Beim fortgeschrittenen Nierenzellkarzinom (RCC) ist die Immuntherapie schon länger eine vielversprechende Therapieoption. Doch auch beim fortgeschrittenen Urothelkarzinom wird die Datenlage immer konsistenter. Nach Jahren der therapeutischen Stagnation bieten die Checkpoint-Inhibitoren, wie zum Beispiel der PD-1-Inhibitor Nivolumab, auch diesen Patienten neue Perspektiven. Patienten, die auf die Behandlung ansprechen, haben die Chance, deutlich länger zu überleben als unter Chemotherapie.
Beim fortgeschrittenen RCC hat sich Nivolumab (Opdivo®) als Therapieoption ab der zweiten Therapielinie nach Versagen einer VEGF-Hemmung etabliert, erläuterte Prof. Edwin Herrmann, Urologe am Universitätsklinikum Münster. Er verwies auf die Daten der CheckMate-025-Studie bei vorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem RCC, in der die Monotherapie mit Nivolumab dem mTOR-Inhibitor Everolimus klar überlegen war – sowohl hinsichtlich Wirksamkeit als auch Verträglichkeit und Lebensqualität. Seither wird Nivolumab in der aktuellen EAU-Leitlinie (2017) nach VEGF-Versagen ab der zweiten Therapielinie empfohlen.
Nivolumab – ein Standard beim RCC
In Kombination mit Ipilimumab zeigte Nivolumab in der CheckMate-214-Studie auch gegenüber der Erstlinientherapie mit Sunitinib klare Wirksamkeitsvorteile. Laut Subgruppenauswertung profitierten primär die Patienten mit intermediärem bzw. ungünstigem Risikoprofil und jene mit einer PD-L1-Expression ≥ 1%. Die mediane progressionsfreie Zeit (PFS) der Patienten mit intermediärem bzw. ungünstigem Risikoprofil sowie PD-L1-Expression ≥ 1% wurde fast vervierfacht (22,8 vs. 5,9 Monate; p = 0,0003). Patienten mit günstigem Risikoprofil hatten dagegen unter Sunitinib eine höhere Ansprechrate und ein längeres medianes PFS. Allerdings liegen hier noch keine Überlebensdaten vor, so Herrmann einschränkend. Er sieht in der Kombination Nivolumab/Ipilimumab eine potenzielle Standardtherapie für die erste Therapielinie beim fortgeschrittenen RCC – möglicherweise allerdings nur bei intermediärem/ungünstigem Risikoprofil. Er wies darauf hin, dass die Kombination mehr Nebenwirkungen induziert als die Monotherapie, was vermehrt zu Therapieabbrüchen führen könnte.
Bewegung in der Therapie des Blasenkarzinoms
Beim fortgeschrittenen Urothelkarzinom bestätigen sich die guten Erfahrungen mit Nivolumab vom RCC, erläuterte Prof. Margitta Retz, Urologische Klinik am Klinikum rechts der Isar der TU München. Im historischen Vergleich mit der Chemotherapie erreichte die Monotherapie mit Nivolumab in der einarmigen Phase-II-Studie CheckMate-275 vielversprechende Ergebnisse bei mit Platin vorbehandelten Patienten. Die objektive Ansprechrate betrug 19,6%, zuzüglich 22,6% Krankheitsstabilisierungen. Me-dian überlebten die Patienten 8,74 Monate. Patienten mit einer PD-L1-Expression ≥ 1% überlebten median 11,3 Monate. Zudem bestätigte sich das gute Sicherheitsprofil von Nivolumab, das bereits vom RCC bekannt ist und dazu führte, dass die Lebensqualität unter der Therapie erhalten blieb, wie Retz betonte. Sie sieht in Nivolumab eine neue effektive Therapieoption beim fortgeschrittenen Urothelkarzinom nach Platin-Versagen.
Auch im Rahmen der Erstlinienbehandlung ist die Immuntherapie bei Patienten, die für eine platinhaltige Therapie nicht infrage kommen, eine Option, betonte Retz. Die Ansprechraten liegen hier mit Atezolizumab bzw. Pembrolizumab im Rahmen von Phase-II-Studien bei jeweils knapp 30%.
Perspektiven für die Zukunft
Auch im adjuvanten Setting sieht Retz in der Immuntherapie eine potenzielle Option. Nivolumab wird hier in der CA209-274-Studie als adjuvante Monotherapie versus Plazebo verglichen. Eine potenzielle neue Erstlinienoption ist laut Retz zudem die immunonkologische Kombinationstherapie. Ein interessantes Studienkonzept verfolgt die CA209-901-Studie, in der Nivolumab mit Ipilimumab kombiniert wird und die Patienten nach Ansprechen mit Nivolumab als Monotherapie weiterbehandelt werden. Im Kontrollarm erhalten sie eine Erstlinientherapie mit Platin/Gemcitabin. Weitere interessante Studienkonzepte – auch mit anderen immunonkologischen Substanzen – befinden sich in der klinischen Prüfung. Vielversprechend ist laut Retz, dass die Datenlage zur Immuntherapie – unabhängig von der eingesetzten Substanz – sehr konsistent sei.
Satellitensymposium „Immunonkologie bei Urogenitaltumoren: Daten – Fakten – Fälle“ im Rahmen der 69. DGU-Jahrestagung am 21.09.2017 in Dresden, unterstützt von Bristol-Myers Squibb, München.