Invasive Pilzerkrankungen: mit hochpotenten neuen Substanzen behandeln

Invasive Pilzerkrankungen stellen vor allem bei Patienten mit hämatologischen Malignomen und nach der Transplantation hämatopoetischer Stammzellen eine Herausforderung dar. In einer retrospektiven Studie am Universitätsklinikum Straßburg, die R. Herbrecht, Straßburg, vorstellte, waren bei 1.184 erwachsenen immunsupprimierten oder schwerkranken Patienten 810 Infektionen durch Pilze verursacht, davon wiederum 771 invasiv; unter diesen waren 714 invasive Aspergillosen, 60 Mucor-Mykosen und 21 durch andere Spezies verursachte Erkrankungen. In 24 Fällen handelte es sich um Mischinfektionen aus Aspergillus-Arten und Mucor-Mykosen. Bei diesen Patienten sind Pilzinfektionen nach wie vor für einen nicht unwesentlichen Anteil der Mortalität verantwortlich.

Das Management invasiver Pilzinfektionen ist zunehmend komplexer geworden. Dass es Azol-resistente Aspergillus-Keime gibt, ist bekannt, aber das Problem scheine in Deutschland nicht wirklich virulent zu sein, so Andreas Groll, Münster: In der SEPIA-Studie konnten bei
179 Patienten mit akuten Leukämien, bei denen zwischen 2011 und 2013 eine invasive Aspergillose diagnostiziert worden war, unter 77 kultivierten A. fumigatus-Präparaten zwei Episoden von Azol-Resistenz (1,1%) identifiziert werden, die durch eine TR/LH98H-Mutation im CYP51A-Gen verursacht war [1]. Die Autoren folgern daraus, dass die derzeitige Praxis der Behandlung von invasiven Pilzinfektionen in deutschen Kliniken nicht geändert werden muss.
Die routinemäßige Prophylaxe hat sich als geeignet zur Vorbeugung invasiver Pilzinfektionen bei Hochrisiko-Patienten mit hämatologischen Malignomen erwiesen, aber in prolongierter Form kann sie mit unerwünschten Nebenwirkungen, Medikamenteninteraktionen und einer Zunahme resistenter Pathogene einhergehen, so Johan Maertens, Leuven. Darüber hinaus ist eine Verbesserung der Überlebenschancen der Patienten unter einer Routine-Prophylaxe nicht erkennbar. Fortschritte in der Diagnostik können eine frühe – und damit effektivere – Behandlung für mehr Patienten ermöglichen: Galactomannan-Assays, die Polymerase-Kettenreaktion und andere Methoden haben hohe positive und negative prädiktive Werte, und eine frühe, auf solchen diagnostischen Optionen basierende Behandlung kann sich auch günstig auf Ressourcennutzung und Kosten auswirken, so Maertens.

Leitlinien: Isavuconazol für die Primärtherapie geeignet

Thomas Patterson, San Antonio, referierte die neuesten Empfehlungen der zuständigen Fachgesellschaften für die Therapie invasiver Aspergillosen der Lunge:
• Die Infectious Diseases Society of America (IDSA) empfiehlt bei starkem Verdacht auf eine invasive pulmonale Aspergillose den frühen Beginn einer antifungalen Therapie und parallel eine diagnostische Evaluation [2]. Bei den Empfehlungen zur Primärtherapie steht Voriconazol an erster Stelle, weil hier die verfügbare Evidenz die höchste Qualität besitzt. Ebenfalls eine starke Empfehlung gibt es für die Alternativen liposomales Amphotericin B und Isavuconazol (Cresemba®), für die lediglich die Qualität der Evidenz etwas geringer ist. In ausgewählten Fällen einer dokumentierten invasiven Infektion kann eine Kombination aus Voriconazol und einem Echinocandin erwogen werden, wofür allerdings sowohl die Empfehlung als auch die Qualität der Evidenz relativ schwach ist.
• In den Empfehlungen der European Conference on Infections in Leukemia (ECIL-6; [3]), so Patterson, werden sowohl Voriconazol als auch Isavuconazol mit einer Empfehlung des Grads AI als mögliche Primärtherapien geführt. Isavuconazol wird als genauso wirksam, aber besser verträglich als das ältere Azol bezeichnet. Auch hier werden Kombinationen in der Erstlinie nicht routinemäßig empfohlen.

