Endometriumkarzinom – Diagnostik und therapeutische Konzepte
Das Endometriumkarzinom ist in entwickelten Ländern neben dem Mammakarzinom der häufigste maligne gynäkologische Tumor. Angesichts einer insgesamt ausgesprochen guten Prognose, bedingt durch die in der Regel sehr frühe Diagnose, erscheint ein Screening asymptomatischer Frauen nicht erforderlich. Die Diagnose erfolgt in der Regel bei der Abklärung von atypischen Blutungen zunächst durch vaginalen Ultraschall und Endometrium-Biopsie und sollte im Regelfall ein operatives Staging mit Hysterektomie und Exploration des Abdomens nach sich ziehen. Eine konservative Behandlung zur Fertilitätserhaltung ist kein Standard und sollte nur in sehr frühen Stadien auf dringenden Wunsch und nach sorgfältiger Aufklärung der Patientin erfolgen, die danach engmaschig kontrolliert werden muss. Die Therapie besteht in der möglichst radikalen Operation, die bei frühen Stadien abhängig vom Rezidivrisiko von einer adjuvanten Therapie (Strahlen- und/oder Chemotherapie) begleitet wird. In den seltenen fortgeschrittenen Stadien ist eine Hormontherapie mit Gestagenen (bei Hormonrezeptor-positiven Tumoren) oder eine Chemotherapie (gegebenenfalls mit Bestrahlung) die Behandlung der Wahl.
Die bereits seit Längerem angekündigte Umwandlung der abgelaufenen S2k-Leitlinie [1] in eine S3-Leitlinie ist in Vorbereitung; bisher gibt es dazu nur Aktualisierungen der Kommission Uterus der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e. V. [2]. Auf diese sowie auf die Anfang 2016 publizierten Empfehlungen einer Konsensuskonferenz von European Society for Medical Oncology (ESMO), European Society for Radiotherapy & Oncology (ESTRO) und European Society of Gynaecological Oncology (ASGO), auf die im Folgenden kurz mit „ESMO“ verwiesen wird [3], wird sich diese Übersicht hauptsächlich beziehen.
Epidemiologie und Ätiologie
Malignome des Uterus bilden mit jährlich rund 11.000 Neuerkrankungen und einem Anteil von 4,8% an allen bösartigen Neubildungen die vierthäufigste Krebserkrankung bei Frauen und die häufigsten weiblichen Genitaltumoren. Aufgrund der guten Prognose fällt der Anteil an allen krebsbedingten Todesfällen mit 2,5% deutlich niedriger aus [4].
Histologisch sind die Korpuskarzinome meist endometriale (von der Schleimhaut der Gebärmutter ausgehende) Adenokarzinome – darauf wird sich diese Übersicht konzentrieren. Die altersstandardisierte Erkrankungsrate hat zwischen 2000 (etwa 18/100.000 Frauen pro Jahr) und 2012 (16,6/100.000 Frau pro Jahr) leicht abgenommen. Das Lebenszeitrisiko für diese Erkrankungen liegt bei 2,1%. Die krankheitsspezifische Sterblichkeit ging in Deutschland seit 1980 um etwa die Hälfte zurück, und die standardisierte Sterberate lag im Jahr 2012 bei 3,0/100.000 Frauen pro Jahr. Das Lebenszeitrisiko für Frauen, an einem Uterustumor zu versterben, beträgt derzeit etwa 0,5%.
Etwa 80% der Korpuskarzinome werden im Stadium I diagnostiziert, wo die 5-Jahres-Überlebensrate bei über 95% liegt, während sie bei lokal fortgeschrittener Erkrankung mit 68% und vor allem bei Vorliegen von Fernmetastasen mit nur mehr 17% wesentlich niedriger ist [3]. Viele Patientinnen sterben nicht an ihrem Tumor, sondern – wie bei einem mittleren Erkrankungsalter von 69 Jahren nicht anders zu erwarten – an Komorbiditäten.
