In der Dermato-Onkologie hat es im vergangenen Jahrzehnt enorme Weiterentwicklungen gegeben. Diese betreffen – flankiert von Fortschritten in der Diagnostik – vor allem neue therapeutische Strategien beim malignen Melanom, aber auch bei anderen Hautkrebsentitäten wie dem kutanen Plattenepithelkarzinom, dem Basalzell- oder dem Merkelzellkarzinom.
Aus gutem Grund widmet sich der Schwerpunkt in dieser Ausgabe von Trillium Krebsmedizin deshalb der dermatologischen Onkologie, fasst den aktuellen Stand in Sachen Diagnostik und Therapie der relevanten Hautkrebsentitäten zusammen und wagt einen Blick auf zukünftige Optionen. Dabei fließen auch topaktuelle Studienergebnisse in die Berichterstattung ein – etwa Daten, die erst jüngst bei der Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) Anfang Juni 2021 vorgestellt wurden.
Besonders rasant ist der therapeutische Fortschritt für Patienten mit malignem Melanom, der Entität mit der höchsten Metastasierungsrate unter allen Malignomen der Haut. Hatten etwa Patienten mit metastasiertem Melanom noch vor 10 Jahren eine äußerst schlechte Prognose – mit einer medianen Überlebenszeit von weniger als einem Jahr und einer 5-Jahres-Überlebensrate von deutlich unter 10 % –, hat sich das seit der Einführung der zielgerichteten Behandlung mit BRAF-/MEK-Inhibitoren und der Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren dramatisch verbessert. Heute zeigen uns Langzeitdaten, dass unter dem Einfluss einer zielgerichteten Therapie rund 35 % der Patienten nach 5 Jahren noch leben. Unter einer Immuntherapie ist die 5-Jahres-Überlebensrate inzwischen sogar auf knapp 50 % angestiegen. Selbst Patienten mit Hirnmetastasen können in besonderer Weise von der Behandlung mit Checkpoint-Inhibitoren profitieren.
Das alles sind Meilensteine der Melanomtherapie, wenngleich wir nicht vergessen dürfen, dass nach wie vor über die Hälfte der Melanompatienten keinen Vorteil von der Behandlung hat.
Es bleibt also zukünftig viel zu tun, um das Outcome der Patienten weiter zu verbessern. So zeichnen sich beispiels-weise neben der bekannten und etablierten Immuntherapie mit zwei unterschiedlichen Checkpoint-Inhibitoren, die gegen PD-1 und CTLA-4 gerichtet sind, innovative Kombinationen ab, die völlig neue Checkpoints wie LAG-3 als Zielstruktur verwenden. Weitere Ansätze, die geprüft werden, umfassen Kombinationen von Immun- und zielgerichteter Therapie sowie Immuntherapieformen jenseits der Checkpoint-Inhibition wie die mRNA-Vakzinierung.
Innovative Behandlungsverfahren auf Basis einer zielgerichteten oder immunonkologischen Therapie finden beim Melanom auch immer mehr Eingang in frühere Krankheitsstadien. Insbesondere die adjuvante und neoadjuvante Therapie des Melanoms in den Stadien II und III stellen eine der derzeit interessantesten und vielversprechendsten Forschungsgebiete in der Behandlung des malignen Melanoms dar.
Die revolutionären Fortschritte der zielgerichteten Behandlungen und Immuntherapien für Melanompatienten haben aber auch eine Schattenseite: Beide Therapieformen können schwere und potentiell lebensbedrohliche Nebenwirkungen auslösen, über die Behandelnde informiert sein sollten. Nur so ist es möglich, die optimale Therapie für die Patienten auszuwählen und im Falle von Toxizitäten angemessen reagieren zu können.
Auch beim Nicht-Melanom-Hautkrebs gab es positive Entwicklungen. Grundsätzlich haben kutane Plattenepithelkarzinome und Basalzellkarzinome, die zu den häufigsten Krebserkrankungen überhaupt zählen, eine gute Prognose, sofern sie nicht zu weit fortgeschritten oder gar metastasiert sind.
