Bei kolorektalen Tumoren lässt sich eine Vielzahl von Mutationen nachweisen, was auf multiple Wege der Tumorentstehung hindeutet [1]. Mit der Frage, welchem der vielen möglichen Wege die einzelnen Tumoren folgen, beschäftigen sich viele Forscherteams. Allerdings sind auf direkte Beobachtung beruhende Tumoranamnesen problematisch, da Adenome routinemäßig entfernt werden. Außerdem könnten sich die notwendigen Überwachungszeiträume über Jahrzehnte erstrecken, da Adenome vor dem Auftreten von Krebs oft jahrelang persistieren.
Es wurde bereits mehrfach die Hypothese aufgestellt, dass einige der in Tumoren gefundenen somatischen Mutationen bereits vor der Tumorentstehung auftreten. Um Einblicke hierzu zu gewinnen, formulierten Forschende der Havard School of Public Health, Boston, USA, ein mathematisches Modell für die Entwicklung somatischer Mutationen [2]. Das Modell macht die Vorhersage, dass die Anzahl der somatischen Mutationen in Tumoren selbst erneuernder Gewebe positiv mit dem Alter der Patient:innen bei der Diagnose korreliert. Es konnte bestätigt werden, dass mindestens die Hälfte der somatischen Mutationen in bestimmten Tumoren selbsterneuernder Gewebe bereits vor dem Ausbruch der Neoplasie auftreten.
Den Metastasen auf der Spur
Der natürliche Verlauf, die klonale Entwicklung und die Auswirkungen der Behandlung von Tumorerkrankungen sind nur unzureichend bekannt. Forschende der Stanford University führten eine vollständige Genomsequenzierung mit Daten von 457 gepaarten Primärtumor- und Metastasenproben von 136 Patient:innen mit Brust-, Darm- und Lungenkrebs, einschließlich unbehandelter (n = 99) und behandelter (n = 100) Metastasen, durch [3]. Behandelte Metastasen wiesen häufig individuelle Treibermutationen auf, unbehandelte dagegen nicht, was darauf hindeutet, dass die Therapie die klonale Evolution fördert. Eine polyklonale Aussaat war bei unbehandelten Lymphknotenmetastasen und bei Fernmetastasen häufig, aber weniger häufig bei behandelten Fernmetastasen. Die niedrige Zahl der klonalen Mutationen in der Metastase passt zur frühen Metastasen-Aussaat, die nach Schätzungen der Forscher:innen bei diesen Tumoren zwei bis vier Jahre vor der Diagnose stattfand. Darüber hinaus deuten die Daten darauf hin, dass die Metastasierung im Vergleich zur frühen Tumorentstehung eher langsam verläuft und dass individuelle Mutationen in der Metastase nicht die Ausbreitung der Tumorerkrankung fördern, sondern mit Therapieresistenzen im Zusammenhang stehen.
Rückfallmuster beim Mammakarzinom
Die Metastasierungshäufigkeit und -wege beim Mammakarzinom sind nur unzureichend bekannt, da es an molekular charakterisierten Patientenkohorten mit langfristigen Nachbeobachtungsdaten mangelt. Besonders wichtig wäre eine langfristige Nachbeobachtung für Patient:innen mit Östrogenrezeptor(ER)-positivem Mammakarzinom, da bis zu zwei Jahrzehnte nach Erstdiagnose Rezidive auftreten können. Daher ist es wichtig, Patient:innen mit einem hohen Risiko für ein Spätrezidiv zu identifizieren. Mit der Rezidivdynamik bei Mammakarzinomen beschäftigten sich Oscar Rueda et al. von der Universität Leiden [4]. Sie identifizierten vier integrative Subtypen mit Spätrezidiven. Diese umfassen etwa ein Viertel (26 %) der Tumoren der ER-positiven, HER2-negativen Tumoren. Auch definierten sie beim triple-negativen Mammakarzinom eine Subgruppe, bei der der Tumor nach fünf Jahren nur selten rezidiviert, sowie eine Subgruppe mit längerem Rezidivrisiko.