Man unterscheidet beim Endometriumkarzinom zwei Typen [5, 6], den Östrogen-assoziierten Typ I und den Östrogen-unabhängigen Typ II.
Typ-I-Endometriumkarzinom (80–90%; [3])
Ist das Endometrium einem Überschuss an Östrogenen ausgesetzt, deren Wirkung nicht durch Gestagene kompensiert wird, kommt es zunächst wahrscheinlich zu einer Endometrium-Hyperplasie, in deren Kontext sich atypische Zellen vermehren, sodass letztlich ein gut differenziertes endometrioides Endometriumkarzinom entsteht, das weiterhin hormonabhängig bleibt. Zusätzliche Mutationen vor allem auch im p53-Gen, können zu einer Entdifferenzierung führen, als deren Folge die Tumorzellen keine Östrogen- und Gestagen-Rezeptoren mehr exprimieren: Man spricht dann von einem Typ-II-Karzinom [5, 6].
Risikofaktoren für ein Typ-I-Endometriumkarzinom sind zahlreich [5–8]: Als wichtigster ist ein lang andauernder Östrogeneinfluss zu nennen, d. h. frühe Menarche, spätes Klimakterium, Nulliparität oder Erkrankungen der Ovarien wie polyzystische Ovarien erhöhen das Erkrankungsrisiko. Auch exogen zugeführte Östrogene, v. a. in Monotherapie während der Wechseljahre, wirken in diesem Sinn, eine Kombination mit Gestagenen reduziert das Risiko. Ähnliches gilt für orale Kontrazeptiva, wenn sie Östrogen-Gestagen-Kombinationen enthalten bzw. Gestagen-haltige Intrauterinpessare. Lebensstilfaktoren wie Übergewicht und Bewegungsmangel begünstigen die Entstehung hormonabhängiger Endometriumkarzinome ebenso wie ein Typ-2-Diabetes. Eine Tamoxifen-Behandlung wegen eines Mammakarzinoms begünstigt die Entwicklung einer Endometrium-Hyperplasie, die wiederum das Karzinomrisiko erhöht. Frauen, die an einem Lynch-Syndrom leiden (Hereditary Non-Polyposis Colorectal Cancer, HNPCC), haben ein Lebenszeitrisiko für ein Endometriumkarzinom von 40–70%. Umgekehrt findet man bei 2,3% aller Patientinnen mit Endometriumkarzinom ein Lynch-Syndrom [9].
Typ-II-Endometriumkarzinom (10–20%; [3])
Typ-II-Endometriumkarzinome machen etwa ein Zehntel aller Erkrankungen aus; dazu zählen seröse und klarzellige Endometriumkarzinome, G3-Endometriumkarzinom und Karzinosarkome. Die Patientinnen sind meist älter, nicht adipös und Östrogen scheint hier keine Rolle zu spielen; Risikofaktoren sind vor allem zunehmendes Alter und eine Bestrahlung des Uterus, z. B. wegen eines anderen Malignoms [5, 6]. Auch bei Frauen mit Lynch-Syndrom treten Typ-II-Endometriumkarzinome auf [9]. Sie entstehen typischerweise aus atrophischer Uterusschleimhaut, weisen bereits früh Mutationen im p53-Tumorsupressorgen, aber keine Östrogen- und/oder Progesteron-Rezeptoren auf [10].
Histologische Klassifikation nach WHO
Histologisch werden die Endometriumkarzinome und ihre Vorstufen anhand der WHO-Klassifikation eingeordnet [10].
Typ-I-Karzinome
Endometriumkarzinome weisen zu einem überwiegenden Teil eine endometrioide Gestalt auf, aber auch muzinöse und Plattenepithelkarzinome zählen dazu. Typ-I-Karzinome entwickeln sich meist aus einer atypischen Endometrium-Hyperplasie, die in knapp der Hälfte der Fälle maligne entarten kann [10]. Findet man eine solche atypische Hyperplasie im Abradat oder in der Biopsie des Endometriums, so kann der Pathologe nach der Hysterektomie in 30–60% der Fälle ein invasives Endometriumkarzinom nachweisen [10, 11]. Von den atypischen Hyperplasien unterscheidet die WHO-Klassifikation von 2014 nur mehr einfache Hyperplasien ohne atypische Zellen, die meist benigner Natur und in aller Regel reversibel sind [10].
