Fortgeschrittenes Pankreaskarzinom
Neue Kombinationstherapie mit liposomalem Irinotecan
Nicht-liposomales Irinotecan ist eine Komponente des FOLFOXIRI-Regimes, verfügt allerdings über einen komplexen und schnellen Metabolismus, eine nur kurze Halbwertszeit und eine dosislimitierende Toxizität. Liposomales Irinotecan könnte einen Vorteil gegenüber der nicht-liposomalen Formulierung bringen. In einer Phase-I/II-Studie wurde daher die Kombination von liposomalem Irinotecan mit 5-FU/LV und Oxaliplatin (NALIRIFOX) in der Behandlung von therapienaiven Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem duktalem Adenokarzinom des Pankreas (PDAC) untersucht [1].
31 Patienten wurden in 4 Kohorten mit unterschiedlichen Dosierungen behandelt. Nach einer Erweiterung der Phase-Ib-Studie um 25 Patienten hatten insgesamt 32 Patienten das 50/60-Regime mit 50 mg/m2 liposomalem Irinotecan, 2.400 mg/m2 5-FU, 400 mg/m2 LV und 60 mg/m2 Oxaliplatin erhalten. Die Patienten waren im Median 58 Jahre alt, 72 % waren jünger als 65 Jahre. Die Mehrheit der Patienten (87,5 %) wurde im Tumorstadium IV diagnostiziert. Bezüglich der Sicherheit führten Nebenwirkungen bei 81,3 % der Patienten zu Dosisanpassungen und 25 % der Patienten brachen die Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen ab. Bei 53,1 % der Patienten wurden klinisch relevante Nebenwirkungen beobachtet, die bei 9,4 % letal waren. Die häufigsten Nebenwirkungen Grad ≥ 3 waren Neutropenie (31,3 %), febrile Neutropenie (12,5 %) und eine verringerte Neutrophilenzahl (9,4 %).
Ein Ansprechen wurde bei 34,4 % der Patienten beobachtet, 3,1 % der Patienten zeigten eine komplette Remission. Bei weiteren 46,9 % der Patienten wurde eine stabile Erkrankung erreicht. Im Median betrug die Dauer des Ansprechens 9,4 Monate.
Das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) lag bei 9,2 Monaten (95-%-KI 7,69–11,96) und das mediane Gesamtüberleben (OS) betrug 12,6 Monate (95-%-KI 8,74–18,69). In der Studie NAPOLI-3 (Phase III) wird NALIRIFOX nun gegen das Regime Gemcitabin plus nab-Paclitaxel geprüft.
Prävalenz von pathologischen Keimbahn-Varianten
Laut früheren Studien sind etwa 3,8–20,7 % der Patienten mit Adenokarzinom des Pankreas Träger von pathogenen Keimbahnvarianten (PVs). Die Familiengeschichte, das Krankheitsstadium oder Alter bei Diagnose ist nicht immer ein Prädiktor für das Vorhandensein von PVs.
Um die Prävalenz von Tumor-bedingenden Keimbahnvarianten bei einem unselektierten europäischen Kollektiv sowie die prognostische und prädiktive Signifikanz der PVs zu untersuchen, wurden Daten von 549 Patienten mit Pankreaskarzinomdiagnose zwischen Februar 2003 und Januar 2020 ausgewertet [2].
Im Ergebnis wurden bei 4 % der Patienten PVs innerhalb der Pankreaskarzinom-assoziierten Gene sowie bei 7,7 % der Patienten in homologen rekombinanten Reparatur (HRR)-Genen identifiziert. Bei 43,3 % der Patienten mit PVs lag eine Tumor-Familienhistorie vor, ebenso bei 28,0 % der Patienten ohne PVs.
In Bezug auf die Prognose wurde, mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 47,3 Monaten, insgesamt ein OS von median 14,5 Monaten erreicht. Mit PVs war das Risiko zu versterben gegenüber den Nicht-Trägern einer PV um 35 % reduziert (HR 0,65; 95-%-KI 0,47–0,89; p = 0,007).
In einer multivariaten Analyse blieb nur ein Trend, aber keine Signifikanz bezüglich des Prognosevorteils bei Anwesenheit von PVs bestehen. Die Interaktion zwischen Platin-Aussetzung und HRR-PVs war nicht signifikant.
Das OS war vergleichbar zwischen Patienten, die im gesamten Krankheitsverlauf keine Platin-Therapie erhalten hatten, unabhängig vom HRR-PV-Status (HR 0,86; 95-%-KI 0,48–-1,55).
Bei Trägern eines PVs in Pankreaskarzinom-Genen wurde ein Trend zu einem verlängerten OS gegenüber den Nicht-Trägern bei Gabe einer Platinbasierten Therapie beobachtet (HR 0,52; 95-%-KI 0,25–1,06).
