Digitale Pathologie: Treiber der Automatisierung

Jetzt leben wir seit über einem Jahr in einer Pandemie, die unser aller Leben ziemlich auf den Kopf stellt. Eine Folge davon ist eindeutig eine Beschleunigung der Digitalisierung in vielen beruflichen und auch in privaten Bereichen. In der Pathologie gab es schon lange sehr gute Gründe für eine Digitalisierung – und wenn sie „nur“ der Entlastung der Pathologen von den zeitraubenden Fahrten dient, die diese unternehmen, um externen Laboren ihre fachliche Expertise zur Verfügung zu stellen.
Es gibt auch durchaus Gründe für die zögerliche Digitalisierung, gerade in der Pathologie. Einer liegt in den riesigen Datenmengen, in den Milliarden von Pixeln, die anfallen, um ein digitales Abbild eines histologischen Gewebeschnittes zu erstellen. Unserer tabellarischen Gegenüberstellung digitaler Scanner (Heft 2/2019) kann man entnehmen, dass es an dieser Stelle noch große Unterschiede gibt. Außerdem gibt es Bestrebungen, durch „Herausrechnen“ von durch die Färbung verursachten Daten das Volumen weiter zu reduzieren. Große Hoffnungen liegen auf den Methoden der Künstlichen Intelligenz, die zukünftig die Bildgebung weiter revolutionieren werden.
Diese Datenmengen müssen – eventuell in einer Cloud – gespeichert, ausgewertet, mit Kollegen geteilt und letztendlich über einen langen Zeitraum archiviert werden. Dafür sind dann auch entsprechende Datenschutzmaßnahmen erforderlich, wie sie ja mittlerweile in der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) festgelegt sind. Und es wird natürlich ein flächendeckend starkes Mobilfunknetz benötigt, mit dem die Datenübertragung innerhalb angemessener Zeiten realisierbar ist. Außerdem müssen die Pathologen Vertrauen zu dem aufbauen, was sie da nicht unter dem Mikroskop, sondern am Bildschirm sehen. Nicht vergessen darf man die Kosten, oder die Sorge vor hohen Kosten; auch diese werden vermutlich eine Rolle spielen.

Die Basis

Die Basis der digitalen Pathologie sind die Slidescanner, welche die mikroskopischen Ansichten der eingebetteten und gefärbten Gewebeschnitte in ein digitales Abbild überführen und in diesem Format zur Befundung am Bildschirm aufbereiten. Es gibt viele Möglichkeiten für den Einsatz eines digitalen Scanners im Pathologie-Labor. Sie können beispielsweise über Nacht laufen, sodass am nächsten Tag gleich mit der Auswertung der Bilder begonnen werden kann. Sie können aber auch – wieder für den Einstieg in die Digitalisierung – zur platzsparenden Archivierung der bereits befundeten Schnitte eingesetzt werden. Es gilt, in einer Zeit, in der das diagnostische Volumen kontinuierlich steigt, Fachpersonal Mangelware ist und auch der Nachwuchs fehlt, die vorhandenen Ressourcen geschickt zur Entlastung der Pathologen einzusetzen. Da hilft die Digitalisierung.

Schrittweise Integration

Der Weg in die Digitalisierung scheint steinig zu sein. Zumindest gehen die Hersteller von Slidescannern mittlerweile dazu über, den Pathologie-Laboren Beratung bei der Integration von digitalen Arbeitsschritten in ihr bestehendes analoges Labor anzubieten. Die Empfehlung zielt hierbei darauf ab, die Digitalisierung in kleinen Schritten für einen gut abgrenzbaren Bereich zu beginnen. Das könnte z. B. eine kleine Labor-Dependance mit einem niedrigen Aufkommen an Gewebeschnitten, ein Arbeitsplatz mit relativ geringem Probenaufkommen oder ein Teilprozess eines Labors sein. Die so gesammelten Erfahrungen können dann in die weiteren Digitalisierungsschritte einfließen. Ein im kleinen Rahmen etablierter Prozess lässt sich dann innerhalb des Labors schrittweise auf alle relevanten Prozesse ausdehnen. Die Digitalisierung der Pathologie befindet sich wahrscheinlich am Beginn einer exponentiellen Wachstumsphase, beschleunigt durch die aufgrund der Corona-Pandemie deutlich veränderten Rahmenbedingungen.

Digitalisierung und Automatisierung

Es hat einen Grund, dass in dieser Produktübersicht neben den Anbietern digitaler Scanner auch zwei Anbieter von Pathologie-Informationssystemen vertreten sind. Denn diese unterstützen den gesamten Workflow mit den notwendigen Informationen zu Auftrag und Arbeitsplatz, mit Expertensystemen zur Unterstützung der Befundung, sorgen für die optimale Einbindung von Laborautomaten und vielem mehr – und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen digitalen oder analogen Arbeitsplatz handelt. Sie erlauben einen schnellen Gesamtüberblick über das Labor und geben den Blick frei auf die Bereiche, die beispielweise gut digitalisiert werden können. Diese Systeme sind das digitale Rückgrat eines Labors. Somit ist ein modernes, stabiles und an den Workflow anpassbares Pathologie-Informationssystem das Fundament, auf dem die Digitalisierung der Pathologie aufbaut.
Die Digitalisierung ist ein – sicher großes – Teilgebiet der Automatisierung, die in allen Laborbereichen der medizinischen Diagnostik voranschreitet. Wie ein solches Gesamtkonzept aussehen kann, wie die Pathologielabore bei der standortübergreifenden Umsetzung unterstützt werden können, stellt ein Anbieter in seiner Grafik sehr übersichtlich dar. Dieses Szenario zeigt gleichzeitig die Optionen für Teilschritte zur Digitalisierung auf.

Dr. Gabriele Egert
Mitglied der Redaktion

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