Typ-II-Karzinome
Zu dieser Gruppe zählen die serösen und klarzelligen, per definitionem high-grade-Karzinome. Die Typ-II-Karzinome entwickeln sich oft aus endometrialen intraepithelialen Karzinomen im atrophischen Endometrium, die im Gegensatz zur Hyperplasie, die dem Typ-I-Endometriumkarzinom vorausgeht, in der Regel in der Sonografie nicht zu erkennen sind [10].
Auch wenn in vielen Typ-II-Endometriumkarzinomen (ca. 40%) auch Typ-I-Anteile zu finden sind, sollte im pathologischen Befund der Nachweis einer Typ-II-Komponente betont werden, weil eine solche für die sehr viel schlechtere Prognose bestimmend ist [2].
Karzinosarkome des Endometriums (sogenannte Müller-Mischtumoren) wurden früher zu den uterinen Sarkomen gruppiert. Mittlerweile gelten sie als metaplastische Karzinome, die den Typ-II-Endometriumkarzinomen zugezählt werden.
Die Zukunft der Onkologie insgesamt und damit auch der gynäkologischen Malignome wird durch eine molekularbiologische Differenzierung der Tumoren gekennzeichnet sein, die eine zunehmend stärkere Personalisierung der Therapie gestatten wird. Analysen von The Cancer Genome Atlas (TCGA) Research Network haben beispielsweise vier molekulare Subtypen von Endometriumkarzinomen differenziert, die sich insbesondere durch ihre Mutationslast unterscheiden [12]. So bedarf es keiner großen Prophetie, um vorherzusagen, dass die molekularbiologische Analyse eines Abradats oder einer Biopsie in naher Zukunft sowohl die chirurgische (z. B. Indikationsstellung zu einer Lymphonodektomie) als auch die adjuvante Therapie (Chemotherapie, Target-Therapie, Bestrahlung etc.) steuern wird.
Diagnostik des Endometriumkarzinoms
Fast alle Endometriumkarzinome fallen initial durch abnorme Blutungen auf, umgekehrt geht ungefähr jede sechste uterine Blutung bei postmenopausalen Frauen auf ein Endometriumkarzinom zurück [13]. Früherkennungsstrategien bei asymptomatischen Frauen mittels transvaginalem Ultraschall haben sich nicht bewährt, weil hier 20% aller Endometriumkarzinome nicht erkannt werden; die "number needed to treat", um bei suspekter Sonografie mittels Biopsie und histologischer Abklärung ein zusätzliches Endometriumkarzinom zu finden, liegt bei 60 Frauen [14], und dann ist unklar, ob diese zusätzlich entdeckten Tumoren überhaupt klinisch relevant sind [9]. Ebenso wenig wird ein sonografisches Screening bei Frauen empfohlen, die Tamoxifen einnehmen [13, 17]. Auch bei Hochrisiko-Patientinnen, etwa bei Frauen mit Lynch-Syndrom, ist der Nutzen eines Screenings mit transvaginalem Ultraschall nicht nachgewiesen [9], dennoch empfiehlt die ESMO-Konsensuskonferenz für diese Patientinnen aufgrund des hohen Risikos eine jährliche Überwachung mit gynäkologischer Untersuchung, transvaginalem Ultraschall und Aspirations-Biopsie [3]. Nach abgeschlossener Familienplanung kann den Frauen zur Krebsprävention eine Hysterektomie mit Adnektomie beidseits angeboten werden.
Ist eine histologische Abklärung zum Beispiel wegen einer abnormen uterinen Blutung indiziert, so ist die Methode der Wahl die Hysteroskopie mit fraktionierter Abrasio und vorausgehender Darstellung einer möglichen Infiltration des Myometriums und der Adnexe im transvaginalen Ultraschall [5]. Die Endometrium-Biopsie bietet Nachweisraten von 99,6% für Endometriumkarzinome und 98% für Endometrium-Hyperplasien [5].
