Patienten mit einer aktiven Tumorerkrankung laufen Gefahr, zusätzlich venöse Thromboembolien (VTE) zu erleiden. Für Tumorpatienten mit Thrombose oder Lungenembolie empfiehlt sich als Initialtherapie und zur Sekundärprophylaxe die Behandlung mit niedermolekularem Heparin (NMH). Die deutschen Leitlinien raten dazu, Tumorpatienten mit VTE drei bis sechs Monate lang mit einem NMH zu behandeln [1].
„Jeder fünfte Krebspatient entwickelt im Laufe seiner Erkrankung eine venöse Thromboembolie“, berichtete Prof. Hanno Riess, Berlin. Das Risiko eines Tumorpatienten, eine VTE zu erleiden, sei dabei in den ersten drei Monaten ab Diagnosestellung am höchsten. Wie stark gefährdet ein Patient ist, hängt unter anderem von Faktoren wie Alter, Mobilität, VTE in der Anamnese, Tumorstadium, operativen Maßnahmen sowie Chemo-/Strahlentherapie ab. Ein besonders hohes Risiko für Thromboembolien haben laut Riess Patienten mit Pankreas- und Magenkarzinom. Die Sekundärprophylaxe venöser Thromboembolien mit NMH bei Krebspatienten sei der Gabe von Vitamin-K-Antagonisten (VKA) überlegen – dies hätten die Ergebnisse der CATCH-Studie [2] belegt, so Riess: „Niedermolekulare Heparine allein sind für diese Patienten deutlich wirksamer als ihre initiale Gabe gefolgt von VKA“. Im Vergleich zu einer Umstellung auf VKA könne bei vergleichbarer Blutungsrate das VTE-Rezidivrisiko um die Hälfte gesenkt werden, wie eine Metaanalyse verschiedener Studiendaten gezeigt habe [3].
Die CATCH-Studie mit 900 Patienten untersuchte Effektivität und Sicherheit einer jeweils sechsmonatigen Langzeittherapie mit Tinzaparin (innohep®) bzw. Warfarin zur Behandlung einer akuten VTE bei Patienten mit aktiver Tumorerkrankung. Im Vergleich zu Warfarin zeigte sich unter Tinzaparin eine signifikante Reduktion des Risikos für symptomatische TVT um 52% (Hazard Ratio 0,48; p = 0,04) sowie eine signifikante Risikoreduktion um 42% bei klinisch relevanten, aber nicht schweren Blutungen (HR 0,58; p = 0,004; [2]). „Die Ergebnisse bestätigen die Empfehlungen der deutschen S2-Leitlinie. NMH – wie das erfolgreich studiengeprüfte Tinzaparin – sind das Mittel der Wahl bei der Behandlung von tumorassoziierten VTE“, so Riess. Die initiale NMH-Dosis werde für sechs Monate fortgeführt. Danach könne die sogenannte verlängerte Erhaltungstherapie mit NMH oder einem anderen Antikoagulans sinnvoll sein, solange die Tumorerkrankung aktiv ist (metastasierte Erkrankung, Chemotherapie).
„Dass Tinzaparin während der gesamten Behandlungszeit in der gleichen Dosierung gegeben werden kann, macht es uns natürlich einfach. Lediglich bei starken Gewichtsschwankungen sollte man an eine Dosisanpassung denken“, erinnerte Riess. In der Praxis habe sich die Substanz bewährt – sie eigne sich aufgrund des geringen renalen Kumulationsrisikos auch für Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion.
Susanne Pickl