Für die fortgeschrittenen Formen haben sich in den letzten Jahren Immuncheckpoint-Inhibitoren und im Fall des Basalzellkarzinoms Hedgehog-Inhibitoren etabliert, die deutlich wirksamer sind als konventionelle Chemotherapien.
Das Merkelzellkarzinom ist einer der aggressivsten und am schwierigsten zu behandelnden Hauttumoren. Da dieser Tumor auch eine hohe Mutationslast aufweist, verwundert es nicht, dass bei dieser Entität ebenfalls Immuntherapien zum Einsatz kommen. Vor einigen Jahren wurde als erstes Medikament überhaupt in der metastasierten Situation der PD-L1-Inhibitor Avelumab zugelassen. Auch der PD-1-Antikörper Nivolumab wird derzeit beim Merkelzellkarzinom in der adjuvanten und der neoadjuvanten Therapiesituation geprüft. Erste Daten einer Phase-I/II-Studie stimmen hoffnungsvoll.
Die Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren stellt damit schon heute ganz klar den neuen Goldstandard der systemischen Therapie beim metastasierten Merkelzellkarzinom dar und wird darüber hinaus in neuen Therapielinien weiterentwickelt. Immuntherapien sind damit nicht nur die Gegenwart, sondern auch die Zukunft der Behandlung dieser schwierig zu behandelnden Tumorentität.
Ein letzter Beitrag des Schwerpunkts erinnert an die Bedeutung der Primärprävention von Hautkrebserkrankungen durch verbesserten Sonnenschutz. Bei aller Freude über therapeutische Erfolge beim malignen Melanom und bei Nicht-Melanom-Hautkrebserkrankungen sollten wir nämlich nicht aus den Augen verlieren, dass die Inzidenz von Hautkrebs aller Entitäten stetig ansteigt und damit die Behandlungserfolge überkompensiert werden. Das kann uns nicht wirklich zufriedenstellen.
So war beispielsweise das maligne Melanom vor wenigen Jahrzehnten noch eine seltene Tumorentität. Seit 2016 ist es die vierthäufigste Tumorerkrankung bei Frauen und die fünfthäufigste bei Männern. Ähnliche Steigerungen finden wir auch bei anderen Hautkrebsentitäten.
Die zunehmende Inzidenz beim malignen Melanom ist nach aktuellem Kenntnisstand vor allem eine späte Folge UV-bedingter Hautschäden aus Kindheit und Jugend, bedingt durch ein verändertes Freizeitverhalten. Insbesondere Sonnenbrände in der Kindheit prädestinieren für das Melanom im späteren Lebensalter. Für die Entwicklung kutaner Plattenepithelkarzinome ist dagegen überwiegend die kumulative Sonnenexposition entscheidend, während Basalzellkarzinome sowohl nach dauerhafter als auch wechselnder UV-Bestrahlung vermehrt auftreten können.
Angesichts dieses unerfreulichen Anstiegs der Inzidenz aller Hautkrebs- Entitäten kann die Bedeutung der Primärprävention gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Es gilt, die Bevölkerung zu informieren und zu motivieren, die Haut durch individuelle Verhaltensweisen bestmöglich vor UV-bedingten Schädigungen zu schützen.
Sinnvolle Präventionsstrategien können beispielsweise durch Schulungen junger Eltern sowie von Erzieherinnen und Erziehern in Kindergärten erreicht werden. Aber auch Informationskampagnen zum Sonnenschutz für junge Erwachsene, für Sportler und besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen sind eminent wichtig.
Unbedingt erwähnt werden soll an dieser Stelle auch der Erfolg der Hautkrebs-Früherkennung, etwa durch das gesetzlich empfohlene Hautkrebsscreening sowie durch den inzwischen bereits in der Routine angekommenen Einsatz der künstlichen Intelligenz in der Melanomdiagnostik.
All dies – inklusive der weltweit einmaligen hochwertigen Versorgung in Deutschland auf Basis Evidenz-gesicherter Leitlinien – stimmt hoffnungsvoll, dass es auch zukünftig möglich sein sollte, Patienten mit Hautkrebserkrankungen die bestmögliche Therapie zukommen zu lassen und die Sterblichkeit durch diese Erkrankungen weiter zu senken.