Um die FIGO-Klassifikation [15] anzuwenden, ist ein obligates operatives Staging des Endometriumkarzinoms erforderlich. Daher kommt präoperativ neben einer klinischen Untersuchung, bei der etwa vergrößerte Lymphknoten inguinal oder supraklavikulär getastet werden, an Bildgebung lediglich der transvaginale Ultraschall, die Sonografie der Nieren und im Sinne einer Operationsvorbereitung ein Röntgen-Thorax zum Einsatz. Das eigentliche Staging, also die Beurteilung der lokalen und intraabdominellen Tumorausbreitung erfolgt intraoperativ durch Inspektion, Palpation, Resektion oder Biopsie sowie durch histologische Aufarbeitung von Tumor bzw. Biopsien und resultiert in der Einstufung der Erkrankung gemäß der UICC- bzw. FIGO-Klassifikation (Tab. 1; [15]). Computer- (CT), Kernspin- (MRT) und Positronenemissionstomografie (PET), gegebenenfalls in Kombination mit CT (PET/CT) sind zunächst nicht indiziert – abgesehen von solchen Patientinnen, die nicht operabel sind und primär bestrahlt werden sollen: Hier bietet sich zur Bestrahlungsplanung natürlich die Durchführung eines MRT an [2, 5].
Therapie der Endometriumtumoren
Hyperplasien und Frühstadien des Endometriumkarzinoms
Hyperplasien ohne Atypien
Hyperplasien ohne atypische Zellen sind im Regelfall benigne und vollständig reversibel, sofern die auslösende Störung zum Sistieren gebracht werden kann. Der wichtigste Auslöser uteriner Blutungen im Klimakterium sind anovulatorische Zyklen, die sich mit einer zyklischen Gestagen-Substitution oder einem Gestagen-haltigen Intrauterinpessar behandeln lassen, bei Frauen mit Adipositas und/oder Stein-Leventhal-Syndrom auch mit einem Gestagen-betonten oralen Kontrazeptivum. Sehr adipöse Frauen in der Postmenopause mit Endometrium-Hyperplasie, aber ohne Atypien können mit einem Gestagen-haltigen Intrauterinpessar oder einer totalen Hysterektomie behandelt werden [17].
Endometrium-Hyperplasien mit Atypien und frühe, gut differenzierte endometrioide Karzinome
Findet sich im Abradat oder in der Biopsie eine Endometrium-Hyperplasie mit Atypien, so ist in vielen Fällen ein invasives Endometriumkarzinom bereits vorhanden, oder es wird sich bald entwickeln [10]. In beiden Fällen ist die totale Hysterektomie die Therapie der Wahl mit einer hohen kurativen Erfolgsrate. Konservativ zum Zweck der Fertilitätserhaltung dürfen hier allenfalls Frauen mit einer atypischen Endometrium-Hyperplasie oder mit endometrioidem Endometriumkarzinom vom Grad 1 und einem klinischen Stadium FIGO IA ohne myometrane Infiltration, die Progesteron-Rezeptoren exprimieren, behandelt werden [2, 17]. Diese Art der Behandlung hat als experimentell zu gelten, und es empfiehlt sich, die ausführliche Aufklärung der Patientin darüber ausreichend zu dokumentieren. Zur Erfolgskontrolle, d. h. zum Nachweis der kompletten Entfernung aller Anomalien ist eine Hysteroskopie mit Abrasio indiziert. Eine myometrane Infiltration kann per MRT weitgehend ausgeschlossen werden, ein extrauteriner Befall oder ein synchrones Ovarialkarzinom durch eine Laparoskopie. Die Behandlung und Beratung solcher Patientinnen ist in jedem Fall in einem spezialisierten Zentrum durchzuführen [3].
