Michael Fohrn
Vom raschen Fortschritt der letzten Jahre bei bildgebenden Verfahren profitiert besonders die interventionelle Radiologie, die sich neben der Angiologie auch in zunehmendem Maße der Onkologie zuwendet. Mit der Eröffnung des ersten mit der MIYABI-Suite ausgestatteten Interventionsraums in Deutschland ergeben sich neue Therapieoptionen.
Die privat geführte Nürnberger 310Klinik eröffnete am 8. November 2017 einen Interventionsraum, der mit der von Siemens Healthineers gebauten MYABI-Suite ausgestattet ist. Die Suite beinhaltet einen hochauflösenden angiografischen Arbeitsplatz (C-Bogen-System), ein auf Schienen laufendes, extraweites CT und eine per Funk angebundene Sonografie.
Prof. Dr. Christian Stroszczynski, der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für interventionelle Radiologie (DeGIR), bei der Eröffnung des Interventionsraums über die Arbeitsweise der noch jungen Disziplin: „Die interventionelle Radiologie nutzt die Gefäße als Arbeitskanäle, um in jede Region des Körpers vorzudringen und bildgeführt Therapien anzuwenden“. Der Chefarzt der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie an der Nürnberger 310Klinik, Priv.-Doz. Dr. Michael Moche, betont die Fortschritte der interventionellen Radiologie gerade in Bezug auf die Krebstherapie. „Eine sehr spezifische, lokale und für den Patienten wenig belastende Behandlung ist möglich“.
Bei der in der 310Klinik installierten MIYABI-Suite handelt es sich um einen angiografischen Arbeitsplatz in der OP-Umgebung, der um ein extraweites CT auf Schienen und eine hochauflösende, per Funk angebundene Sonografie erweitert wurde. Ohne den Patienten umlagern zu müssen, kann während und nach dem Eingriff das CT zum Einsatz kommen. Moche: „Die multimodale Bildgebung ermöglicht eine moderne, personalisierte Präzisionsmedizin.“
Gerade auf dem Gebiet der Onkologie kann die interventionelle Radiologie beachtliche Erfolge vorweisen: Vor allem Leber-, Lungen- und Knochenmetastasen, das Gallengangkarzinom und solide Tumoren in den Weichteilen werden behandelt, und die interventionellen Therapien sind bereits fester Bestandteil in vielen S3-Leitlinien.
Nach den Chancen der Verfahren in der Onkologie gefragt, benennt der leitende Oberarzt der Klinik, Jochen Fuchs, die neuen kurativen und palliativen Behandlungsmöglichkeiten bei Leberkrebs. Obschon der mit der MIYABI-Suite ausgestattete Interventionsraum sehr neu ist, gibt es bereits erste gute palliative Ergebnisse, so beispielsweise zur Anwendung der transarteriellen Chemoembolisation (TACE) bei Rezidiven nach einer Leberteilresektion, die aufgrund des Volumens des verbliebenen Restgewebes keine weiteren chirurgischen Optionen mehr zugelassen hätten.
Auch kurativ werden die Verfahren bereits eingesetzt, und zwar zum Teil deutlich schonender, als bei chirurgischen Eingriffen und systemischer Chemotherapie: So kann mit einer Portalvenen-Embolisation beim hepatozellulären Karzinom bei günstiger Lage auf das Standardchemotherapeutikum Sorafenib komplett verzichtet werden. Moche ergänzt: „Sollte sich nach einer Chemotherapie eine einzelne Lebermetastase nicht verkleinern, alle anderen aber schon – ein oft zu beobachtendes Phänomen – ist diese auch gezielt einzeln behandelbar.“ Bei der Radioembolisation von Lebertumoren werden im Durchschnitt 7,8 Monate rezidivfreies Überleben erreicht, die durch eine Chemotherapie erreichbaren Intervalle lassen sich also erheblich verlängern.
Die Vorteile der multimodalen Bildgebung beschränken sich aber nicht auf Behandlungen über die Gefäße. Das über das Schienensystem flexibel einsetzbare CT bringt weiterhin den Vorteil, dass ohne Zeitverzug mit dem Mehrschichtbild behandelt werden kann, wenn der C-Bogen oder die Sonografie nicht zum Einsatz kommen. „Die Verfahren ergänzen sich – dass alle drei bildgebenden Verfahren parallel genutzt werden, ist noch selten“, so Moche. Prominentes Beispiel hierfür ist die perkutane Ablation von Pankreastumoren mittels irreversibler Elektroporation: Der Tumor wird zerstört, das umliegende Gewebe gut erhalten. Musste zur Platzierung der bis zu sechs Sonden bisher die Bauchdecke mit mehreren großen Schnitten eröffnet werden, lassen sie sich nun durch Haut und Bauchdecke von außen minimal-invasiv setzen. Die exakte Platzierung wird durch das Schnittbild des CTs möglich. Pankreastumoren haben eine Überlebensprognose von drei bis sechs Monaten, mit der irreversiblen Elektroporation ist ein Überleben von bis zu 23 Monaten möglich. Um dem Patienten möglichst lang eine hohe Lebensqualität zu erhalten, ist bei dieser palliativen Therapie vorteilhaft, dass keine große Bauchwunde entsteht. In der Regel kann der Patient nach einigen Tagen entlassen werden. Gegenwärtig arbeitet Moche eng mit der DeGIR an neuen Therapien für das Uterusmyom und das Prostatakarzinom.
Pressekonferenz anlässlich der Inbetriebnahme der ersten MIYABI Angio-CT-Suite in Deutschland am 08.11.2017 in Nürnberg, veranstaltet von 310Klinik, Nürnberg.