Neue Strategie auf dem Prüfstand
Krebsvorsorge beim Zervixkarzinom
Ab 2016 ist eine Testphase für ein HPV-basiertes Primärscreening zum Zervixkarzinom geplant. Noch sind allerdings viele methodische und medizinische Fragen offen.
In der Krebsvorsorge stehen möglicherweise große Veränderungen bevor: Es gibt in Deutschland derzeit ein sogenanntes „opportunistisches Screening“ zur Prävention des Zervixkarzinoms, das im Rahmen des Nationalen Krebsplanes durch ein „organisiertes Screening“ ersetzt werden soll. Die geplanten Änderungen werden auch für das Fach Pathologie Konsequenzen bezüglich Methodik und Fallzahlen haben.
Bisher ist der Gynäkologe bei Frauen im Alter von 20–22 Jahren zu einem einmaligen Aufklärungsgespräch verpflichtet; danach hat jede Frau Anspruch auf ein jährliches Screening ohne Altersbegrenzung nach oben. Mit einem Beschluss vom 19.03.2015 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) nun das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) beauftragt, innerhalb von 18 Monaten ein Einladungsschreiben und eine Versicherteninformation zu erstellen, um ein „organisiertes Screening“ zu starten.
Sechsjährige Erprobungsphase
Dieses Modell sieht ein HPV-basiertes Primärscreening in fünfjährigem Intervall vor. Alternativ können Frauen auch das bisher jährliche Zytologie-basierte Screening in Anspruch nehmen. In einer Übergangsphase werden Daten zur Screeningstrategie gesammelt und ausgewertet. Die überlegene Methode soll dann künftig flächendeckend eingeführt werden.
Die Erprobungsphase kann 2017/2018 beginnen und soll sechs Jahre dauern, so dass frühestens 2023 ein möglicher Strategiewechsel beschlossen werden kann. In der Begründung des G-BA wird aber deutlich, dass schon jetzt von einer Überlegenheit des HPV-Tests ausgegangen wird. Inwieweit die Frauen in dem Einladungs- und Informationsschreiben des IQWIG neutral beraten werden oder aber tendenziell eine Empfehlung für die HPV-basierte Strategie erhalten, bleibt offen. Die Frage, ob ein Wechsel innerhalb der Optionsmöglichkeiten kontrolliert bzw. ausgeschlossen werden kann, ist noch nicht geklärt.
Kritische Anmerkungen
In der dänischen HORIZON-Studie wurden vier HPV-Testsysteme verglichen; die Übereinstimmung betrug nur 29%. Aus anderen Studien geht hervor, dass der HPV-Test bis zu 20% falsch negative Befunde liefert, und auch in den USA weisen Studien darauf hin, dass der HPV-Test als alleiniges Screening, insbesondere in längeren Intervallen, kritisch gesehen werden sollte.
Vor einem möglichen Strategiewechsel muss also die Effizienz des alternativen Programms sicher belegt sein. Und bevor der G-BA eine neue Richtlinie beschließt, muss eine Stellungnahme der wissenschaftlichen Fachgesellschaften eingeholt werden. An dieser Stelle wird der Bundesverband Deutscher Pathologen (BDP) gemeinsam mit weiteren Berufsverbänden und Fachgesellschaften (DGP, KoKoZyt) tätig werden, um eine neutrale Aufklärung der betroffenen Frauen zu gewährleisten.
Birgit Pöschel, Vorstandsmitglied
Bundesverband Deutscher Pathologen e. V.
www.pathologie.de
Dieser Beitrag basiert auf einem Mitgliederrundschreiben des Berufsverbands vom 2.12.2015.