mCRC: Tumorlokalisation als möglicher Prognoseparameter

Beim metastasierenden Kolorektalkarzinom (mCRC) scheint die Tumorlokalisation eine prädiktive und prognostische Bedeutung zu haben. Wie eine aktuelle retrospektive Analyse zeigt, weisen Patienten mit KRAS-Wildtyp (WT) und primärem linksseitigem Dickdarmtumor ein besseres Gesamt- sowie progressionsfreies Überleben auf als bei rechtsseitiger Lokalisation.

Dies ergab eine im Vorfeld der Untersuchung nicht geplante Analyse [1] der Studie CALGB/SWOG 80405, die den Einfluss der Lokalisation des Primärtumors auf die Wirksamkeit einer kombinierten Erstlinientherapie bei mCRC-Patienten untersuchte. Der rechte Dickdarm reichte dabei definitionsgemäß vom Caecum bis zum Colon transversum, der linke von der Milzflexur bis zum Rektum.
Den Ergebnissen zufolge verhielten sich die rechts- und linksseitigen Kolorektalkarzinome hinsichtlich der Prognose signifikant unterschiedlich, sagte Prof. Arndt Vogel, Hannover. Bei rechtsseitigen Primärtumoren lag bei Patienten mit KRAS WT die mediane Gesamtüberlebenszeit (OS) bei 19,4 Monaten, bei linksseitiger Lokalisation bei 34,2 Monaten. Das progressionsfreie Überleben (PFS) betrug dementsprechend 8,9 sowie 11,5 Monate.
Unterschieden nach der eingesetzten Antikörper-Therapie betrug bei rechtsseitiger Tumorlokalisation das OS unter einer Kombinationsbehandlung aus Chemotherapie und dem EGFR-Antikörper Cetuximab 16,4 und mit dem VEGF-Antikörper Bevacizumab (Avastin®) in Kombination mit einer Chemotherapie 24,5 Monate. Bei linksseitiger Lokalisation lag das OS bei 37,5 Monaten (Cetuximab) und bei 32,1 Monaten (Bevacizumab).
Auch eine Subgruppenanalyse [2] der Studie FIRE-3 zeigte bei mCRC-Patienten mit KRAS WT prognostische Unterschiede hinsichtlich der Tumorlokalisation. Unter der Behandlung mit dem FOLFIRI-Schema plus Cetuximab lag die objektive Ansprechrate (ORR) beim rechtsseitigen Tumor bei 46,7% und beim linksseitigen bei 70,1%. Für FOLFIRI plus Bevacizumab betrugen die ORR-Raten 48,7% und 62,2%.
In dieser Analyse wurden auch die Geschlechtsunterschiede im Hinblick auf das Ansprechen auf die Therapie untersucht. Dabei konnte ein Trend zu einer niedrigeren Ansprechrate und zu einem kürzeren PFS sowie OS bei Frauen gegenüber männlichen Patienten festgestellt werden.
Da es sich bei den Analysen um re­trospektive, nicht-geplante Subgruppenauswertungen handelte, kann die prädiktive und prognostische Bedeutung der primären Tumorlokalisation noch nicht endgültig beurteilt werden. In der ursprünglichen Studie CALGB/SWOG 80405 ohne Aufteilung nach Darmlokalisation war kein Unterschied bei der Therapie mit den beiden Antikörpern bezüglich des OS und PFS beobachtet worden, wenn sie zur Erstlinienbehandlung mit den Chemotherapie-Schemata FOLFOX oder FOLFIRI eingesetzt wurden.
Wie Prof. Nils Homann, Wolfsburg, ausführte, haben rechtsseitig und linksseitig lokalisierte Tumoren unterschiedliche pathologische und molekulare Profile. Einige dieser molekularen Faktoren scheinen für einen Großteil der Unterschiede zwischen den Lokalisationen verantwortlich zu sein. Weiter wurde gezeigt, dass Patienten mit rechtsseitig gelegenen Tumoren meist älter und häufiger Frauen sind. Aus diesen Gründen könnte sich in Zukunft die Behandlung von mCRC-Patienten stärker an der Lokalisation des Primärtumors orientieren.
Weitere Gründe für ein unterschiedliches Verhalten von linker und rechter Darmhälfte könnten darin bestehen, dass beide Seiten eine unterschiedliche Blutversorgung aufweisen und sich in ihrem Aufbau unterscheiden. So nimmt der Anteil Schleim-produzierender Becherzellen in Richtung des linken Darmabschnitts zu; auch ist die Bakterienbesiedlung linksseitig höher. Außerdem verhalten sich die beiden Darmseiten genetisch in ihren Expressionsprofilen und der Transkriptionsaktivität unterschiedlich.
Diese Unterschiede könnten Einfluss auf die Funktion des Dickdarms und die Tumorentstehung haben. Zur Hypothese für eine prädiktive sowie prognostische Bedeutung der Tumorlokalisation passt auch, dass BRAF-mutierte Tumoren, die eine schlechte Prognose haben, verstärkt rechtsseitig auftreten.

Ralph Hausmann


Literatur
1. Venook AP et al. J Clin Oncol 2016, 34 (Suppl., ASCO 2016, Abstract #3504).
2. Heinemann V et al. J Clin Oncol 2014; 32 (Suppl., ASCO 2014, Abstract #3600).

Pressegespräch „First-Line-Therapie des mCRC: Welchen Einfluss hat die Tumorlokalisation auf die Behandlung von RAS-Wildtyp-Patienten?“ am 27.7.2016 in Frankfurt/Main, veranstaltet von Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen.