Somatostatin-Analoga wurden bisher primär zur Sekretionskontrolle bei funktionell aktiven neuroendokrinen Tumoren (NET) eingesetzt. Dass diese Substanzen auch antiproliferativ wirken, belegt eine Studie, in der Octreotid LAR bei Patienten mit fortgeschrittenen Mitteldarm-NET eingesetzt wurde.
„Somatostatin-Analoga sind die Backbone-Therapie bei langsam proliferierenden Tumoren“, betonte Dr. Harald Lahner vom Westdeutschen Zentrum für Endokrine Tumoren (WZET) in Essen. Im August 2014 bestätigte die Europäische Kommission im Zuge eines Verfahrens nach Art. 30 der Richtlinie 2001/83 EC, dass das bewährte Somatostatin-Analogon Octreotid als LAR-Form (Sandostatin® LAR®) zur Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenen, nicht-funktionellen Mitteldarm-NET eingesetzt werden kann. Aufgenommen wurde der nachgewiesene antiproliferative Effekt von Octreotid LAR in die aktuelle Fachinformation zur Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenen NET des Mitteldarms oder unbekannter Primärlokalisation, wenn eine Primärlokalisation außerhalb des Mitteldarms ausgeschlossen wurde.
Die Zulassungserweiterung basiert auf den Ergebnissen der PROMID-Studie [1], in der Octreotid LAR 30 mg bei therapienaiven Patienten mit fortgeschrittenen Mitteldarm-NET die mediane Zeit bis zum Auftreten eines Progresses (TTP) im Vergleich zu Placebo signifikant auf mehr als das Doppelte verlängerte (von 6,0 auf 14,3 Monate). Dabei war der Therapieeffekt bei Patienten mit funktionell aktiven und inaktiven NET vergleichbar. Am meisten profitierten Patienten mit initial geringer hepatischer Tumorlast (≤ 10%). In dieser Subgruppe verlängerte Octreotid LAR 30 mg die mediane TTP verglichen mit Placebo um nahezu das Fünffache von 6,1 auf 29,4 Monate (Hazard Ratio 0,17; entsprechend der Per-Protocol-Analyse). „Dieses Ergebnis unterstreicht die Notwendigkeit eines frühzeitigen Behandlungsbeginns, auch wenn die Patienten nur wenig symptomatisch sind“, so Lahner. Basierend auf den Daten der PROMID-Studie empfiehlt die ENETS in ihrer aktuellen Leitlinie Octreotid LAR für die antiproliferative Erstlinientherapie sowohl bei Patienten mit funktionell aktiven als auch bei Patienten mit inaktiven, fortgeschrittenen, gut differenzierten NET des Mitteldarms mit höchster Evidenz [2].
Erste Wahl bei Karzinoidsyndrom
Die Langzeitdaten der PROMID-Studie bestätigen zudem einen anhaltenden Effekt des Somatostatin-Analogons: In der Nachbeobachtungszeit von 2008 bis 2013 erfolgten mindestens einmal jährlich Nachuntersuchungen [3]. Bei den Patienten mit fortgeschrittenen Mitteldarm-NET und niedriger hepatischer Tumorlast (≤ 10%) reduzierte Octreotid LAR 30 mg das Mortalitätsrisiko um 44% gegenüber Placebo, was mit einem positiven klinischen Trend für ein längeres Gesamtüberleben einherging (Gesamtüberleben noch nicht erreicht vs.
80,5 Monate unter Placebo, p = 0,14; [3]).
Im Rahmen der Aktualisierung der Fachinformation wurden auch Ergänzungen für die funktionell aktiven NET aufgenommen: So ist Octreotid LAR angezeigt zur Behandlung von Patienten mit Symptomen, die mit funktionell aktiven gastroenteropankreatischen endokrinen Tumoren assoziiert sind, z. B. Karzinoide mit Merkmalen des Karzinoid-Syndroms. „Bei Karzinoid-Syndrom sind Somatostatin-Analoga die erste Wahl“, sagte Lahner.
Beate Grübler
Literatur
1. Rinke A et al. J Clin Oncol 2009; 27: 4656-63.
2. Pavel M et al. Neuroendocrinology 2012; 95: 157-76.
3. Arnold R et al. J Clin Oncol 2013; 31 (15S): ASCO 2013, Abstract #4030 (Clinical Trial Information NCT00171873).
Symposium „Durch Forschung zum Fortschritt: Weiterentwicklung bei endokrinen Tumoren“ im Rahmen des 58. Symposiums der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie, Lübeck, 20.3.2015, unterstützt von Novartis Pharma.