Eine Sonderausgabe zum 25-jährigen Jubiläum

1997 erschien Trillium Dia­gnostik zum ersten Mal – damals noch unter dem Namen LaborManagement aktuell – als Supplement von KlinikManagement aktuell (herausgegeben vom Wikom-Verlag, heute Thieme). Nachdem seither eine ganze Generationenspanne vergangen ist, lohnt es, einen kurzen Blick auf das Jahr 1997 zurückzuwerfen.

Drei Jahre zuvor hatte ich ein kleines Beratungsunternehmen für medizinische Laboratorien gegründet, das ein Sprachrohr benötigte, um innovative Begriffe wie Labormanagement und Laborautomation in der Fachwelt bekannt zu machen. Heute unvorstellbar, dass diese Wörter damals noch nicht geläufig waren, vergleichbar etwa den Begriffen Direct-to-Consumer-Testing oder In-vitro Diagnostics Regulation, um die es in dieser Sonderaus­gabe geht. 1997 gab es in Europa weder „Laborketten“ noch „Laborstraßen“, sondern nur rund 20.000 weitgehend separat agierende Einzellabore, in deren engen Räumlichkeiten sogenannte Stand-alone-Analyzer mit viel Handarbeit und geringer Effizienz betrieben wurden.

 

Zehn Jahre stetigen Wandels

Inzwischen wurde aus dem Beratungsunternehmen Trillium ein medizinischer Fachverlag und aus dem Supplement ein eigen­ständiges Fachmagazin, das ab 2003 Trillium Report und ab 2013 schließlich Trillium Diagnostik hieß. 2012 erschien dann auch unser erstes Sonderheft Labordiagnostik in Deutschland, in dem wir die Entwicklung der Laboratoriumsmedizin, insbesondere auch die des Facharztberufs und der Laborverbünde in Deutschland dokumentierten.

Die Fachautoren von damals haben sich dankenswerterweise auch zehn Jahre später wieder bereit erklärt, die aktuelle Situation aus ihrer Sicht darzustellen. „2012 bis 2022 – zehn Jahre stetigen Wandels“ lautet die Überschrift des Rückblicks von Dr. Michael Müller, Vorstandsvorsitzender des Berufsverbandes Akkreditierter Labore in der Medizin ab Seite 8; darin ist sogar der jüngste Umbruch, den das Fach im Gefolge der Corona-Pandemie erlebt hat, bereits ein Stück Geschichte. 

Ab Seite 24 gibt PD Dr. Matthias Orth, Sektionsvorsitzender in der Fachgesellschaft DGKL und im Berufsverband BDL, ein Update seines damaligen Beitrags über die Zukunft des laborärztlichen Berufsbildes – einer Zukunft, die wohl wesentlich durch Personal- und Nachwuchsmangel geprägt sein wird. Man kann das sorgenvoll sehen, aber es ist auch durchaus legitim zu sagen: Es dürfte für junge Menschen wieder sehr attraktiv werden, diesen Beruf mit all seinen Facetten und Perspektiven zu ergreifen.

Als Neuzugänge begrüßen wir in dieser Ausgabe zwei renommierte Autorinnen mit Beiträgen zu hochaktuellen Entwicklungen der Labortatoriumsmedizin: Christiane Maschek, Präsidentin des Dachverbandes DVTA, schildert ab Seite 19 die gesetzlichen Neuerungen, die 2023 im Bereich der medizinisch-technischen Berufe Gültig­keit erlangen, und Stefanie Giesener, Vorstandsmitglied des Industrieverbandes VDGH, berichtet über die EU-Verordnung für In-vitro-Diagnostika, die im Mai dieses Jahres in Kraft trat und nun zügig umgesetzt werden muss.