Auch ältere Patienten profitieren von einer Olaparib-Erhaltungstherapie
In der randomisierten, doppelblinden Phase-III-Studie POLO wurde gezeigt, dass die Erhaltungstherapie mit Olaparib bei Keimbahn-BRCA-mutiertem, meta-stasiertem Pankreaskarzinom das PFS von 3,8 auf 7,4 Monate gegenüber Placebo verlängert (HR 0,53; 95-%-KI 0,35–0,82; p = 0,004).
In Subgruppenanalysen wurde eine Konsistenz der Therapieeffektivität über alle präspezifizierten Gruppen gesehen, mit Ausnahme der Patienten ≥ 65 Jahre (HR 1,02; 95-%-CI 0,45–2,60). Da aber auch in der älteren Subpopulation zum Teil langanhaltende Therapieerfolge mit der Olaparib-Erhaltungstherapie erzielt wurden, wurde eine nun beim WCGC präsentierte Analyse zur Effektivität und Sicherheit von Olaparib bei Patienten in einem Alter ≥ 65 Jahre durchgeführt [3]. Insgesamt waren 41 Studienteilnehmer der POLO-Studie mindestens 65 Jahre alt, 28 im Olaparib- und 13 im Placeboarm. Die Patientencharakteristik war im Wesentlichen vergleichbar mit der gesamten Studienpopulation, allerdings wiesen erwartungsgemäß mehr Patienten ab einem Alter von 65 Jahren einen verschlechterten Allgemeinzustand auf.
Es sprachen 23,1 % aller Patienten im Olaparib-Arm versus 11,5 % im Placebo-Arm auf die Erhaltungstherapie an. Eine komplette Remission wurde bei zwei Patienten (2,6 %) im Olaparib-Arm beobachtet, davon war ein Patient älter als 65 Jahre.
Wie bereits für die gesamte Studienpopulation, konnte auch für die älteren Studienteilnehmer kein prädiktiver Parameter für ein besseres Ansprechen auf die Olaparib-Erhaltungstherapie identifiziert werden. Es wurde in beiden Alterskohorten ein Anteil von 11 % Patienten festgestellt, die Olaparib für eine Dauer ≥ 2 Jahre erhielten. 70 % dieser insgesamt 10 Patienten erreichten ein objektives Ansprechen. Auch bezüglich der Sicherheit und Tolerabilität der Therapie konnte kein Unterschied beobachtet werden, der das schlechtere Ergebnis für die älteren Patienten erklären könnte. Im Gegenteil wurde eine Dosisanpassung aufgrund von Nebenwirkungen weniger häufig bei den älteren Patienten verglichen mit Patienten < 65 Jahren durchgeführt (7,1 % versus 20,6 %).
Ältere Patienten (≥ 65 Jahre) mit Keimbahn-BRCA-mutiertem, metastasiertem Pankreaskarzinom können somit eine dauerhafte Krankheitskontrolle von 2 und mehr Jahren und ein Tumoransprechen unter Olaparib-Erhaltungstherapie erreichen. Die Sicherheit von Olaparib war bei jüngeren und älteren Patienten vergleichbar.
Fortgeschrittenes Leberzellkarzinom (HCC)
Erstlinienbehandlung mit Nivolumab ist Sorafenib überlegen
Patienten mit fortgeschrittenem Leberzellkarzinom (HCC), die für eine Operation oder eine lokale Therapie nicht infrage kommen, gibt es nur wenige effektive Erstlinienoptionen. In der Phase-III-Studie CheckMate 459 wurden die klinische Effektivität und die Sicherheit von Nivolumab versus Sorafenib für diese Patientenklientel untersucht. Beim WCGC wurden Langzeitdaten präsentiert [4].
In der CheckMate-459-Studie erhielten 743 Patienten randomisiert Nivolumab (240 mg, q2w) oder Sorafenib (400 mg BID). In der primären Analyse betrug das OS 16,4 Monate für Nivolumab versus 14,7 Monate für Sorafenib (HR 0,85; 95-%-KI 0,72–1,02; p = 0,075). Mit einer minimalen Nachbeobachtungszeit von 33,6 Monaten bestätigte sich der numerische, klinisch relevante Vorteil von Nivolumab mit 16,4 versus 14,8 Monaten medianem OS (HR 0,85; 95-%-KI 0,72–1,00; p = 0,052).
Die OS-Raten nach 12, 24 und 33 Monaten betrugen für Nivolumab versus Sorafenib 60 % vs. 55 %, 37 % versus 33 % und 29 % versus 21 %. Unter Nivolumab zeigte sich ein konsistentes OS mit median 16,1 bzw. 16,7 Monaten unabhängig von einer PD-L1-Expression ≥ 1 % oder < 1 %. Im Sorafenib-Arm betrug das mediane OS nur 8,6 Monate bei Patienten mit PD-L1-Expression ≥ 1 und 15,2 Monate bei einer PD-L1-Expression < 1 % (Abb. 1)