Zur konservativen Therapie bieten sich hoch dosierte Gestagene oder ein Gestagen-haltiges Intrauterinpessar an. Damit lassen sich Remissionsraten von 40–80% und Schwangerschaften bei ungefähr einem Drittel der Frauen erreichen [6]. Ebenfalls in einem guten Drittel der Fälle kann allerdings nach einer initialen Remission ein Rezidiv auftreten. Deshalb empfehlen sich unter der konservativen Therapie im 3-Monats-Abstand Re-Biopsien und, wenn nach höchstens einem Jahr keine komplette Remission erreicht wurde, in jedem Fall der Staging-Eingriff mit der Hysterektomie. Das Gleiche gilt, wenn die Familienplanung abgeschlossen ist. Auch wenn der Kinderwunsch erfüllt ist oder aufgegeben wird, soll die Hysterektomie wegen der hohen Rezidivrate umgehend erfolgen [3]. Sofern keine familiäre Häufung eines Ovarialkarzinoms bekannt ist (z. B. bei einem Lynch-Syndrom), können insbesondere bei jüngeren Patientinnen die Ovarien belassen werden, wobei der ESMO-Konsens eine Salpingektomie empfiehlt [3].
Chirurgische Therapie
Ähnlich wie beim Ovarialkarzinom ist beim Endometriumkarzinom ein systematisches operatives Staging der Standard, mit dem allein sich die Erkrankung einem TNM- bzw. FIGO-Stadium zuordnen lässt und auf dem die gesamte übrige, insbesondere die adjuvante Therapie aufbaut [5]: Beim Endometriumkarzinom besteht es aus einer Hysterektomie und einer beidseitigen Salpingo-Oophorektomie, während die Empfehlungen zur Entnahme pelviner und paraaortaler Lymphknoten mittlerweile vom Stadium abhängig gemacht wird (s. unten). Eine intraabdominale Spülzytologie ist zwar für das Staging nicht mehr relevant, aber dennoch weiterhin zu empfehlen [2, 5, 17].
Die komplette pelvine und paraaortale Lymphonodektomie wird mittlerweile bei Patientinnen mit Typ-I-Endometriumkarzinom des Stadiums pT1a (< 50% Myometrium-Infiltration) mit einem Grading von 1 oder 2 nicht mehr gefordert, weil sich gezeigt hat, dass hier bei weniger als einem Zehntel der Patientinnen befallene Lymphknoten gefunden werden, das Risiko für das Auftreten nodaler Rezidive vernachlässigbar ist [18] und die krankheitsspezifischen 5-Jahres-Überlebensraten unabhängig von der Durchführung einer Lymphonodektomie über 96% liegen [19].
Auf der anderen Seite birgt die Lymphknotendissektion hier wie auch bei anderen Lokalisationen ein hohes Risiko für das Auftreten von Komplikationen wie zum Beispiel Lymphozelen oder Lymphödemen in den Beinen [5, 18, 19]. In zwei randomisierten Studien konnte die Entfernung der pelvinen Lymphknoten bei solchen Niedrigrisiko-Patientinnen die Prognose nicht beeinflussen, ging aber mit einer deutlich höheren therapiebedingten Morbidität einher [20, 21], weshalb die Kommission Uterus der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) ebenso wie der ESMO-Konsensus die Lymphonodektomie hier nicht mehr empfehlen [2, 3].
Auffällige Lymphknoten sind jedoch immer zu entfernen und stellen eine Indikation zur kompletten systematischen Lymphonodektomie dar [5]. Beim Endometriumkarzinom mit höherem Risiko (≥ pT1b, G3; high-grade-Endometriumkarzinom) gibt es bisher lediglich retrospektive Untersuchungen, die aber einen Vorteil durch eine systematische Entfernung der pelvinen, paraaortalen und parakavalen Lymphknoten bis hin zu den Nierengefäßen belegen, weil bei einem erheblichen Anteil von Patientinnen Metastasen in diesen Lymphknoten gefunden werden [3, 19, 22]. Die Entfernung und pathologische Untersuchung der retroperitonealen Lymphknoten ist hier nicht nur prognostisch von Bedeutung, sondern kann auch die Therapie steuern: Die Diagnose pN1 führt zu einer Verschiebung hin zu einem Stadium FIGO IIIC1 oder IIIC2, was entsprechende adjuvante Therapiemaßnahmen nach sich ziehen sollte (Chemotherapie, Radiatio) [3, 5].
