Die Patientenselektion ist in Anbetracht der wachsenden Zahl an verfügbaren Therapien ein wichtiger Bestandteil der heutigen Forschung. Trotz vieler Bemühungen war es bisher nicht gelungen, einen prädiktiven Biomarker für die Anti-Angiogenese beim metastasierten Kolorektalkarzinom (mCRC) zu finden. Umso bemerkenswerter seien die Ergebnisse einer Biomarker-Analyse der RAISE-Studie, in der VEGF-D als prädiktiver Biomarker für die Behandlung mit Ramucirumab identifiziert werden konnte, erklärte Prof. Dr. Dirk Arnold, Hamburg, bei einer Pressekonferenz im Rahmen des ESMO-Kongresses 2017.
Die Phase-III-Studie RAISE untersuchte plazebokontrolliert die Zugabe von Ramucirumab zu FOLFIRI bei Patienten, die während der Erstlinientherapie mit Bevacizumab, Oxaliplatin und Fluoropyrimidin oder sechs Monate nach der letzten Gabe einen Krankheitsprogress aufwiesen. Für die Intention-to-treat-Population konnte eine signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens (OS) von median 11,7 auf 13,3 Monate gezeigt werden (Hazard Ratio 0,844; p = 0,0219; [1]).
Ein wichtiges Ziel der Studie betraf die translationale Forschung zu prädiktiven Biomarkern [2]. Die Biomarker-Population wurde im Verhältnis 1 : 2 in eine Erhebungs- und eine Validierungspopulation aufgeteilt. Im Rahmen der initialen Plasmaanalyse von 153 Patienten im Ramucirumab- und 146 Patienten im Plazeboarm wurde ein starkes Signal für die Assoziation höherer VEGF-D-Spiegel mit einem verlängerten OS und progressionsfreien Überleben (PFS) unter Ramucirumab gesehen. Ein Cut-off-Wert von 115 pg/ml wurde für weitere Analysen von Subpopulationen mit hohen versus niedrigen VEGF-D-Werten festgelegt. Die Ergebnisse der Validierungspopulation bestätigten den prädiktiven Wert von VEGF-D.
Die gemeinsame Analyse beider Biomarker-Populationen ergab in der Gruppe der Patienten mit hohen VEGF-D-Spiegeln (≥ 115 pg/ml) eine OS-Verlängerung von median 11,5 auf 13,9 Monate durch die Zugabe von Ramucirumab zu FOLFIRI (HR 0,73; p = 0,0022; Abb. 1) sowie eine PFS-Verlängerung von median 4,2 auf 6,0 Monate (HR 0,62; p < 0,0001). Patienten mit niedrigen VEGF-D-Spiegeln (< 115 pg/ml) profitierten von Ramucirumab weder bezüglich des OS (HR 1,32; p = 0,0344) noch in Bezug auf das PFS (HR 1,16; p = 0,1930).
Bei etwa 60% der Patienten der Biomarkeranalyse wurde ein hoher und bei 40% ein niedriger VEGF-D-Spiegel nachgewiesen. Da für diese Untersuchungen ein Assay nur für Forschungszwecke verwendet wurde, wird jetzt an der Entwicklung und Validierung eines Assays für die klinische Anwendung gearbeitet.