Bei der Behandlung des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) im fortgeschrittenen oder metastasierten Stadium sind jeweils verschiedene Algorithmen zu beachten, abhängig davon, ob eine Mutation vorliegt oder nicht. Daher ist es bedauerlich, so Dr. Karl-Matthias Deppermann, Düsseldorf, dass immer noch ein Viertel der Patienten bei Diagnosestellung nicht auf eine solche getestet wird. Bei einem von Boehringer Ingelheim veranstalteten Pressegespräch anlässlich des ESMO-Kongresses in München spielten Experten einige Sequenz-Szenarien bei einer positiven und negativen Testung auf eine Treibermutation durch.
Eine mögliche Sequenz bei einem NSCLC ohne therapierbare Mutation erörterte PD Dr. Florian Fuchs, Erlangen. „Nach Versagen einer Erstlinientherapie mit einem Immuncheckpoint-Inhibitor plus Chemotherapie ist der erneute Einsatz einer Immuntherapie in der Zweitlinie nicht sinnvoll.“ Die – wenngleich noch hypothetische – Rationale dafür, so Fuchs, liegt in der Annahme, dass sich bei einem Tumorprogress unter Checkpoint-Inhibition durch die erhöhte Expression des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktors VEGF eine abnorme Blutgefäßstruktur im Tumor gebildet hat und außerdem ein immunsuppressives Tumormilieu entstanden ist [1].
Antiangiogenese plus Chemotherapie in der Zweitlinie
Dies macht den Einsatz einer Kombination aus einer anti-angiogenen Substanz wie Nintedanib (Vargatef®) und einer Chemotherapie (CT) sinnvoll. Durch die anti-angiogene Therapie normalisiert sich nicht nur die Gefäßstruktur wieder [2, 3], sondern es kann zudem ein immunsupportives Tumormilieu entstehen [1].
Erste klinische Daten zur Therapiesequenz mit Nintedanib plus Docetaxel nach vorangegangener Erstlinienchemotherapie sowie Folgetherapie mit einem Checkpoint-Inhibitor lieferten Hinweise zur Wirksamkeit der Kombination in dieser Sequenz. So konnten Patienten unter der antiangiogenen Therapie von einer Krankheitskontrollrate von 82% und einer Gesamtansprechrate von 36,5% profitieren [4].
Fuchs zufolge ist für alle Chemotherapie-fähigen Adenokarzinom-Patienten nach einer Erstlinienkombination mit Pembrolizumab und Chemotherapie die Antiangiogenese in der Zweitlinie ein sinnvolles Therapieprinzip.“
Bei EGFR-Mutationen Resistenzverdacht
Liegt beim NSCLC eine EGFR-Mutation vor, so Prof. Thomas Wehler, Hamm, empfiehlt er für den Therapiestart einen EGFR-Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI) der ersten oder zweiten Generation, da unter diesen Therapien 60% der sich entwickelnden Resistenzen auf die T790M-Mutation entfallen. Diese aber kann mit einem TKI der dritten Generation wie Osimertinib zielgerichtet adressiert werden. Umgekehrt verfüge man nur über wenige Optionen für die Resistenzen, die nach einer initialen Gabe von Osimertinib auftreten.
Eine retrospektive Analyse der LUX-Lung-7-Studie, so Wehler, unterstütze die von ihm favorisierte Sequenz. Beim Ersteinsatz von Afatinib (Giotrif®), gefolgt von einem Drittgenerations-EGFR-TKI, lebten nach drei Jahren noch mindestens 90% der Patienten [5].
Reimund Freye
Pressegespräch „Der Patient im Fokus – mit individualisierten Therapiestrategien zum Behandlungserfolg beim NSCLC“ im Rahmen des ESMO-Kongresses am 22.10.2018 in München, veranstaltet von Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, Ingelheim am Rhein.