Im Stadium II des Endometriumkarzinoms sollte nach den neuen Empfehlungen der AGO sowie nach dem ESMO-Konsensus keine radikale Hysterektomie mehr durchgeführt werden [2, 3, 23].
Bei Vorliegen eines serösen oder klarzelligen Endometriumkarzinoms sollten zusätzlich multiple peritoneale Biopsien entnommen sowie eine Omentektomie durchgeführt werden, ebenso bei endometrioiden Karzinomen, bei denen intraoperativ ein klinisches Stadium IIIa vorgefunden wird [2, 3, 5].
Bei Anwendung laparoskopischer Operationstechniken sind die peri- und die kurzfristige postoperative Morbidität geringer, und vor allem Wundheilungsstörungen sind seltener als bei offenem Vorgehen. Langfristig unterscheidet sich die Morbidität allerdings einer Cochrane-Analyse zufolge zwischen beiden Verfahren nicht [24]. Beim Low-risk-Endometriumkarzinom bieten laparoskopische und offene Operationsverfahren wohl die gleiche onkologische Sicherheit [25], weshalb das laparoskopische Vorgehen für diese Patientinnen im ESMO-Konsensus empfohlen wird [3].
Für die High-risk-Endometriumkarzinome gibt es diesbezüglich lediglich retrospektiv erhobene Daten [2, 24, 26]. Wird das Risiko sowohl für die offene als auch für die laparoskopische Operation als zu hoch eingeschätzt (hohes Alter, starkes Übergewicht), bietet sich die vaginale Hysterektomie als Alternative an [3, 5]. Für Patientinnen, für die auch ein solcher Eingriff nicht infrage kommt, bieten sich eine primäre Radiotherapie oder eine Hormontherapie an [3].
Adjuvante Therapie
Eine adjuvante Therapie sollte das Risiko für die Entwicklung von Rezidiven und Metastasen reduzieren und daher möglichst nur Patientinnen gegeben werden, bei denen ein nennenswertes Risiko dafür besteht. In Zukunft werden hier sicherlich molekulare Faktoren eine wichtige Rolle spielen, aber derzeit ist ihre Bedeutung noch so unklar, dass die Konsensuskonferenz der ESMO sie in ihre neue Klassifikation von Risikogruppen nicht aufgenommen hat. Diese soll der Identifizierung von Patientinnen dienen, die von einer adjuvanten Therapie profitieren könnten (Tab. 2; [3]).
Adjuvante Strahlentherapie
Die Anwendung einer adjuvanten Strahlentherapie des kleinen Beckens, wie sie früher nach Hysterektomie und Adnex-Exstirpation (perkutan und eventuell mit vaginaler Brachytherapie) nahezu obligat war, ist in der letzten Zeit etwas relativiert worden:
So scheint bei Patientinnen mit Niedrigrisiko-Endometriumkarzinom (Stadium I, G1, G2) eine perkutane Bestrahlung nach den Ergebnissen von randomisierten Studien das Überleben sogar zu verschlechtern [27], wahrscheinlich aufgrund von Sekundärkarzinomen von Blase, Rektum, Vulva, Anus und Haut, die durch die Radiotherapie verursacht werden können [28]. Bei Patientinnen in Stadium 1 mit höherem Risiko (pT1b oder pT1a, G3 oder pT1b + G3) wirken sich perkutane Bestrahlung und vaginale Brachytherapie nicht auf das Überleben aus, obwohl sich das Auftreten lokoregionärer Rezidive stark reduziert – im Fall der vaginalen Brachytherapie mit wesentlich weniger Nebenwirkungen [27]. Für höhere Stadien (≥ FIGO II) gibt es zur Strahlentherapie keine ausreichenden Daten; die AGO empfiehlt dennoch, mit Brachytherapie und gegebenenfalls Teletherapie zu behandeln [2]. Auch im Stadium IV kann demnach eine adjuvante oder palliative Radiatio (Teletherapie) indiziert sein [2].
