Was kann die Impfung?

Humane Papillomviren

Die Impfung gegen humane Papillomviren zeigt sehr gute Wirksamkeit, nicht nur gegen Gebärmutterhalskrebs und andere HPV-assoziierte Malignome, sondern auch gegen gutartige Genitalwarzen.

Vor 40 Jahren ging man noch davon aus, dass es nur ein einziges Papillomvirus gibt, das – dem Namen entsprechend – „Warzen“ verursacht. Heute kennt man ca. 200 verschiedene humane Papillomvirus-Typen, die neben Warzen auf dem verhornenden Plattenepithel eine Vielzahl benigner und maligner Tumoren verursachen. Sie kommen überwiegend auf den Schleimhäuten vor, und zwar genital und extragenital (siehe Tab. 1). Maligne Tumoren werden durch high-risk-, benigne durch low-risk-HPV-Typen verursacht. Unter den ersteren dominieren die Typen 16 und 18, die ca. 75% aller Zervixkarzinome und deren Vorstufen verursachen; von den letzteren findet man am häufigsten die Typen 6 und 11, die u. a. Genitalwarzen verursachen.
Die Viren treten meist durch Verletzungen in das Epithel ein und binden zunächst an die Basalmembran, bevor sie die Basalzellen infizieren. Dort vermehren sie sich in Abhängigkeit vom Differenzierungsstand der Wirtszelle und können die Wirtszellen über regulatorische Proteine zu vermehrtem Wachstum anregen. Da sich die Erreger nur im Epithel befinden, kann kaum Kontakt zu antigenpräsentierenden Zellen stattfinden.

Immunität
HPV-Infektionen sind noch vor Herpes genitalis und Chlamydien-Infektionen die häufigsten sexuell übertragbaren Erkrankungen; die Ansteckung kann auch schon beim Neugeborenen über den Geburtsweg stattfinden. Ca. 50 bis 80% aller sexuell aktiven Frauen sind mit HPV infiziert. Davon kommt es bei etwa 80% zur Ausheilung nach 8 bis 18 Monaten, bei den verbleibenden 20% spricht man dann von einer persistierenden Infektion. Nur etwa die Hälfte aller infizierten Personen bildet Antikörper gegen das Oberflächenprotein L1 (s. S. 216), und auch nur in sehr niedriger Konzentration; sie bieten deshalb keinen sicheren Schutz vor einer Re-Infektion. Dennoch konnte der amerikanische Virologe Richard E. Shope bereits 1937 an Hasen zeigen, dass eine Impfung mit Papillomviren vor der Entstehung von Warzen schützt. Seit 1995 ist belegt, dass dieser Schutz auf humoraler, die Ausheilung bestehender Infektionen aber auf zellulärer Immunität basiert.
Zur Diagnostik HPV-assoziierter Läsionen spielt die Serologie keine Rolle. Für den Erregerdirektnachweis und zur Typisierung kommen verschiedene Nukleinsäure-Amplifikations-Techniken zur Anwendung. Geeignetes Material sind Bio­psien oder Cervix-Abstriche.

Impfung
Seit 2007 und 2008 gibt es in Deutschland zwei Impfstoffe gegen HPV. Es handelt sich dabei um einen bivalenten, der die high-risk-Typen 16 und 18 enthält, und um einen quadrivalenten, der zusätzlich die low-risk-Typen 6 und 11 enthält (Tab. 2). Als Antigene werden die Typ-spezifischen Oberflächenproteine L1 in Form von VLPs (virus-like particles) rekombinant hergestellt. Die Antikörpertiter steigen nach der Impfung zunächst steil an, fallen innerhalb der ersten 18 Monate rasch ab und pendeln sich dann auf einem Niveau ein, das 10- bis 100-fach höher liegt als nach einer natürlichen Infektion. Über mindestens acht Jahre zeigt sich im weiteren Verlauf kaum ein Titerabfall, sodass vermutlich keine Auffrischung notwendig ist.
Zulassungsstudien zeigen die üblichen Nebenwirkungen von Impfungen, zum Beispiel lokale Rötung, Schwellung und Schmerzen sowie systemische Reaktionen, die ein allgemeines Krankheitsgefühl erzeugen. Für schwere lebensbedrohliche Nebenwirkungen gibt es auch aus großen Anwendungsbeobachtungen keine Hinweise.
Die Impfrate liegt in Deutschland wie auch in den USA mit weniger als 50% recht niedrig. Dänemark, Großbritannien und Australien erreichen dagegen 70 bis 80%.