 

Brücken statt Gräben

Zudem stellen deutsche Labore – vom lokalen MVZ bis zum weltumspannenden Konzern – auf den Seiten 13 bis 18 ihre Sicht auf die Gegenwart und Zukunft der Laboratoriumsmedizin dar. Dabei werden Themen der Fachartikel aus der Perspektive der täglichen Praxis aufgegriffen, beispielsweise das Werben um qualifizierte Mitarbeiter:innen auf ärztlicher und technischer Ebene oder die notwendige Effizienzsteigerung durch Automatisierung und Digitalisierung aller analytischen und perianalytischen Prozesse.

Ein Leitgedanke wird hierbei besonders deutlich: Die technisch-diagnostischen Fächer sind jedes für sich zu klein, um im großen Konzert der Medizin wirtschaftlich mithalten und sich berufspolitisch Gehör verschaffen zu können. Deshalb erscheint es nur folgerichtig, dass in den letzten Jahren alte Gräben zwischen den Sektoren und Disziplinen durch Brücken überwunden wurden: Niedergelassene versorgen Krankenhäuser und Krankenhäuser gründen MVZs unter Laborbeteiligung; Naturwissenschaften und Medizin, Klinische Chemie und Mikrobiologie, Routine- und Spezialanalytik sind heute wie selbstverständlich unter einem Dach vereinigt; und zunehmend beobachten wir auch eine engere Verzahnung von Laboratoriumsmedizin, Pathologie und Humangenetik innerhalb einer fächer­übergreifenden organisatorischen Einheit.

Dass Automation und Digitalisierung heute zum Stand der Technik geworden sind, wird ganz besonders auch aus den Anzeigen der Diagnostika-Unternehmen in dieser Ausgabe klar. An die Stelle der Stand-alone-Analyzer sind Geräteplattformen getreten, die inzwischen nicht nur klassische Disziplinen wie Klinische Chemie und Immunchemie, sondern auch komplexe Spezialbereiche wie etwa die Durchflusszytometrie oder die Molekulardiagnostik konsolidieren.

 

Generationswechsel

Diese Entwicklung markiert den Höhe­punkt, möglicherweise aber auch das allmähliche Ende der sogenannten „dritten Generation der Laborsysteme“, die in den 1990er-Jahren entwickelt und in den Nullerjahren in Deutschland eingeführt wurde. Es war exakt diese Entwicklung, die wir mit unseren Zeitschriften 25 Jahre lang verfolgt und kommentiert haben.

Auf der Basis von Computersimulatio­nen des Diagnostika-Weltmarktes hatte ich gemeinsam mit dem Kollegen Peter Luppa von der TU München vor zehn Jahren die Ablösung der dritten Generation für das Jahr 2025 vorhergesagt1. Wichtige Kennzeichen der erwarteten vierten Generation sollten Miniaturisierung, Parallelisierung und Vernetzung sein. Mit Microarrays und Next Generation Sequencing, Massenspektrometrie und Big-Data-Auswertungen auf den Servern großer Internetkonzerne zeichnet sich bereits ab, dass wir mit unserer Vorhersage nicht völlig falsch lagen.

Wie also geht es weiter? Die Pandemie hat gezeigt, wie schnell und effizient die moderne Labormedizin auf neue Herausforderungen reagieren kann – man denke nur an die gewaltige Leistungssteigerung im Bereich molekularbiologischer Tests innerhalb weniger Wochen. Sie hat uns aber auch vor Augen geführt, welche enormen Zentrifugalkräfte weg vom klassischen Labor durch die „Popularisierung“ von Assays in Form millionenfach durchgeführter Schnelltests auftreten.

Deshalb sei abschließend die Prognose gewagt, dass Automation und Zentralisierung zur Bewältigung großer Analysenzahlen weiterhin notwendig sein werden, dass wir uns aber auf eine erhebliche Gegenbewegung in Richtung Dezentralisierung vorbereiten sollten, die eine wachsende Zahl von Labortests ubiquitär verfügbar macht und eigenen Gesetzen unterliegt.

1 Die vierte Generation der Laborsysteme. In: POCT – Patientennahe Labordiagnostik, Springer 2012. 
link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-642-20172-1_34.