Das Schilddrüsenkarzinom ist eine der selteneren Krebsentitäten – die Inzidenz liegt schätzungsweise bei 14 auf 100.000, wie Prof. Dagmar Führer-Sakel, Essen, berichtete. 90 % entfallen dabei auf den differenzierten Typ (DTC) − unter diesem Begriff werden die papillären und follikulären Formen zusammengefasst. Die gute Nachricht: Nach der Resektion der Schilddrüse können mittels Radiojodtherapie rund 90 % der Betroffenen geheilt werden, so Führer-Sakel. Bei 5–10 % der DTC-Patient:innen allerdings wirkt Radiojod nicht oder nicht mehr. Diese Erkrankten mit RAI-refraktärem DTC hatten bislang eine schlechte Prognose mit einer geschätzten Überlebenszeit von durchschnittlich 3−5 Jahren.
Bei ihnen werden häufig die Multikinase-Inhibitoren Sorafenib oder Lenvatinib als systemische Therapie eingesetzt, von denen zumindest einige der Betroffenen mit einer progressionsfreien Zeit profitieren. Bis vor Kurzem waren die Therapieoptionen − wenn diese Behandlung ausgereizt war − sehr limitiert, und häufig blieb nur die palliative Betreuung.
Neue Behandlungsoption verfügbar
Das hat sich jetzt geändert: Seit April dieses Jahres ist mit dem Multi-TKI Cabozantinib (Cabometyx®), der neben VEGF2-Rezeptoren auch c-Met und AXL hemmt, ein Wirkstoff zugelassen, der das progressionsfreie Überleben (PFS) bei dieser kleinen Gruppe von Erkrankten verlängern kann. Basis der Zulassung war die COSMIC-311-Studie, in der Betroffene mit fortgeschrittenem DTC, die refraktär gegenüber Radiojod (RAI) waren und bei denen unter einer vorherigen systemischen Therapie eine Progression aufgetreten war, entweder 60 mg pro Tag Cabozantinib oder Placebo erhielten.
Progressionsfreie Zeit - deutlich verlängert
Die wichtigsten Ergebnisse präsentierte Prof. Michael C. Kreißl, Magdeburg: Demnach war das Risiko für die Progression der Erkrankung mit Cabozantinib im Vergleich zu Placebo um 78 % reduziert (HR 0,22; 96%-KI 0,13–0,36; p < 0,0001). Das mediane PFS betrug in der Verum-Gruppe 11 Monate, unter Placebo nur 1,9 Monate [1]. Wie Kreißl weiter ausführte, verbesserte Cabozantinib das PFS auch unabhängig von der vorherigen Behandlung mit Lenvatinib und/oder Sorafenib [2] sowie unabhängig vom Subtyp des DTC (papillär oder follikulär) [3].
Bekanntes Sicherheitsprofil
Die unerwünschten Ereignisse entsprachen dem bekannten Sicherheitsprofil von Cabozantinib in anderen zugelassenen Indikationen. Zu den häufigsten unerwünschten Ereignissen des Grades 3 oder 4 gehörten Diarrhö, palmar-plantare Erythrodysästhesie und Hypertonie, wie Kreißl berichtete. Bei 67 % der Erkrankten in der Cabozantinib-Gruppe versus 5 % in der Placebo-Gruppe wurde die Dosis aufgrund von Nebenwirkungen reduziert, doch brachen nur 8,8 % der Patient:innen im Cabozantinib-Arm die Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen ab.
Angelika Ramm-Fischer