Die CLL ist bisher außer durch eine allogene Stammzelltransplantation nicht heilbar, und Patienten mit bestimmten Risikofaktoren (v. a. 17p-Deletion) profitieren auch von CD20-Antikörpern kaum. Der Signalweg des B-Zell-Rezeptors, der für B-Zell-Lymphome essenziell ist, ist mittlerweile gut erforscht und hat zu neuen therapeutischen Zugängen geführt. Bruton´s Tyrosinkinase (Btk) ist eine zentrale Komponente dieses Signalwegs, und mit der Zulassung des Btk-Inhibitors Ibrutinib (Imbruvica®) im Oktober 2014 zeichnet sich ein deutlicher Fortschritt in der Versorgung von Patienten mit CLL ebenso wie mit Mantelzell-Lymphom ab.

Ibrutinib ist ein hochspezifischer, kovalenter, gut verträglicher Inhibitor der Btk, so Stephan Stilgenbauer, Ulm. Nach sehr ermutigenden Daten aus Phase-I/II-Studien wurde er in der Phase-III-Studie RESONATE bei Patienten mit rezidivierter oder refraktärer CLL in einer Dosierung von 420 mg/d randomisiert gegen den CD20-Antikörper Ofatumumab geprüft; Patienten, die unter Ofatumumab progredient waren, konnten zu Ibrutinib wechseln. Die knapp 400 Patienten, die in der sehr kurzen Zeit von elf Monaten eingeschlossen wurden, repräsentierten mit einem medianen Alter von 67 Jahren und einem Zwei-Drittel-Anteil an Männern etwa die durchschnittliche Population an CLL-Patienten; 45% von ihnen waren refraktär gegen Purin-Analoga, die übrigen waren dafür nicht geeignet. Etwa die Hälfte der Patienten hatte mindestens drei vorangegangene Therapien erhalten, und jeweils etwa ein Drittel wies eine Deletion 17p bzw. 11q auf.
Beim primären Endpunkt war Ibrutinib bei Weitem überlegen: Die mediane progressionsfreie Überlebenszeit lag unter Ofatumumab bei 8,1 Monaten, unter Ibrutinib war sie nach einer medianen Beobachtungszeit von 9,4 Monaten noch nicht erreicht, so Stilgenbauer. Die Hazard Ratio für progressionsfreies Überleben betrug 0,215 (95%-Konfidenzintervall 0,146–0,317; p < 0,0001). An Grad-3/4-Nebenwirkungen unter Ibrutinib fielen in erster Linie eine Neutropenie (16%) und Diar­rhö (4%) auf; letztere ist aber meist leicht und selbstlimitierend.

Tiefes Ansprechen beim Mantelzell-Lymphom

Beim Mantelzell-Lymphom wurde Ibrutinib zunächst in einer Phase-I/II-Studie bei 115 Patienten mit median drei Vorbehandlungen in einer Dosierung von 560 mg/d getestet. Die Ansprechrate von (beachtlichen) 69% nach median 3,7 Monaten war nach median 14,7 Monaten Behandlungszeit nur geringfügig auf 75% angestiegen, so Martin Dreyling, München, aber die Qualität des Ansprechens hatte sich in dieser Zeit deutlich verbessert – von 16% auf 39% komplette Remissionen. Sowohl Ansprechen als auch progressionsfreies und Gesamtüberleben waren höher als alles, was man bisher bei solchen Patienten gesehen hat, und zwar unabhängig davon, ob sie vorher Bortezomib erhalten hatten oder nicht.
In drei Phase-III-Studien wird Ibrutinib derzeit in drei verschiedenen Situationen beim Mantelzell-Lymphom randomisiert untersucht – so bei vorbehandelten Patienten gegen den Zweitlinien-Standard Temsirolimus, bei älteren Patienten mit neu diagnostiziertem Mantelzell-Lymphom in Kombination mit der Standardtherapie aus Bendamustin und Rituximab gegen Placebo. In der TRIANGLE-Studie werden jüngere Patienten in drei Arme randomisiert: Im Kontrollarm werden sie mit dem erst vor wenigen Jahren etablierten Standard aus R-CHOP oder R-DHAP und nachfolgender autologer Stammzelltransplantation behandelt, in einem ersten experimentellen Arm wird Ibrutinib zur Induktionstherapie ebenso wie nach der Transplantation als zweijährige Erhaltungstherapie hinzugefügt. In einem weiteren experimentellen Arm schließlich wird untersucht, ob dieses Protokoll ohne Transplantation die gleiche Wirksamkeit zeigt.
Zugelassen ist Ibrutinib zur Therapie von Patienten mit vorbehandelter CLL oder zur Erstlinientherapie bei Vorliegen einer 17p-Deletion oder einer TP53-Mutation sowie von Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem Mantelzell-Lymphom.

jfg


Launch-Pressekonferenz „Imbruvica®: der erste selektive orale BTK-Inhibitor zur Behandlung der chronischen lymphatischen Leukämie und des Mantelzell-Lymphoms“ am 21. November 2014 in Frankfurt, veranstaltet von Janssen-Cilag GmbH, Neuss.