Für Patientinnen, die wegen ihrer Komorbiditäten inoperabel sind und bei denen nicht einmal die vaginale Hysterektomie in Frage kommt, wird die primäre Strahlentherapie des Endometriumkarzinoms alleine (perkutan plus intrauterine Brachytherapie) empfohlen [1, 2, 5].
Adjuvante medikamentöse Therapie
Eine Hormontherapie mit hochdosierten Gestagenen hat in der adjuvanten Therapie des chirurgisch behandelten Endometriumkarzinoms keinen Nutzen gezeigt [2, 6]. Therapie der Wahl ist in dieser Situation für Patientinnen mit Endometriumkarzinomen der Stadien Ib, G3 bis III vielmehr eine platinhaltige Chemotherapien, die alleine oder in Kombination mit einer Strahlentherapie im Vergleich zur alleinigen perkutanen Strahlentherapie progressionsfreies (Hazard Ratio 0,75; 95%-Konfidenzintervall 0,64–0,89) und Gesamtüberleben signifikant verbessern konnte (HR 0,74; 95%-KI 0,62–0,89; [29]). Platinsalze, insbesondere Carboplatin in Kombination mit Paclitaxel scheinen bezüglich der Balance von Wirksamkeit und Verträglichkeit am besten abzuschneiden [2, 5], die Kombination von Cisplatin und Doxorubicin etwa ist wesentlich toxischer. Wenn möglich sollte die adjuvante Chemotherapie mit einer adjuvanten Strahlentherapie (vaginale Brachytherapie, perkutane Bestrahlung, kombinierte Bestrahlung) kombiniert werden [2].
Auch Patientinnen im Stadium IVa können prinzipiell noch mit einiger Aussicht auf Heilung behandelt werden, wenn eine radikale Resektion des Tumors möglich ist. In solchen Fällen wird nach der Operation eine adjuvante Chemotherapie (Platin/Paclitaxel) und/oder eine sequenzielle Strahlentherapie empfohlen. Die optimalen Kombinationen und Sequenzen aus Chemo- und Strahlentherapie sind derzeit noch nicht klar und müssen künftig in prospektiven randomisierten Studien untersucht werden [6].
Fortgeschrittenes Endometriumkarzinom,
Rezidive und Metastasen
Potenziell kurative Therapieoptionen
Bei ungefähr jeder vierten Patientin mit einem Endometriumkarzinom (über alle Stadien gemittelt) entwickeln sich im Verlauf der Erkrankung Rezidive oder Fernmetastasen bzw. bestehen in wenigen Fällen schon bei der Erstdiagnose Fernmetastasen. Da 70–90% der Rezidive in den ersten beiden Jahren nach der Primärtherapie diagnostiziert werden, wächst die Sicherheit mit zunehmender Rezidivfreiheit. Etwa die Hälfte der Rezidive äußert sich als Fernmetastasen, ein Drittel tritt im Becken auf und jedes sechste in der Vagina [1].
Entwickelt eine Patientin, die nicht adjuvant bestrahlt wurde, ein isoliertes vaginales Rezidiv, so hat eine Bestrahlung mit kurativer Intention sehr günstige 2-Jahres-Überlebensraten von etwa 75% zur Folge [3, 30]. Ist vorher eine adjuvante Bestrahlung erfolgt, so kann ein vaginales Rezidiv oft in kurativer Absicht reseziert werden. Bei einem vaginalen Rezidiv oder einem nodalen Rezidiv im kleinen Becken und einer Hochrisikokonstellation für ein systemisches Rezidiv ist eine Chemotherapie mit Radiotherapie in Erwägung zu ziehen [3].
