Die chronische myeloische Leukämie, bis vor ca. 15 Jahren noch eine tödlich verlaufende Variante von Blutkrebs, ist heute gut behandelbar, denn mit Einführung von Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) ging die jährliche Mortalität auf etwa ein Prozent zurück. Allerdings entwickelten sich Resistenzen, auch bei den TKIs der zweiten Generation. Eine neue Alternative bietet sich hier mit Ponatinib, einem TKI der dritten Generation an.
Eine chronische myeloische Leukämie (CML) wird meist in der chronischen Phase (CP) diagnostiziert, kann dann unbehandelt in die akzelerierte Phase (AP) übergehen und endet in der letal verlaufenden Blastenkrise (BK). Bei rund 90% der Fälle liegt das Philadelphia-Chromosom vor. Differenzialdiagnostisch müssen reaktive Leukozytosen und andere myeloproliferative Neoplasien ausgeschlossen werden.
Trotz guter Wirksamkeit von Imatinib wie auch der TKI der zweiten Generation Dasatinib und Nilotinib können sich unter der Behandlung Resistenzen entwickeln, besonders durch Mutationen im BCR-ABL-Gen (z. B. die T315I-Mutation) oder Genamplifizierungen.
Eine neue Option ist der pan-BCR-ABL-Inhibitor Ponatinib (Iclusig®): Er geht eine hochaffine Bindung mit nativem BCR-ABL und mit mutierten Formen der ABL-Kinase ein. Er hemmt bereits in sehr geringen Konzentrationen die Tyrosinkinase-Aktivitäten von BCR-ABL und als einziger zugelassener TKI auch von T315I-mutiertem BCR-ABL. Ponatinib kann dadurch die durch Mutationen der Kinasedomäne verursachten Resistenzen gegen Imatinib, Dasatinib und Nilotinib überwinden.
Im Rahmen des diesjährigen EHA-Kongresses in Wien wurden Daten der zulassungsrelevanten Phase-II-Studie PACE vorgestellt: Darin wurden 449 stark vorbehandelte Patienten mit behandlungsresistenter oder -intoleranter CML oder Philadelphia-Chromosom-positiver akuter lymphatischer Leukämie (Ph + ALL) behandelt, die Dasatinib oder Nilotinib nicht vertragen hatten oder eine T315I-Mutation aufwiesen. Sie erhielten initial täglich 45 mg Ponatinib. Rund 83% der Patienten in chronischer Phase mit einem guten zytogenetischen Ansprechen (MCyR) profitierten auch noch nach drei Jahren. Die progressionsfreie Überlebensrate nach dieser Zeit lag bei etwa 60%, die Gesamtüberlebensrate bei ca. 81%.
Aufgrund von Nebenwirkungen wird seit 2013 empfohlen, die Ponatinib-Dosis zu reduzieren:
- bei CP-CML Patienten, die bereits eine MCyR erreicht haben, auf 15 mg/Tag;
- bei CP-CML-Patienten, die noch keine MCyR erreicht haben, auf 30 mg/Tag;
- bei Patienten im fortgeschrittenen Stadium ebenfalls auf 30 mg/Tag.
Während einer Nachbeobachtungszeit von 16 Monaten nach Implementierung dieser Empfehlungen konnten 95% der Patienten, die initial in chronischer Phase gewesen waren, ihr Ansprechen halten. Hauptgründe für die Dosisreduzierung sind Nebenwirkungen von Ponatinib wie Gefäßverschlüsse, Herzinsuffizienz und Lebertoxizität: Bei mindestens 23% der behandelten Patienten der Phase-II-Studie traten arterielle und venöse Thrombosen sowie andere Gefäßverschlüsse auf, bei 8% Herzinsuffizienz, auch Leberversagen wurde beobachtet. In diesen Fällen sollte Ponatinib zeitweilig oder dauerhaft abgesetzt werden. Auch schwangeren Frauen wird von einer Therapie mit Ponatinib abgeraten.
Helga Vollmer
Meet the Expert „Nah dran am Alltag: Klinikum rechts der Isar EHA-Update im klinischen Kontext“ in München am 2. Juli 2015, veranstaltet von Ariad Pharmaceuticals GmbH, Frankfurt/Main.