Eine erfolgreiche Behandlung des fortgeschrittenen kolorektalen Karzinoms (CRC) hängt – neben der Lage des Primärtumors – wesentlich von der molekularen Signatur des Tumors ab. Dabei sind neben Treibermutationen und dem Verlust von Tumorsuppressorgenen auch epigenetische Faktoren für das Tumorwachstum bedeutsam.
Wie Sebastian Stintzing und Ivan Jelas in ihrem Beitrag zu prognostischen und prädiktiven Markern im Rahmen unseres Schwerpunkts "Kolorektales Karzinom" berichten, stellen der RAS- und BRAF-Status sowie die Frage nach einer Mikrosatelliteninstabilität die derzeit wichtigsten molekularen Marker dar. Sie steuern die Therapie und ermöglichen dadurch eine zielgerichtete oder immunonkologische Behandlung des CRC. Weitere prognostische und prädiktive Marker werden wissenschaftlich erforscht und finden sicher bald Eingang in die Behandlung. Vielversprechende Möglichkeiten zur Therapiesteuerung und zum Monitoring unter laufender Therapie scheint schon heute die Liquid Biopsy zu eröffnen. So können etwa durch den Nachweis von ctDNA im Vorfeld Resistenzen identifiziert werden, die bestimmte Therapiestrategien im Vorhinein als wenig erfolgversprechend erscheinen lassen. Dadurch wird es möglich, die Behandlung immer weiter zu individualisieren.
Auch Sylvie Lorenzen betont in ihren beiden Beiträgen zur Erstlinientherapie und Sequenztherapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms (mCRC) die große Bedeutung einer immer individueller werdenden Therapie. Eine an patientenbasierten Faktoren und am molekularen Profil des Tumors ausgerichtete Erstlinientherapie bildet dabei die starke Basis für etablierte sequentielle Therapiekonzepte. Diese haben in den vergangenen Dekaden maßgeblich dazu beigetragen, die mediane Überlebenszeit von Patienten mit nicht operablen Darmtumoren etwa zu verdoppeln.
Da der Therapieerfolg in späten Linien durch die vorherigen Behandlungen beeinflusst wird, schafft die Therapiewahl in frühen Linien die Voraussetzungen dafür, welche späteren Behandlungslinien noch möglich sind. Die empfehlenswerte Gesamtstrategie beim mCRC besteht darin, sich auf Grundlage einer klugen Patientenselektion für diejenige Behandlungssequenz zu entscheiden, die eine gute Balance zwischen einer Verlängerung des Überlebens und einem Erhalt bzw. einer Verbesserung der Lebensqualität bietet.
Die Autorin geht davon aus, dass sich sequentielle Therapien in den kommenden Jahren noch weiter verfeinern werden, sodass eine immer passgenauere Behandlung möglich wird.
Einen ganz anderen Aspekt bringt Simon Kirste in den Schwerpunkt ein. Sein Beitrag widmet sich neuen Behandlungsstrategien bei Patienten mit operablem, lokal fortgeschrittenem, nicht metastasiertem Rektumkarzinom. Therapiestandard ist hier ein multimodaler Ansatz aus neoadjuvanter Radiochemotherapie, Operation im Sinne einer totalen mesorektalen Exzision und Chemotherapie. Allerding bleiben Morbidität und Mortalität im Zusammenhang mit lokalen und entfernten Organrezidiven sowie Folgen des operativen Eingriffs speziell im Hinblick auf den Kontinenzerhalt weiterhin eine Herausforderung.
Ein neues Paradigma beim Rektumkarzinom, auf das dieser Beitrag besonders fokussiert, ist die neoadjuvante Behandlungsintensivierung, die auf der Grundlage aktueller Studiendaten immer mehr an Bedeutung gewinnt. Der neue Ansatz führt zu einer Verbesserung des krankheitsfreien Überlebens und macht bei einigen Patienten auch eine organ-erhaltende Therapiestrategie möglich.