DGHO 2014
Die Biologie maligner Tumoren ist die Grundlage für ihre wirksame Bekämpfung – das gilt für monoklonale Antikörper genauso wie für niedermolekulare Substanzen, die auf Stoffwechselwege in der Krebszelle einwirken. Dieses Prinzip hat die Entwicklung einiger neuer Medikamente durch Amgen geleitet, die sich derzeit in der letzten Phase der klinischen Entwicklung befinden und für die in Kürze eine Zulassung in Europa erwartet wird: der Proteasominhibitor Carfilzomib beim multiplen Myelom, der bispezifische Antikörper Blinatumomab bei der akuten lymphatischen Leukämie (ALL) und das onkolytische Virus Talimogene Laherparepvec (T-VEC), das derzeit zur Behandlung des metastasierten Melanoms entwickelt wird.
Beim multiplen Myelom wurden in den vergangenen zehn Jahren große Fortschritte erzielt, aber nach wie vor rezidiviert die Erkrankung bei nahezu allen Patienten irgendwann; vor allem therapierefraktäre Patienten haben eine sehr schlechte Prognose, so Hartmut Goldschmidt, Heidelberg. Für sie gibt es derzeit wenige therapeutische Möglichkeiten – eine neue Option, für die eine Zulassung in den USA bereits besteht und in der EU beantragt ist, stellt Carfilzomib dar. Es hemmt sowohl das konstitutive als auch das Immunproteasom, die beide in Myelomzellen exprimiert werden und für deren Überleben von Bedeutung sind. In einer Phase-II-Studie mit 266 Patienten, von denen 80% refraktär gegenüber Bortezomib und Lenalidomid waren, erzielte Carfilzomib in Monotherapie eine Ansprechrate von 23,7%, eine mediane Dauer des Ansprechens von 7,8 Monaten und eine mediane Gesamtüberlebenszeit von 15,6 Monaten [1]. Auch Patienten mit höherem Risiko (ungünstige Zytogenetik, periphere Neuropathie zu Beginn der Therapie) schnitten ähnlich gut ab. 12,4% der Patienten litten unter der Carfilzomib-Behandlung an einer Neuropathie, die aber überwiegend nur vom Grad 1 oder 2 war. Vorläufige Ergebnisse einer weitere Phase-II-Studie, in der Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem Myelom Carfilzomib in Kombination mit Lenalidomid und niedrig dosiertem Dexamethason erhielten, so Goldschmidt, zeigen eine Gesamtansprechrate von 78% mit 18% kompletten und 22% sehr guten partiellen Remissionen [2]. Die Kombination wird derzeit in der ASPIRE-Studie randomisiert gegen Lenalidomid/Dexamethason getestet.
Bispezifischer Antikörper gegen ALL
Blinatumomab ist ein gentechnisch hergestelltes Konstrukt aus zwei Antikörperfragmenten, die das CD19-Antigen auf den malignen B-Lymphozyten von ALL-Patienten und das CD3-Antigen auf T-Zellen erkennen. Durch Bindung an beide Antigene bringt der bispezifische Antikörper die T-Zellen in so engen Kontakt mit den leukämischen Blasten, dass sie diese aktiv angreifen und vernichten können. In einer Phase-II-Studie konnte Blinatumomab bei 69% der Patienten mit rezidivierter oder refraktärer ALL eine Komplettremission induzieren, und von diesen Patienten waren 88% sogar ohne minimale Resterkrankung [3]. Auf der Basis einer weiteren Phase-II-Studie mit 189 Patienten wurde der Substanz in den USA bereits der Status einer „Breakthrough Therapy“ zuerkannt.
Mit manipuliertem Herpesvirus gegen das Melanom
Die onkolytische Immuntherapie mit T-VEC schließlich basiert auf einem gentechnisch veränderten Herpes-simplex-Typ-1-Virus, das direkt in den Tumor injiziert wird, sich in den Tumorzellen vermehrt und diese dadurch zerstört. Außerdem wird bei diesem Prozess humanes GM-CSF freigesetzt, das zusätzlich eine Immunantwort gegen den Tumor induziert. In der Phase-III-Studie OPTiM wurde T-VEC beim metastasierten Melanom randomisiert gegen GM-CSF geprüft und konnte die mediane Überlebenszeit von median 18,9 auf 23,3 Monate verlängern, ein Unterschied, der nur knapp nicht signifikant ausfiel (Hazard Ratio 0,79; p = 0,051, [4]). In einer Phase-Ib/II-Studie wird T-VEC derzeit in Kombination mit dem Checkpoint-Inhibitor Ipilimumab gegen Ipilimumab alleine getestet [5]: Die Ansprechraten sind mit 56%, davon 33% Komplettremissionen, sehr vielversprechend. Die Zulassung wurde bei der europäischen Behörde bereits beantragt.
jfg
Literatur
1. Siegel D et al. Blood 2012; 120: 2817-25.
2. Wang M et al. J Clin Oncol 2011; 29 (15S): 510s (ASCO 2011, Abstract #8025).
3. Topp MS et al. J Clin Oncol 2014 Nov 10. pii: JCO.2014.56.3247. [Epub ahead of print].
4. Kaufman HL et al. J Clin Oncol 2014; 32 (15S): 573s (ASCO 2014, Abstract #9008a).
5. Puzanov I et al. J Clin Oncol 2014; 32 (15S): 578s (ASCO 2014, Abstract #9029^).
AMGEN MediaDialog „Es geht um mehr! Onkologische Biotechnologie: Fortschritte und Perspektiven“ im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (DGHO) am 10.10.2014 in Hamburg, veranstaltet von Amgen GmbH, München.