Zervixkarzinom

In Deutschland empfiehlt die ständige Impfkommission STIKO die Impfung aller Mädchen von 9 bis 17 Jahren, um die Krankheitslast durch Gebärmutterhalskrebs zu reduzieren. Davon betroffen sind etwa 1% der infizierten Frauen, was in Deutschland einer Inzidenz von 13 pro 100.000 entspricht. Jährlich kommt es dadurch zu ca. 2.500 Todesfällen. Die Vorstufen, CIN1 bis CIN3, führten vor Einführung der Impfung pro Jahr zu geschätzten 140.000 operativen Eingriffen am Muttermund (Konisationen).
Inwieweit sich diese Zahlen durch die Impfung reduzieren lassen, wurde und wird in klinischen Studien getestet. Für die Vorstufen CIN2 und 3 ergaben sich Wirksamkeiten von 65–95%, unabhängig vom verursachenden HPV-Typen, und bis zu 100%, wenn man nur die Typen 16 und 18 betrachtete. Daher ist davon auszugehen, dass die Impfung hochwirksam vor Zervixkarzinomen schützt; dies konnte wegen des jahrelangen Verlaufs von den Vorstufen bis zum Karzinom bisher aber nicht direkt gezeigt werden, weil in den Studienpopulationen noch keine Krebs­fälle aufgetreten waren – auch nicht in den Placebo-Gruppen. Zur Prophylaxe anderer Malignome, vor allem des Analkarzinoms und dessen Vorstufen, gibt es ebenfalls Daten, die eine sehr gute Wirksamkeit belegen. Studien zu HPV-assoziierten Malignomen im Kopf-Hals-Bereich werden folgen.

Gutartige Tumoren
Der quadrivalente Impfstoff ist außerdem zur Prophylaxe von Genitalwarzen bei Männern und Frauen zugelassen. Die STIKO gibt hierzu bisher jedoch keine Empfehlung. Anders die sächsische Impfkommission und die S3-Leitlinie zur Impfprävention HPV-assoziierter Neoplasien der AWMF, die auch die Impfung von Jungen und Männern empfehlen.
Grundlage dafür sind u. a. Daten aus Australien; dort konnte seit der Einführung der Impfung von Mädchen ein Rückgang der Inzidenz der Genitalwarzen bei jungen Frauen um 85% verzeichnet werden. Mit einer zeitlichen Verzögerung von ca. einem Jahr trat dieser Effekt auch bei den (ungeimpften) jungen Männern auf. Diese profitierten also offensichtlich von einer Herdenimmunität.
Bei der Frage, ob auch Männer gegen HPV geimpft werden sollten, haben sich zwei „Lager“ gebildet. Die einen verweisen auf die Herdenimmunität, die anderen bemängeln, dass diese nur funktioniert, wenn mindestens 50% der Frauen geimpft sind, dass sich aber einzelne Individuen nicht darauf verlassen können, und dass homosexuelle Männer davon gar nicht profitieren können.

Respiratorische Papillomatose
Als recht seltene, aber mit erheblichem Leidensdruck verbundene Erkrankung ist die rezidivierende respiratorische Papillomatose (RRP) zu nennen. Sie wird  fast immer durch die low-risk-HPV-Typen 6 und 11 verursacht und betrifft überwiegend die Stimmlippen. Allerdings  kann sie sich in die Nachbarschaft ausdehnen und auch maligne entarten. Neben erheblichen Stimmproblemen sind lebensbedrohliche Zustände durch Verlegung der Atemwege möglich. Man unterscheidet eine juvenile Form (Haupterkrankungsalter 2–4 Jahre) und eine adulte Form (20–40 Jahre).
Die Papillome können chirurgisch oder mit Cidofovir lokal behandelt werden, Rezidive sind jedoch die Regel. Insbesondere bei der juvenilen Form treten diese auch mehrmals im Jahr auf. Es gibt einige Fallbeschreibungen und Fallserien, in denen betroffene Patienten nach Impfung mit dem quadrivalenten Impfstoff zu etwa der Hälfte rezidivfrei waren; bei etwa einem weiteren Viertel kam es zumindest zu einer Verlängerung der Rezidivintervalle. Randomisierte kontrollierte Studien gibt es hierzu leider nicht, diese können nur in Zusammenarbeit mit dem Impfstoffhersteller durchgeführt werden.