Labordiagnostik – immer und überall verfügbar

Update POCT-Systeme

Klinische Chemie und Immunchemie, Hämatologie und Gerinnung, Blutgasanalytik und Erregerdiagnostik – es gibt kaum noch ein Gebiet der Labormedizin, das nicht von POCT-Geräten erschlossen wäre. Entsprechend vielfältig ist die Produktpalette, die wir in dieser Ausgabe vorstellen – und entsprechend komplex sind die Tabellen.

Im Vergleich zu unserer letzten POCT-Übersicht aus dem Jahr 2016 sind mehrere neue Anbieter hinzugekommen, andere haben fusioniert, und nicht wenige bieten ein deutlich erweitertes Produktspektrum an. Damit Sie den Überblick nicht verlieren, finden Sie detaillierte Produktinformationen der einzelnen Hersteller auf dieser und den nächsten Seiten sowie eine ausführliche „Leseanleitung“ für die Tabellen.

 

Die Klassiker

Blutgase und Blutzucker, die beiden Vorreiter der Point-of-care-Tests, machen auch heute noch den Löwenanteil des Gesamt­umsatzes aus. Die Blutzuckermessung erfolgt mit Handhelds aus kleinsten Probenmengen von etwa 0,6 µl Blut. Blutgasanalysatoren bilden heute oft ein umfangreiches Spektrum der Klinischen Chemie ab, insbesondere inklusive Elektrolyten, Metaboliten etc.

Neben dem Blutzucker hat sich HbA1c in der Diabetologie fest etabliert und steht mittlerweile ebenfalls am Point of Care – beispielsweise in Fachambulanzen – zur Verfügung. Die Boronat-Affinität des HbA1c, die bei der IFCC-Referenzmethode nur zur Aufreinigung genutzt wird, kommt hier als Teil der Analytik in Kombination mit einem optischen Fluoreszenz-Quenching-Verfahren zum Einsatz. Das POC-Gerät  liefert innerhalb von vier Minuten ein Ergebnis , sodass dem Patienten die Qualität der Blutzucker­einstellung sofort mitgeteilt werden kann.

 

Erweitertes Spektrum

Das erweiterte Spektrum der Blutgas­geräte hat zur Folge, dass für die gleichzeitige Bestimmung von Elektrolyten nun anstelle des Komplexbildners EDTA in der Regel Heparin als Antikoagulans zum Einsatz kommt.

Neben den klassischen POCT-Anwendungen werden immer mehr Gerätesysteme angeboten, die als „Minilabore“ ganze Satellitenstandorte versorgen können. Hierfür reicht die klinische Chemie alleine nicht mehr aus; auch ein basales Spektrum aus der Hämatologie und Hämostaseologie muss verfügbar sein. Eines der vorgestellten Systeme liefert neben den klassischen Blutbildparametern Hämoglobin und Hämatokrit auch ein großes Blutbild mit Vordifferenzierung der Lymphozyten.

In der Hämostaseologie finden sich neben den klassischen Globaltests auch Assays für D-Dimer und Thrombozytenaggregation, und an immunchemischen Tests sind die Herzmarker Troponin T/I und BNP/NT-proBNP zu nennen. Beim CRP fällt auf, das der lineare Messbereich inzwischen auf unter 1 mg/l erweitert werden kann (in der Tabelle als high sensitivity bzw. wide range bezeichnet). Damit erhält man neben der Unterscheidung von viralen und bakteriellen Infektionen nun auch Aussagen zu chronischen Entzündungen und zum kardiovaskulären Risiko.

 

Aktuelles Thema: Infektiologie

Spricht man in größeren Einrichtungen mit Klinikern auf der Intensivstation oder in der Notaufnahme, so hört man oft, dass die Versorgung durch das Zentrallabor in aller Regel ausreichend schnell ist, sodass die genannten Erweiterungen eigentlich gar nicht nötig sind. Bei genauerer Nachfrage, ob es denn wirklich keine weiteren Wünsche gäbe, stellt sich dann doch eine Schwachstelle heraus: die langen Antwortzeiten in der Infektiologie, bedingt zum einen durch die Bakterienkultur über 24 bis 48 Stunden, zum anderen durch den hohen technischen Aufwand bei molekularbiologischen Untersuchungen. Zum Beispiel wäre ein schneller Influenza-Test tatsächlich eine Verbesserung, in die zu investieren sinnvoll sein könnte, um entsprechende Isolierungsmaßnahmen sofort einleiten zu können.

Aus diesem Grunde widmen wir den molekularbiologischen POCT-Geräten erstmals eine separate Tabelle. Sieben Systeme werden dort vorgestellt, die innerhalb von maximal einer Stunde, zum Teil auch bereits nach wenigen Minuten, ein Ergebnis liefern. In der Regel kommt die PCR in unterschiedlichen Varianten zum Einsatz, aber auch Immunoassays, isothermale Amplifiaktion sowie ein neuartiges Silber-Amplifikations-Verfahren finden sich in dieser Tabelle.

Im Vordergrund stehen bei den infektio­logischen Assays respiratorische Viren und Bakterien. Vier Systeme weisen Influenza A + B, eines weitere Subtypen nach. Interessant dürften auch die unterschiedlichen Probenmaterialien von Blut, Urin und Liquor bis zum Stuhl und vom trockenen Abstrichtupfer bis zum flüssigen Universalmedium sein.

 

Middleware

Die Vielzahl der verfügbaren Systeme macht eine zentrale Datenverwaltung speziell für den POCT-Bereich fast unerlässlich. Viele Hersteller bieten eine Middleware an, die entweder auf die eigenen Systeme zugeschnitten oder auch offen für verschiedene Anbieter sein kann. Diese Software ist der zentrale Knotenpunkt für die Überwachung der Qualitätssicherung, die Wartung der Geräte und die Weiterleitung der gemessenen Werte an die Behandler sowie die Labor-IT. Einige Teilnehmer unserer Übersicht haben sogar mehrere Softwaresysteme im Angebot.

 

Ausblick

Alle hier vorgestellten Geräte sind als Stand-alone-Systeme mit separaten Probenzugängen konzipiert, die sehr unterschiedliche Analysen- und Softwarekonzepte verfolgen. Für die Zukunft wünschenswert wären konsolidierte Systeme nach dem Muster der großen Automationssysteme im Zentrallabor, bei denen man mit einer Probe unterschiedliche Analysenmodule erreichen und das gesamte „POCT-Labor“ von einem einzigen Computer aus überwachen und steuern kann.

Der Entwicklungsaufwand hierfür ist allerdings gewaltig, sodass derart komfortable Systeme wohl noch einige Jahre auf sich warten lassen.

 
Dr. Gabriele Egert

Mitglied der Redaktion

 

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