PACIFIC-Regime im klinischen Alltag
Das PACIFIC-Regime mit einer bis zu 12-monatigen Konsolidierungstherapie mit Durvalumab nach Radiochemotherapie (RCT) ist heute Standard bei Patienten mit NSCLC im Stadium III. Daten aus dem klinischen Alltag mit dieser Konsolidierungsstrategie soll die PACIFIC-R-Studie generieren. In die internationale Beobachtungsstudie wurden Patienten eingeschlossen, die mindestens eine Dosis Durvalumab innerhalb von 12 Wochen nach simultaner oder sequentieller RCT erhalten hatten. Beim ELCC wurden erste Daten zu Patientencharakteristika und Verträglichkeit vorgestellt [1]. 1.155 Patienten waren auswertbar. Drei Viertel hatten eine simultane RCT erhalten, ein Viertel eine sequentielle. Die sequentielle Applikation von Chemo- und Radiotherapie war im Protokoll der Studie PACIFIC nicht erlaubt, erinnerte Dr. Fiona McDonald, London. Die mediane Dauer der Radiotherapie (RT) betrug 6,4 Wochen, die der Chemotherapie (CT) 7,1 Wochen. Im Median wurde 52 Tage nach Ende der RT mit der Durvalumab-Konsolidierung begonnen. Auch hier bestand ein Unterschied zum PACIFIC-Protokoll, bei dem die Konsolidierungstherapie binnen 42 Tagen nach der RT beginnen musste. McDonald verwies in diesem Zusammenhang auf eine exploratorische Subgruppen-Analyse der PACIFIC-Studie, die bei Patienten, die Durvalumab innerhalb von14 Tagen nach Ende der RT erhalten hatten, eine bessere Wirksamkeit der Konsolidierung gezeigt hatte [2]. Häufigste unerwünschte Ereignisse von besonderem Interesse waren Pneumonitis mit 10,6 % und Endokrinopathien mit 6,8 %. Bei etwa der Hälfte der Patienten mit Pneumonitis musste die Durvalumab-Therapie beendet werden. Daten zum progressionsfreien Überleben (PFS) und Gesamtüberleben (OS) sowie zur Dauer der Durvalumab-Konsolidierung stehen noch aus.
Durvalumab nach sequentieller RCT
Bei Patienten, die keine simultane RCT bekommen können und deshalb CT und RT sequentiell erhalten, untersucht die Phase-II-Studie PACIFIC-6 die Konsolidierungstherapie mit Durvalumab. Beim ELCC wurden Ergebnisse einer geplanten frühen Verträglichkeits- und Sicherheitsanalyse dieser laufenden unverblindeten Studie vorgestellt [3].
Die Analyse berücksichtigte 50 Patienten der Studienkohorte 1 (Patienten mit Karnofsky Performance Status 0–1). Das mediane Alter lag bei 67 Jahren. Im Median hatten die Patienten 4 Zyklen Chemotherapie erhalten, 68 % eine RT-Dosis von ≥ 54 bis ≤ 60 Gy, 32 % hatten > 60 bis ≤ 66 Gy erhalten. Bei den meisten Patienten überlappten sich CT und RT nicht. Die mediane Nachbeobachtungszeit der von Prof. Marina Garassino, Mailand und Chicago, vorgestellten Daten betrug 36,9 Wochen. Im Median erhielten die Patienten Durvalumab über 24 Wochen. 50 % brachen die Immuntherapie aufgrund einer Krankheitsprogression oder unerwünschter Ereignisse ab. Bei 72 % der Patienten traten unerwünschte Ereignisse von besonderem Interesse auf, am häufigsten Pneumonitis (32 %) und Dermatitis/Hautausschläge (28 %). Höhergradige Nebenwirkungen waren aber sehr selten (Grad ≥ 3: 4 %). Damit stelle sich das Sicherheitsprofil bisher insgesamt ähnlich dar wie nach simultaner RCT, so Garassino. Die Daten der gesamten Kohorte werden in Kürze erwartet.
CheckMate 9LA – TMB als Biomarker?
In der CheckMate-9LA-Studie führte die Kombination von zwei Zyklen Chemotherapie mit Nivolumab und Ipilimumab bei Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC zur signifikanten Verbesserung von OS, PFS und Gesamtansprechrate (ORR) gegenüber vier Zyklen alleiniger Chemotherapie. Die PD-L1-Expression erwies sich dabei nicht als Biomarker für einen verstärkten Benefit durch die Chemoimmuntherapie. Ob die Tumor Mutational Burden (TMB) als Biomarker für ein Ansprechen herangezogen werden könnte, war deshalb Fragestellung einer von Prof. Luis Paz-Ares, Madrid, vorgestellten Analyse der Studie. Bei 456 der 711 Patienten (64 %) wurde die TMB anhand einer Gewebeprobe ausgewertet (tTMB) und bei 519 Patienten (73 %) im Blut (bTMB). Grundsätzlich zeigte sich bei den Patienten mit hoher und niedriger TMB ein klinischer Benefit hinsichtlich PFS, OS und ORR. Bei den Patienten mit hoher tTMB war die ORR mit 46 % deutlich höher als bei den Patienten mit niedriger tTMB (28 %). Bei der bTMB zeigte sich ein ähnliches Bild; am höchsten war die ORR bei den Patienten mit einer
bTMB mit ≥ 20 Mutationen/Megabase (mut/Mb), berichtete Paz-Ares. Hinsichtlich des PFS profitierten die Patienten mit höherer TMB stärker als jene mit niedriger TMB. Ein deutlicher Vorteil beim OS zeigte sich bei Patienten mit einer bTMB ≥ 20 gegenüber jenen mit < 20 mut/Mb. Die TMB als Biomarker für die Wirksamkeit einer Immuntherapie heranzuziehen sei insofern problematisch, als nicht alle Mutationen zu Antigenen führen, deren Erkennung für unser Immunsystem wichtig ist, kommentierte Prof. Julie Brahmer, Baltimore: „Nur eine Minderheit von Mutationen führt auch zu Neoantigenen.“ Außerdem müsste der Schwellenwert bei der TMB-Bestimmung validiert werden. Brahmers Fazit zur vorgestellten Analyse: je höher die TMB, umso höher der Benefit bei PFS und ORR. Beim OS war der Vorteil durch die Chemoimmuntherapie unabhängig von der TMB.
