff abgebaut. Im zweiten Schritt wird dann durch den Einsatz eines zweiten Tensids das Cholesterin aus den sdLDL-Partikeln freigesetzt, das dann – diesmal bei gehemmter Katalase – bis zum H2O2 abgebaut und in einer Farbreaktion nachgewiesen wird (siehe Abb. 1).

Diabetes-Langzeitparameter HbA1c voll automatisiert

Neben der Dyslipidämie ist der Diabetes mellitus eine der Hauptursachen für Artherosklerose und damit für KHK und Schlaganfall. Diabetes-Patienten benötigen ein lebenslanges engmaschiges Monitoring des Blutzuckerspiegels. Dabei geht es um die Minimierung von Folgeschäden. Nach wie vor eine der wichtigsten Methoden hierfür ist die Bestimmung des HbA1c-Wertes, der einen Rückblick auf den Blutzuckerspiegel der letzten 90–120 Tage gibt. Die Glykierung der Hämoglobin-Moleküle steht in direktem Zusammenhang mit dem Blutzuckerspiegel einer Person. Glukose aus dem Blut bindet kovalent an das N-terminale Valin der ß-Kette des Hämoglobins. Da die Erythrozyten eine Halbwertszeit von in etwa 120 Tagen haben, spiegelt der HbA1c-Wert den Blutzuckerspiegel über diesen Zeitraum wieder.
Die Referenzmethode der International Federation for Clinical Chemistry (IFCC) für die HbA1c-Bestimmung ist die Kapillarelektrophorese (s. S. 33). Dazu wird von den aus einer Patientenprobe gewonnen Hämoglobin-Molekülen mittels einer Endoproteinase jeweils ein N-terminales Hexapeptid der ß-Kette abgetrennt. Die Hexapeptide mit und ohne Glykierung werden dann mittels Kapillarzonenelektrophorese aufgrund des unterschiedlichen Laufverhaltens im elektrischen Feld voneinander getrennt und quantifiziert. Das Verfahren erlaubt den internationalen Vergleich der ermittelten Werte.
Diese technisch sehr anspruchsvolle Methode lässt sich mittlerweile vollständig automatisieren - von der Durchmischung der Probe über Cap-Piercing, Probenauftrag und die anschließende Auftrennung im elektrischen Feld bis hin zur Übertragung der Ergebnisse an das Labor-Informations-System. Dadurch sinkt der personelle Aufwand für diese häufig durchgeführte Methode deutlich. Außerdem können neben HbA1c auch andere Hämoglobin-Varianten, z. B. bei Thalassämien oder fetales Hämoglobin, nachgewiesen werden.

Point-of-Care-Diagnostik

Egal ob am POC, in der Notaufnahme, in Stroke Unit und OP, in Ambulanzen, im Rettungswagen – es kommt auf Geschwindigkeit und gleichzeitig auf verlässliche Ergebnisse an. Das Spektrum an Nachweismethoden, die am POC nicht mehr nur für die Akutdiagnostik verfügbar sind, ist sehr umfangreich geworden (s. S. 32) und umfasst neben klassischen Methoden wie der Blutgasanalyse, Blutzuckermessungen und der kardialen Akut-Diagnostik, z. B. Troponine, D-Dimer, auch Analysen aus vielen anderen Diagnostik-Bereichen. Darüber hinaus gibt es auch am POC Geräte, die kleine Serien, z. B. für Ambulanzen, innerhalb kürzester Zeit messen können.    

Ich danke Prof. Dr. Arnold von Eckardstein, Universitäts-Spital Zürich, für seine fachliche Unterstützung.

 

Dr. Gabriele Egert
Mitglied der Redaktion

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