Das jedes Jahr im Dezember stattfindende San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) ist der weltweit führende Kongress zur Behandlung des Mammakarzinoms. Im Dezember 2016 standen neben aktuellen Studienergebnissen auch translationale Forschungsprojekte sehr stark im Fokus des Interesses. Viele Ergebnisse hatten daher auch wegweisenden Charakter.
Ein wichtiges Thema mit unmittelbarer praktischer Relevanz war die erweiterte adjuvante endokrine Therapie mit einem Aromatasehemmer (AH) bei postmenopausalen Patientinnen mit frühem Hormonrezeptor(HR)-positivem Mammakarzinom. Vorgestellt wurden die Ergebnisse von drei großen randomisierten Phase-III-Studien – der NSABP-B-42-Studie [1], der DATA- [2] und der IDEAL-Studie [3]. Alle drei Studien waren hinsichtlich des primären Endpunktes negativ und weisen trotz unterschiedlichem Design in die gleiche Richtung: Zukünftig wird die Indikation für die erweiterte adjuvante endokrine Therapie mit einem Aromatasehemmer sehr individuell zu stellen sein. Vor allen Dingen Hochrisiko-Patientinnen scheinen zu profitieren. Zudem spielt die adjuvante endokrine Vorbehandlung eine Rolle.
Erweiterte adjuvante endokrine Therapie im Fokus
In der NSABP-B-42-Studie [1] hatten die Patientinnen fünf Jahre adjuvant Tamoxifen oder die Sequenz aus Tamoxifen plus Aromatasehemmer erhalten und waren anschließend randomisiert worden, über weitere fünf Jahre mit dem Aromatasehemmer Letrozol oder mit Placebo weiterbehandelt zu werden. Beim primären Endpunkt krankheitsfreies Überleben (DFS) zeigte sich zwar ein deutlicher Vorteil zugunsten der Weiterbehandlung mit Letrozol (3-Jahres-DFS: 84,7% vs. 81,3%; HR 0,85; p = 0,048), ohne dass allerdings der präspezifizierte Signifikanz-Wert (p = 0,0418) erreicht worden wäre. Laut multivariater Analyse profitierten speziell die älteren Patientinnen (≥ 60 Jahre), jene mit Lymphknotenbefall (pN+), mit Tamoxifen-Vorbehandlung sowie jene, die mastektomiert worden waren (jeweils p < 0,01). Signifikante Vorteile zugunsten der endokrinen Weiterbehandlung zeigten sich in einer weiteren Auswertung beim brustkrebsfreien Intervall (HR 0,71; p = 0,003) und beim Auftreten von Fernmetastasen (HR 0,72; p = 0,03).
Auch in der DATA- und IDEAL-Studie wurde der primäre Studienendpunkt nicht erreicht: In beiden Studien wurden die Patientinnen nach 5-jähriger adjuvanter endokriner Therapie endokrin weiterbehandelt, aber mit unterschiedlicher Dauer: 2,5 bzw. drei Jahre versus fünf bzw. sechs Jahre. In der DATA-Studie [2] ergab die Intent-to-treat-Analyse nur für die Risikopatientinnen (pT2–4; pN+; ER+/PR+; HER2-negativ; (neo)adjuvante Chemotherapie) einen signifikanten DFS-Vorteil unter 6-jähriger Gabe von Anastrozol versus 3-jähriger Anastrozol-Gabe (HR 0,58; p = 0,01). Knochen- und Muskelschmerzen waren unter der längeren Therapie häufiger. Analoge Ergebnisse zeigten sich in der IDEAL-Studie [3]: Hier wurden die Patientinnen mit Letrozol über 2,5 Jahre bzw. fünf Jahre weiter behandelt. Mit zunehmender Therapiedauer nahm die Compliance deutlich ab (57% nach 4–5 Jahren), ohne dass sich die längere Therapiedauer in einem signifikanten Wirksamkeitsvorteil niedergeschlagen hätte.
Bedeutung für den klinischen Alltag
Michael Gnant, Wien, der die Ergebnisse vor Ort als unabhängiger Experte kommentierte, empfiehlt für Patientinnen, die in den ersten fünf Jahren Tamoxifen erhalten haben, eine erweiterte adjuvante Therapie mit einem Aromatasehemmer, sofern keine Kontraindikationen bestehen [4]. Für jene, die bereits mit einem Aromatasehemmer vorbehandelt sind, sollte eine besonders sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung vorgenommen werden: Wie gut hat die Patientin den Aromatasehemmer bislang vertragen? Wie gut ist die Knochendichte und wie hoch ist das Rückfallrisiko? Patientinnen mit niedrigem Rezidivrisiko sowie jene, die unter der AH-Gabe klinisch relevante Nebenwirkungen hatten, sollten laut Gnant keine erweiterte adjuvante endokrine Behandlung mit einem Aromatasehemmer erhalten (Abb. 1). Zudem wurde in der IDEAL-Studie gezeigt, dass insbesondere Patientinnen mit positivem Östrogen- und positivem Progesteronrezeptor-Status von der längeren adjuvanten endokrinen Therapie profitieren.