Isavuconazol im Vergleich gleich wirksam, aber besser verträglich als Voriconazol

Isavuconazol ist ein neues Triazol mit einem erweiterten Wirkspektrum, das auch Mucorales und andere Schimmelpilze umfasst. Es kann intravenös und oral verabreicht werden, enthält in der intravenösen Galenik kein Cyclodextrin, und bei der oralen Einnahme muss der Patient keine Rücksicht auf die Nahrungsaufnahme nehmen. Die Zulassung zur Behandlung invasiver Aspergillosen basiert auf der Phase-III-Studie SECURE, wo Isavuconazol bei 527 erwachsenen Patienten randomisiert mit Voriconazol verglichen wurde [4]. Primärer Endpunkt war die Nicht-Unterlegenheit bei der Mortalität bis zum Tag 42, wo sich Isavuconazol mit 19% versus 20% als absolut vergleichbar mit dem älteren Triazol zeigte. Ähnliches galt für das Gesamtansprechen auf die antifungale Therapie sowie für klinisches, mykologisches und radiologisches Ansprechen. Unerwünschte Wirkungen waren insgesamt vergleichbar häufig (96% vs. 98%), aber bei durch die Medikamente verursachten Nebenwirkungen war Isavuconazol mit 42% versus 60% signifikant überlegen (p < 0,001); das betraf insbesondere hepatobiliäre Störungen (9% vs. 16%; p = 0,016), Augenprobleme (15% vs. 27%; p = 0,002) und Störungen an Haut oder subkutanem Gewebe (33% vs. 42%; p = 0,037). Auf diesen Daten beruht die auch in den zitierten Empfehlungen ge­äußerte Einschätzung, so Patterson, dass Isavuconazol genauso wirksam, aber besser verträglich ist als Voriconazol und damit als Primärtherapie von invasiven Aspergillosen indiziert ist.

Auch gegen Mucorales und andere Pilze aktiv

Bei den Mucor-Mykosen werden derzeit als Behandlungsoptionen liposomales Amphotericin B, Isavuconazol und Posaconazol angesehen. In der globalen einarmigen VITAL-Studie waren unter der Primärtherapie mit Isavuconazol nach 42 Tagen 33% der Patienten verstorben, verglichen mit 39% aus dem FungiScope-Register, die primär auf der Basis von Amphotericin B behandelt worden waren [5]. Und in einer weiteren einarmigen Studie konnten auch invasive Infektionen mit Kryptokokken und andere dimorphe Mykosen erfolgreich mit Isavuconazol behandelt werden, mit einer Ansprechrate von 63% und 21% Krankheitsstabilisierungen [6].

Josef Gulden

 

Literatur
1. Koehler P et al. Int J Antimicrobial Agents 2017; 49: 218-223.
2. Patterson TF et al. Clin Infect Dis 2016; 63: 433-42.
3. Tissot F et al. Haematologica 2017; 102: 433-44.
4. Maertens JA et al. Lancet 2016; 387: 760-9.
5. Marty FM et al. Lancet Infect Dis 2016; 16: 828-37.
6. Thompson GR et al. Clin Infect Dis 2016; 63: 356-62.


Satellitensymposium „Insights and opportunities in IMD and haematologic malignancies“ & Meet-the-Expert-Session im Rahmen der Jahrestagung der European Society for Blood and Marrow Transplantation (EBMT) am 26.03.2017 in Marseille, unterstützt von Basilea Pharmaceutica.