Susanne Heinzl
Zur Therapie der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) können Chemoimmuntherapie oder zielgerichtet wirkende Substanzen eingesetzt werden. Die Wahl des Therapeutikums richtet sich nach dem Alter und dem Allgemeinzustand des Patienten sowie nach verschiedenen prognostischen Faktoren.
In der Behandlung der CLL wurden in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte erzielt. So kann man heute laut Prof. Dr. Mathias Rummel, Gießen, mit einer Chemoimmuntherapie bei 41–70% der Patienten ein komplettes Ansprechen erreichen. Allerdings könne eine Chemotherapie die Erkrankung nur vorübergehend zurückdrängen. Ansprechen und Prognose hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie Alter, IGHV-Mutationsstatus oder zytogenetischen Besonderheiten. Beispielsweise sprachen in der CLL10-Studie über 65-jährige Patienten besser auf die Chemoimmuntherapie an. Günstig für das Therapieergebnis ist das Vorliegen einer IgHV-Hypermutation, sehr ungünstig dagegen eine 17p- oder 11q-Deletion.
Rummel sieht den Fokus der Chemoimmuntherapie vor allem bei Low-risk-Patienten – also fitten Patienten ohne 17p- oder 11q-Deletion mit mutiertem IgHV-Status, entsprechend den Empfehlungen der aktuellen Onkopedia-Leitlinie.
Der Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitor Ibrutinib (Imbruvica®) ist bei Patienten mit CLL in Monotherapie angezeigt, wenn sie nicht vorbehandelt sind oder mindestens eine Vortherapie erhalten haben. Außerdem kann es in Kombination mit Bendamustin und Rituximab (BR) bei vorbehandelten Patienten eingesetzt werden. Die Patienten müssen einmal täglich drei Kapseln à 140 mg als Dauertherapie einnehmen.
Aktuelle Daten zeigen laut Prof. Dr. Paul Graf La Rosée, Villingen-Schwenningen, dass der Effekt bei therapienaiver und rezidivierter bzw. refraktärer CLL bis zu 44 Monate lang anhält. Bei Patienten, die Ibrutinib als Erstlinientherapie erhalten und deren Diagnose im mittleren Alter von 70 Jahren gestellt wurde, entspricht die Überlebenszeit der einer altersentsprechenden Kohorte der Gesamtbevölkerung. Explorative Analysen deuten darauf hin, dass Ibrutinib bei Patienten mit nicht-mutiertem IGHV einer Chemoimmuntherapie überlegen sein könnte.
Das Toxizitätsprofil von Ibrutinib ist günstiger als das einer Chemotherapie. Es erfordert dennoch Aufmerksamkeit. So können Neutropenien, Anämien, Thrombozytopenien, Pneumonien, Hypertonie oder Durchfall vom Schweregrad ≥ 3 auftreten. Die Inzidenz dieser Nebenwirkungen verringerte sich jedoch im Therapieverlauf. Aufgrund von hämorrhagischen Ereignissen wurden Patienten unter Vitamin-K-Antagonisten aus den Studien ausgeschlossen. Bei Patienten, die mit neuen oralen Antikoagulanzien behandelt werden, ist jeweils eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung erforderlich.
Aufgrund der guten Wirksamkeit wird Ibrutinib in der aktuellen Onkopedia-Leitlinie als Standard zur Behandlung therapienaiver Patienten mit del17p und/oder TP53-Mutation, unabhängig vom Allgemeinzustand, empfohlen. Zusätzlich stellt es auch eine Erstlinienoption für ältere/unfitte Patienten ohne Mutationen dar.
Experten-Debatte „Zukunft der Chemotherapie in der Erstlinienbehandlung der chronischen lymphatischen Leukämie – heute und morgen“ am 21.11.2017 in Stuttgart, veranstaltet von Janssen-Cilag GmbH, Neuss.