Tumorerkrankungen des weiblichen Genitals wie Ovarial-, Endometrium- und Zervixkarzinome gehören nach dem Mammakarzinom zu den häufigsten Krebsdiagnosen der Frau. In der Regel erfordern die komplexen Erkrankungen eine multidisziplinäre Behandlung, die die Disziplinen Gynäkologie, internistische Onkologie, Radiologie und Strahlentherapie umfasst. Nur so ist sichergestellt, dass Frauen in unterschiedlichen Stadien der Erkrankung die bestmögliche Therapie erhalten.
Unter all den zur Behandlung von gynäkologischen Tumoren eingesetzten Verfahren zeigt die systemische Therapie in fortgeschrittenen Erkrankungsstadien derzeit sicherlich die größte Dynamik. Damit all die Neuerungen, die es in den vergangenen Jahren gegeben hat, detailliert zusammengefasst und diskutiert werden können, fokussieren wir im Schwerpunkt „Gynäkologische Tumoren“ in dieser Ausgabe von Trillium Krebsmedizin bewusst auf die Systemtherapie im fortgeschrittenen Setting.
Und wieder ist es uns gelungen, für die drei Schwerpunktbeiträge zum Ovarial-, Endometrium- und Zervixkarzinom ausgewiesene Expertinnen und Experten als Autor:innen zu gewinnen, die die Thematik für Sie kompetent auf den aktuellen Stand bringen und auch Perspektiven für zukünftige Therapie-möglichkeiten aufzeigen.
Die Systemtherapie fortgeschrittener epithelialer Ovarialkarzinome ist zweifellos eine Erfolgsgeschichte, wie Holger Bronger, München, und Mascha Pömmerl in ihrem Schwerpunktbeitrag anmerken. Gerade in den vergangenen Jahren gab es enorme Fortschritte. So hat etwa die Erhaltungstherapie mit PARP-Inhibitoren, die zunächst der Rezidivsituation vorbehalten war, inzwischen Eingang in die Erstlinientherapie des fortgeschrittenen high-grade Ovarialkarzinoms gefunden. Dabei sind Biomarker bei der Wahl der individuell geeigneten Erstlinientherapie und der Auswahl der Patientinnen für unterschiedliche Erhaltungstherapien hilfreich.
Die im vergangenen Jahr aktualisierte S3-Leitlinie zum Endometriumkarzinom enthält relevante Neuerungen zur Diagnostik und Therapie der Erkrankung, betont Frederik Marmé, Mannheim. So hat etwa die Neuklassifikation der Tumoren in vier molekulare Subtypen die Therapie deutlich individualisiert. Für Patientinnen hat das enorme Vorteile: Es verbessert sich nicht nur die Prognose, sondern es können auch durch eine verbesserte Therapiesteuerung in Adjuvanz und im palliativen Setting Über- und Untertherapien vermieden werden. Zudem erwiesen sich immunonkologische Strategien bei den immunogenen Subtypen als sehr vielversprechende Optionen.
Während Patientinnen mit frühem Zervixkarzinom durch eine rein chirurgische Therapie angemessen behandelt werden können, ist in höheren Stadien die Radiochemotherapie mit kurativer Intention die Behandlung der Wahl. Im metastasierten Setting ist die Behandlung betroffener Frauen dagegen herausfordernd, merken Tanja Fehm, Verena Friebe und Eugen Ruckhäberle, Düsseldorf, in ihrem Beitrag an. Therapeutischer Optimierungsbedarf besteht auch beim inoperablen rezidivierten Zervixkarzinom. Die Hoffnung liegt auf der Immuntherapie und Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten.
Außerdem in diesem Heft: Kongressberichte vom ASCO-GI und ASCO-GU sowie ein interessantes Interview mit Prof. Clemens Wendtner, München, zum Thema COVID-19 und dessen Bedeutung für Patient:innen mit hämatologischen Neoplasien. Freuen Sie sich auch auf den nunmehr fünften Teil unserer Serie zur Biostatistik in der Onkologie, in dem es dieses Mal um das wichtige Thema Real-World-Daten geht.