Beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC), das nicht aufgrund bestimmter Treibermutationen für die Behandlung mit Tyrosinkinaseinhibitoren infrage kommt, ist Paclitaxel seit 20 Jahren ein Standard-Zytostatikum in der Erstlinienbehandlung – trotz Nebenwirkungen und komplizierter Verabreichung mit einem Lösungsvermittler. Mit einem an Albumin-Nanopartikel gebundenen Paclitaxel steht nun auch für das NSCLC eine neue, besser verträgliche Galenik dieses Taxans zur Verfügung, die mindestens so gut wirksam ist wie konventionelles Paclitaxel.
Taxane sind Spindelgifte, also klassische Zytostatika, die die Teilung von Zellen hemmen. Sie gehören – allen Entwicklungen bei den zielgerichteten und biologischen Therapeutika zum Trotz – nach wie vor zu den unverzichtbaren Medikamenten bei einer ganzen Reihe von Krebserkrankungen, darunter das NSCLC, wo Paclitaxel ein fester Bestandteil von Erstlinien-Kombinationen und Docetaxel ein Standard in der Zweitlinie ist. Die hohe Wirksamkeit von Paclitaxel wird allerdings durch eine Reihe von Nebenwirkungen beeinträchtigt, so Wolfgang Schütte, Halle – zum einen durch die für Spindelgifte charakteristische periphere Neuropathie, zum anderen durch allergische Reaktionen, die vom Lösungsvermittler Cremophor ausgehen und die man durch Prämedikation mit Kortikosteroiden abzumildern versucht. In den letzten Jahren hat sich jedoch eine neue Galenik von Paclitaxel zu etablieren begonnen: In nab-Paclitaxel (Abraxane®) sind mehr als sechs Moleküle des Taxans an Nanopartikel aus Albumin gebunden. Durch die gute Löslichkeit des Albumins kommt es zu einer besseren Verteilung im Körper, zu einer leichteren Passage des Endothels und dadurch zu höherer Anreicherung im Tumorgewebe als mit konventionellem Paclitaxel, ohne dass die Zugabe eines Lösungsvermittlers erforderlich wäre.
Aufgrund positiver Studiendaten ist nab-Paclitaxel bereits seit einigen Jahren zur Therapie des Mammakarzinoms und des Pankreaskarzinoms zugelassen. Eine Phase-II-Studie hat nun zur EU-weiten Zulassung auch für die Erstlinientherapie des nicht kurativ behandelbaren NSCLC geführt. In der Studie [1] sollten 1.052 Patienten mindestens sechs Zyklen Carboplatin (AUC6) mit entweder herkömmlichem Paclitaxel (200 mg/m2 alle drei Wochen) oder nab-Paclitaxel (100 mg/m2 wöchentlich) bekommen; die Therapie konnte anschließend bis zu einer Progression fortgeführt werden. Primärer Endpunkt war die Ansprechrate, und hier war nab-Paclitaxel mit 33% vs. 25% signifikant überlegen (p = 0,005), insbesondere bei den Patienten mit Plattenepithelkarzinomen (41% vs. 24%; p < 0,001), während beide Präparate bei Nicht-Plattenepithel-Histologie gleichwertig waren (26% vs. 25%). Ein numerischer Vorteil beim progressionsfreien (median 6,3 vs. 5,8 Monate; p = 0,214) und Gesamtüberleben (median 12,1 vs. 11,2 Monate; p = 0,271) fiel im Gesamtkollektiv nicht signifikant aus. Patienten im Alter von 70 Jahren und darüber allerdings profitierten von nab-Paclitaxel mit einer signifikanten Verlängerung der Überlebenszeit von 10,4 auf 19,9 Monate (Hazard Ratio 0,583; p = 0,009).
Nab-Paclitaxel war insgesamt besser verträglich, was höhergradige Neuropathien (Abb. 1), Neutropenien, Arthralgien und Myalgien anging, während das konventionelle Taxan bei Thrombozytopenien und Anämien etwas im Vorteil war. Diese Resultate haben auch Bedeutung für die weitere Therapiestrategie, so Schütte: In der Zweitlinienbehandlung wird sehr häufig Docetaxel eingesetzt, aber die Möglichkeiten dazu sind umso mehr limitiert, je stärker der Patient noch aus der Erstlinientherapie mit einer Neuropathie belastet ist. Die Anwendung von nab-Paclitaxel in der First-line ermöglicht es daher auch, die verbleibenden Therapieoptionen bei Patienten mit NSCLC optimal auszuschöpfen.
Josef Gulden
Literatur
1. Socinski MA et al. J Clin Oncol 2012; 30: 2055-62.
Launch-Pressegespräch “ABRAXANE® – Die neue Therapieoption bei NSCLC” am 14.7.2015 in Frankfurt/Main, veranstaltet von Celgene Oncology, München.