Die molekulare Charakterisierung von Tumoren anhand von Gewebeproben ist derzeit Goldstandard, weist jedoch auch Nachteile auf. Zum einen handelt es sich um invasive Verfahren, zum anderen lässt sich die biologische Variabilität von Tumoren und deren Metastasen mittels konventioneller Gewebebiopsien kaum erfassen. Dies deshalb, da eine Gewebeprobe nicht notwendigerweise alle molekularen Eigenschaften aller Läsionen abbildet. Liquid Biopsies (LBs) können ein umfassenderes molekulares Bild liefern. Sie sind außerdem leicht wiederholt durchführbar und bieten sich auch für ein Monitoring der Erkrankung an. Zu den Problemen, mit denen LBs behaftet sind, gehört, dass in den Proben mitunter nur extrem geringe Mengen an zirkulierender Tumor-DNA (ctDNA) enthalten sind. Auch die Präanalytik und die Analytik selbst können Fehler bei der Analyse verursachen. Eine Lösung könnte in der Kombination beider Verfahren liegen. Auf diese Weise ließen sich möglicherweise mehr therapeutisch adressierbare Targets detektieren. Die Autoren der in JCO Precision Oncology publizierten Arbeit untersuchten die Beziehung zwischen den beiden Verfahren hinsichtlich der Konkordanz der Ergebnisse und der Entwicklung der Konkordanz im zeitlichen Verlauf.
Basis der Analyse waren anonymisierte Real-World-Daten von 300 Patient:innen (296 Frauen und 4 Männer) mit metastasiertem Mammakarzinom und einem medianen Alter von 57 Jahren. Die Ergebnisse mindestens einer datierten Gewebeprobe und zumindest einer datierten LB mussten vorliegen. Für die Analysen wurde die Tempus Lens Platform verwendet. Gewebeproben wurden mit dem Tempus xT Assay, die zirkulierende freie DNA (cfDNA) aus Flüssigbiopsien mit dem Tempus xF Assay untersucht. Es wurden verschiedene Versionen des xT Assay eingesetzt, wobei frühere Versionen 596 Gene beinhalten und die aktuelle Version 648 Gene. Erfasst werden Einzelnukleotid-Variationen (SNVs), Insertionen/Deletionen (Indels), Kopienzahlvarianten und ausgewählte chromosomale Umlagerungen. Der xF Assay identifiziert SNVs und Indels in einem Panel von 105 Genen sowie Kopienzahlvarianten in sechs und chromosomale Umlagerungen in sieben Genen.
Die mediane Zeitdauer zwischen Entnahme der Gewebeprobe und Blutabnahme für die LB betrug 78,5 Tage. Die Konkordanzanalysen wurden jeweils an einem Probenpaar (eine Gewebeanalyse und die im kürzesten zeitlichen Abstand erfolgte cfDNA-Analyse) durchgeführt.
Pathogene Alteration bei 94 %
Im Median wurden pro Patient:in bei Gewebeproben zwei pathogene Varianten, bei LBs eine pathogene Variante entdeckt. Bei nur 6 % wurden in beiden Testverfahren keine Alterationen detektiert. Damit wurde bei 94 % der Patient:innen mindestens eine pathogene Alteration in der Gewebe- und/oder cfDNA-Analyse nachgewiesen.
Insgesamt war die Verteilung der Häufigkeit von pathogenen Varianten in Gewebe und cfDNA ähnlich, wobei bei der Analyse der cfDNA bei weniger Patient:innen pathogene Varianten entdeckt wurden, nämlich bei 28 % ( bei 11, 7 % im Gewebe). Im Gegensatz dazu wurden bei der cfDNA-Analyse mehr Fälle mit mindestens fünf pathogenen Varianten dtektiert (7 %) als bei der Gewebeanalyse (2,7 %).
Insgesamt kamen die 25 am häufigsten entdeckten Mutationen bei beiden Verfahren ähnlich häufig vor. Die fünf am häufigsten detektierten pathogenen Varianten waren: