Dieses Heft von Trillium Krebsmedizin widmet sich schwerpunktmäßig den Tumoren des Kopf-Hals-Bereichs. In diesem Gebiet der Onkologie hat sich in den letzten Jahren durch die Erkenntnisse zur Bedeutung der HPV-Positivität für die Entstehung und das Management von Kopf-Hals-Karzinomen (S. 429), aber auch durch die Einführung der Checkpoint-Inhibitoren im palliativen und neuerdings auch kurativen Setting (S. 447) viel getan. Weitere Schwerpunkte in diesem Heft sind die Rolle der Chirurgie und der Strahlentherapie in Abhängigkeit von der Tumorlokalisation (S. 436), ein CME-Beitrag zur detaillierten Darstellung der (Molekular-)Pathologie von Speicheldrüsentumoren (S. 450) sowie ein Überblick über die Möglichkeiten der „Liquid Biopsy“ als künftiges minimal-invasives diagnostisches und prognostisches Nachweisverfahren aus Körperflüssigkeiten (Blut und Speichel, S. 460).
Tumoren im Kopf-Hals-Bereich werden meist im Spätstadium diagnostiziert, weil Primärtumoren lange unbemerkt bleiben und oft erst die Lymphknotenmetastasen Anlass zu weiterführender Diagnostik geben. Bisher bedeutete dies für die Patienten eine lediglich rund 30%ige Chance auf Heilung. HPV-positive Karzinome kommen in der Regel bei jüngeren Patienten ohne die Risikofaktoren Rauchen und Alkohol vor und sind meist mit exzellenten Überlebensraten von 80–90% selbst bei nodaler Metastasierung assoziiert. In mehreren prospektiven Studien wird deshalb derzeit geprüft, ob eine Deeskalation der Therapie zur Reduktion von Nebenwirkungen unter Erhalt der hohen Heilungsraten möglich ist. Beim ESMO-Kongress 2018 wurden Daten präsentiert, wonach Patienten mit HPV-assoziierten Tumoren mit der herkömmlichen Radiochemotherapie mit Cisplatin ohne vermehrte Nebenwirkungen ein signifikant höheres 2-Jahres-Überleben erreichten als mit dem monoklonalen Antikörper Cetuximab (97,5% vs. 89,4%; HR 4,99, 95-KI 1,7–14,67; p = 0,001). Die Radiotherapie in Kombination mit Cisplatin wird deshalb vorderhand auch bei HPV-assoziierten Tumoren der Standard bleiben.
Im aktuellen TNM-Staging-System (8th Edition, 2017) wurde mit p16 als Surrogatmarker für HPV erstmals ein Biomarker integriert, wodurch HPV-assoziierte Tumoren als deutlich weniger risikoreich eingestuft werden. Welchen Einfluss dies auf die zukünftige Therapie und die Prognose dieser Tumoren hat, wird derzeit genauer untersucht.
Die Immuntherapie umfasst vor allem die seit Längerem zugelassene Behandlung von Plattenepithelkarzinomen des Kopf-Hals-Bereichs (HNSCC) mit dem EGFR-Antikörper Cetuximab und die Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren, von denen seit Kurzem in der EU zwei Präparate in der rezidivierten, platinresistenten Situation zugelassen sind. Wenige Tage vor Druck dieses Hefts wurden beim ESMO-Kongress die ersten Resultate der KEYNOTE-048-Studie zur Erstlinientherapie vorgestellt. Bei Patienten mit rezidiviertem und/oder metastasiertem HNSCC war Pembrolizumab in Bezug auf das Gesamtüberleben sowohl als Monotherapie wie auch in Kombination mit Chemotherapie dem bisherigen Standard klar überlegen. Diese Ergebnisse sind sehr ermutigend, zumal die Möglichkeiten bisher bei metastasierten Tumoren sehr beschränkt waren. Man kann nun davon ausgehen, dass Pembrolizumab als Monotherapie sowie in Kombination mit Chemotherapie in absehbarer Zukunft zugelassen und zum Standard für die Erstlinien-Behandlung von Patienten mit rezidiviertem oder metastasiertem HNSCC werden wird.