Ist das Rezidiv an der Beckenwand lokalisiert und die Patientin nicht adjuvant bestrahlt worden, ist die Radiotherapie die bevorzugte Rezidivtherapie, mit der sich 5-Jahres-Überlebensraten von 68–88% erreichen lassen [1]. Wurde die Patientin hingegen bereits adjuvant bestrahlt und erscheint eine radikale Operation möglich (Exenteration, lateral erweiterte endopelvine Resektion), liegen die 5-Jahres-Überlebensraten bei erfolgreicher R0-Resektion noch bei rund 40% [1, 3, 30]. Bei Inoperabilität kann bei ausgewählten Patientinnen auch eine Brachytherapie gegeben werden.
Palliative Therapieoptionen
Erscheinen in der rezidivierten oder metastasierten Situation chirurgische oder radioonkologische Interventionen nicht mehr möglich, so bleibt die Option einer palliativen Systemtherapie [1, 2, 6].
Sofern der Tumor Östrogen- und/oder Progesteron-Rezeptoren exprimiert und die Metastasen nicht akut lebensbedrohlich sind (beispielsweise keine mediastinalen Metastasen und keine drohende obere Einflussstauung), ist die Behandlung der Wahl die endokrine Therapie mit hoch dosierten Gestagenen (200–250 mg/d Medroxyprogesteronacetat oral oder 160 mg/d Megestrolacetat), Tamoxifen, Fulvestrant oder Aromataseinhibitoren [1–3, 6, 30].
Bei fehlenden Hormonrezeptoren oder lebensbedrohlichem Metastasierungsmuster ist eine palliative Chemotherapie eine Option, wobei Monotherapien mit Platinsalzen, Anthrazyklinen und Taxanen, gegebenenfalls sequenziell gegeben, sinnvoll sind. Eine Kombination beispielsweise aus Cisplatin, Doxorubicin und Paclitaxel ist sehr toxisch und ergibt nur einen marginalen Überlebensvorteil [30]. Deutlich weniger toxisch und äquieffektiv ist Carboplatin/Paclitaxel; diese Ergebnisse sind zwar bislang nur als Abstract publiziert [31], sechs dreiwöchige Zyklen dieser Kombination werden aber in der ESMO-Konsensusempfehlung als Therapiestandard in dieser Situation bezeichnet [3]. Für eine Zweitlinien-Chemotherapie gibt es keinen etablierten Standard [3].
Nachsorge
Weil Lokalrezidive häufig kurativ behandelt werden können, ist es wichtig, sie frühzeitig zu erkennen. Hilfreich ist dabei, dass 70–90% aller Rezidive in den ersten beiden Jahren nach Primärtherapie auftreten, sodass Nachsorgeuntersuchungen mit Spekulumeinstellung, vaginaler und rektaler Untersuchung und eventuell Ultraschall in vierteljährlichem Abstand während der ersten zwei bis drei Jahre sinnvoll erscheinen [1, 2, 6].
Hingegen spielt es für die Prognose keine entscheidende Rolle, Fernmetastasen möglichst früh zu erkennen. Weiterführende Bildgebung ist daher nur bei symptomatischen Patientinnen indiziert, bei denen ein konkreter Verdacht auf ein Fernrezidiv besteht. Das Gleiche gilt für die Messung von Tumormarkern.
Sinnvoll ist hingegen die sonografische Kontrolle der ableitenden Harnwege, v. a. nach ausgedehnten Operationen mit Lymphadenektomie und/oder Bestrahlung, um sich anbahnende Komplikationen frühzeitig zu erkennen. Auch Lymphozelen können Harnleiter, Darm und Gefäße (hier v. a. durch das Auftreten von Thrombosen) gefährden. Langfristig sollte in der Nachsorge auch auf Zweitmalignome, v. a. auf Mammakarzinome geachtet werden, die bei 6–10% der Patientinnen mit Endometriumkarzinom auftreten können [1].
Literatur
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Prof. Dr. Marion Kiechle
Frauenklinik im Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM)
Lehrstuhl für Gynäkologie und Geburtshilfe
Ismaninger Straße 22, 81675 München
+49 89 4140 2420
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Marion.kiechle[at]lrz.tu-muenchen[dot]de