3-Jahres-Update KEYNOTE-407
Auf Basis der Studie KEYNOTE-407 wurde Pembrolizumab in Kombination mit Carboplatin und (nab-)Paclitaxel für die Erstlinientherapie des metastasierten plattenepithelialen NSCLC zugelassen. Beim ELCC gezeigte aktualisierte Daten mit drei Jahren Nachbeobachtungszeit bestätigten den PFS- und OS-Vorteil durch die Chemoimmuntherapie wie in vorangegangenen Analysen unabhängig von der PD-L1-Expression [4]. Das mediane OS betrug 17,2 Monate vs. 11,6 Monate (HR 0,71). 41 % der Patienten aus dem Kontrollarm waren in den Pembrolizumab-Arm gewechselt. Außerdem stellte Prof. Andrew Robinson, Kingston, Kanada, Daten zur Wirksamkeit bei den 55 Patienten vor, die Pembrolizumab über 35 Zyklen erhalten hatten (4 Zyklen in Kombination mit Chemotherapie und 31 Zyklen als Monotherapie). In dieser Subgruppe betrug die ORR 92,7 %, die mediane Dauer des Ansprechens war nicht erreicht. Ein Jahr nach Beendigung der 35 Zyklen Pembrolizumab betrug die OS-Rate 96,0 %.
Cemiplimab + Ipilimumab in der Zweitlinie
Die unverblindete Phase-II-Studie EMPOWER-Lung 4 verglich eine Cemi-plimab-Monotherapie mit der Kombination aus Cemiplimab und Ipilimumab als Zweitlinientherapie bei Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC. Eine beim ELCC vorgestellte Follow-up-Analyse zeigte bei Patienten mit einer PD-L1-Expression < 50 % Vorteile durch die Kombination aus PD-1- und dem CTLA4-Inhibitor [5]. Im Vergleich mit früheren Analysen blieb die ORR konsistent, was die Dauerhaftigkeit des Ansprechens zeige, so Prof. Byoung-Yong Shim, Suwon, Korea.
MET-Inhibitor bei METex14-Skipping Mutation
Bei etwa 3–4 % aller NSCLC liegt ein Exon 14 Skipping im Mesenchymal-epitheliale Transition (MET)-Gen vor. Die Pro-gnose der meist älteren Patienten mit dieser primären onkogenen Treibermutation ist schlecht. Die VISION-Studie ist die derzeit größte klinische Studie zu NSCLC-Patienten mit MET Exon 14 Skipping (METex14-Skipping)-Mutation. Beim ELCC wurden aktualisierte Ergebnisse der Studie vorgestellt [6]. 18,4 % der 255 Patienten der Analyse hatten bei Studieneinschluss Hirnmetastasen. Die Wirksamkeit des selektiven c-MET-Inhibitors Tepotinib wurde nur in Kohorte A (n = 152) ausgewertet. Die ORR betrug 44,7 % und war bei vorbehandelten und nicht vorbehandelten Patienten gleich. Das mediane PFS lag bei 8,9 Monaten. Die mediane Dauer des Ansprechens betrug 10,5 Monate bei therapienaiven und 11,1 Monate bei vorbehandelten Patienten. Bei den Patienten mit Hirnmetastasen lag die ORR bei 47,8 %, die mediane Ansprechdauer bei 9,5 Monaten. Alshäufigste Nebenwirkung traten periphere Ödeme auf (54 %, 7 % Grad 3). 11 % der 255 Patienten brachen die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen ab.
Dauerhaftes Ansprechen auf Larotrectinib
NTRK-Fusionen sind beim NSCLC sehr selten, als therapeutisches Target mit NTRK-Inhibitoren aber gut angreifbar. Beim ELCC wurden Langzeitdaten zur Wirksamkeit von Larotrectinib aus zwei klinischen Studien mit 14 intensiv vorbehandelten Patienten vorgestellt, die zweimal täglich Larotrectinib erhalten hatten [7]. Sieben Patienten hatten bei Studien-beginn Hirnmetastasen. Nach 12 Monaten lebten 91 % der Patienten, 69 % progressionsfrei. Die meisten Nebenwirkungen waren von Grad 1–2. Zum Datenschnitt war bei vier Patienten die Erkrankung fortgeschritten; davon hatten drei On-target-NTRK1-Mutationen.
Mascha Pömmerl