PD-L1
Die meisten neoplastischen Zellen im Organismus werden durch das Immunsystem erkannt und eliminiert. Tumorzellen können sich der Bekämpfung durch das Immunsystem jedoch durch verschiedene Mechanismen entziehen. Dazu zählt die Dysregulation von Immuncheckpoints, was eine negative Regulierung der T-Zell-vermittelten Immunantwort bewirkt. Durch den Einsatz von Immuncheckpoint-Inhibitoren kann die T-Zell-Antwort des Immunsystems verbessert bzw. wieder angekurbelt werden. Die aktuell zugelassenen Antikörper blockieren meistens die Interaktion des PD-1 (programmed cell death protein 1)-Rezeptors mit seinen Liganden PD-L1/bzw. -L2.Das Ansprechen auf eine solche Blockade der PD-1/PD-L1-Achse fällt in der klinischen Praxis – auch mit Unterschieden zwischen Tumorentitäten – unterschiedlich aus. Bei einigen Entitäten wie beispielsweise beim Melanom oder NSCLC wurden vormals unbekannte Raten an Patienten mit einem Langzeitansprechen beobachtet. Die immunhistochemische Bestimmung der PD-L1-Expression auf Tumor- und/oder Immunzellen ist der aktuell in der Klinik am stärksten etablierte prädiktive Biomarker, für einige Checkpoint-Inhibitoren ist die PD-L1-Testung in manchen Indikationen sogar obligat, bevor eine Therapie begonnen werden kann. Dennoch ist der Stellenwert des PD-L1-Status als prädiktiver Biomarker für das Ansprechen auf eine Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren nicht absolut: Nicht alle Patienten mit positivem PD-L1-Status sprechen an, aber auch Patienten ohne signifikante PD-L1-Expression können von Checkpoint-Inhibitoren profitieren. Als alleiniger prädiktiver Faktor scheint die PD-L1-Expression somit nicht auszureichen. Dennoch ist von einem prädiktiven Potential für das Ansprechen auf eine Anti-PD-1/PD-L1-Therapie auszugehen, sodass in der 6. Folge unserer Biomarker-Serie der aktuelle Kenntnisstand zur PD-L1-Bestimmung beleuchtet werden soll.
PD-L1, Pembrolizumab, Atezolizumab, Cemiplimab, NSCLC, RCC, Melanom, Urothelkarzinom, Nierenzellkarzinom, Hodgkin-Lymphom, Plattenepithelkarzinome der Kopf-Hals-Region, triple-negatives Mammakarzinom
Obwohl das Immunsystem grundsätzlich in der Lage ist, Tumorzellen zu erkennen und zu eliminieren [1], können sich Tumoren über verschiedene Mechanismen einer Immunantwort entziehen. Zu klassischen Escape-Mechanismen gegenüber einer adaptiven T-Zell-vermittelten Immunantwort zählen z. B. der Verlust der (Auto-)Antigen-Expression auf der Tumorzelloberfläche [2, 3], aber auch die aktive Manipulation von wichtigen immunregulatorischen Signalkaskaden, zu deren wichtigsten Vertretern Immuncheckpoints wie CTLA-4(Cytotoxic T-Lymphocyte Antigen-4), PD-1 oder PD-L1/2 zählen [4].
Immuncheckpoint-Moleküle wie CTLA-4, PD-L1/2 und PD-1 spielen in verschiedenen Phasen der Immunantwort eine entscheidende Rolle und regulieren maßgeblich Intensität und Qualität der T-Zell-Antwort [4–6]. Nach der T-Zell-Stimulation verhindert eine inhibitorische Ko-stimulation am Immuncheckpoint eine überschießende Immunreaktion bzw. eine Autoimmunität, fungiert also als eine Art Bremse des Immunsystems. Immuncheckpoints inhibieren somit die T-Zell-Funktion und Proliferation [7, 8]. Tumorzellen können diesen Regelkreis missbrauchen: An der inhibitorischen Kostimulation sind verschiedene Moleküle und Rezeptoren auf T-Zellen, Antigen-präsentierenden Zellen und teilweise auch auf den Tumorzellen selbst beteiligt. Dazu gehören PD-1 und seine Liganden PD-L1 und PD-L2. PD-1 fungiert durch die Interaktion mit seinen Liganden PD-L1 und PD-L2 in verschiedenen Stadien der Immunantwort als negativer Regulator der T-Zell-Aktivität [9–11]. PD-L1 bindet an die PD-1-Rezeptoren der T-Zellen im tumoralen Mikromilieu und bewirkt so eine T-Zell-Inaktivierung bzw. reduzierte T-Zell-Proliferation, kurz eine verminderte T-Zell-Aktivität [12, 13] (Abb. 1).