Beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom mit ALK-Rearrangement (ALK-positives NSCLC) hat die Einführung von ALK-Inhibitoren die Therapie auf eine völlig neue Basis gestellt. Zwei Studien zum ALK-Inhibitor Crizotinib (Xalkori®) wurden nun retrospektiv analysiert: Dabei stellte sich heraus dass der ALK-Inhibitor offenbar auch die intrakranielle Krankheitskontrolle günstig beeinflusst.
Nicht-Plattenepithelkarzinome der Lunge weisen zu einem erheblichen Teil Treibermutationen auf, die nicht nur für das bösartige Wachstum der Tumoren verantwortlich sind, sondern die auch durch maßgeschneiderte Medikamente gehemmt werden können. Das hat für viele dieser Erkrankungen die Behandlungsmöglichkeiten deutlich verbessert – unter der Bedingung, dass bereits bei der Diagnose des Tumors gezielt nach solchen Mutationen gefahndet wird.
Eine dieser Treibermutationen sind chromosomale Rearrangements mit einer Beteiligung des Gens für die anaplastische Lymphomkinase (ALK). Der erste in die Klinik eingeführte Inhibitor dieser Kinase war Crizotinib, und die Grundlage der Zulassung war die randomisierte Phase-III-Studie PROFILE 1007: Darin stieg bei Patienten mit solchen Tumoren im Vergleich zu einer herkömmlichen Zweitlinientherapie mit Pemetrexed oder Docetaxel das progressionsfreie Überleben von median 3,0 auf 7,7 Monate an (Hazard Ratio 0,49; 95%-Konfidenzintervall 0,37–0,64; p < 0,001), und Lebensqualität sowie Lungenkrebs-spezifische Symptome besserten sich signifikant und klinisch relevant. Die Gesamtüberlebenszeit lag in den Phase-I- und Phase-II-Studien PROFILE 1001 und 1005 bei Patienten, bei denen Crizotinib auch über eine etwaige Progression hinaus gegeben worden war, bei einer vorher völlig illusorischen medianen Dauer von 29,6 Monaten.
Auch bei Hirnmetastasen wirksam
Für PROFILE 1005 und 1007 wurde nun eine retrospektive Subgruppenanalyse zur Wirksamkeit bei Hirnmetastasen publiziert [1]: In beiden Studien hatten von insgesamt 888 Patienten 175 (31%) schon zu Beginn asymptomatische Hirnmetastasen gehabt; 166 von ihnen waren deshalb bereits bestrahlt worden. Bei 63% der Patienten mit nicht vorbehandelten Hirnmetastasen zeigte sich nach zwölf Wochen unter Crizotinib in der retrospektiven Analyse eine systemische Krankheitskontrolle, d. h. zumindest eine Krankheitsstabilisierung, wo nicht sogar eine Remission; bei der Kontrolle der Hirnmetastasen war die Rate mit 56% nicht viel niedriger, und die mediane Zeit bis zu einer intrakraniellen Progression betrug sieben Monate. Für die Patienten mit vorbestrahlten Hirnmetastasen lag die systemische Krankheitskontrollrate nach zwölf Wochen bei 65%, die intrakranielle Kontrollrate bei 62%, und bis zu einer intrakraniellen Progression hatte es bei ihnen 13,2 Monate gedauert. Systemische und zerebrale Krankheitskontrolle waren mit einem Korrelationskoeffizienten von 0,7652 (p < 0,001) signifikant miteinander korreliert.
Das hier analysierte Kollektiv ist das bislang größte von Patienten mit ALK-positivem NSCLC und Hirnmetastasen. Die Untersuchung zeigt erstmals eine intrakranielle Krankheitskontrolle mit dem ALK-Inhibitor, die der systemischen vergleichbar ist. Etwa jede dritte Hirnmetastase sprach nach den RECIST-Kriterien sogar auf die Behandlung an, d. h. sie verringerte ihre Größe. Allerdings bewahrte Crizotinib nicht vollständig vor der Entwicklung neuer Hirnfiliae: Bei 20% der Patienten, die zu Beginn keine aufgewiesen hatten und die schließlich unter Crizotinib progredient waren (n = 253), entwickelten sich auch Hirnmetastasen.
Josef Gulden
Literatur
1. Costa DB et al. Clinical experience with crizotinib in patients with advanced ALK-rearranged non–small-cell lung cancer and brain metastases. J Clin Oncol 2015; 33: 1881-8.